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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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ordentlich aufgereiht im Spiegelschrank. Anschließend durchsuchte James die Schubladen des Schreibtisches, fand aber nur eine Mappe mit leeren Briefbögen und einen Kugelschreiber darin. Neben dem Wandschrank, in dem sorgfältig sortiert Unterwäsche, Hemden, Krawatten, Hosen und einige ausgesucht scheußliche Jacketts untergebracht waren, stand Jeremys Golfbuggy. James zog den Reißverschluss auf und öffnete die wattierte Hülle des Drivers, nahm ihn heraus, machte einen Luftschwung damit. Dann packte er den Driver wieder ein und hielt inne.
    »Was suchen Sie?«, fragte Mr Chandan, während er die Balkontür öffnete. James blickte auf. »Ich erhoffe mir einen Hinweis auf Mr Watts Verschwinden. Manchmal ist ein Zimmer gesprächiger, als es der redseligste Zeuge wäre, nicht wahr.«
    »Und was erzählt Ihnen Jeremys Kabine?«, fragte Sheila. »Es ist alles sehr luxuriös, aber so ordentlich, so übersichtlich, als wäre er nie hier gewesen. Es sagt nicht viel über ihn aus.«
    »Oh doch«, sagte James. »Es sagt sogar sehr viel aus.« Er trat an den Schreibtisch, dann ging er auf die Knie und untersuchte den Teppichboden. Schließlich trat er zu Mr Chandan auf den Balkon und beugte sich über die Brüstung. »Sie glauben, Mr Watts ist überfallen worden in dieser Kabine?«, fragte Mr Chandan leise. James sah ihn an. »Wissen Sie, wie viele Golfschläger sich in der Tasche von Mr Watts befanden?«
    »Golftasche ist Heiligtum von Mr Watts. Warum Sie fragen?«
    »Der Siebener fehlt«, sagte James.
    Sheila war nun auch auf den Balkon getreten. »Ausgerechnet der Siebener? Der beste Freund des Golfspielers?«
    James nickte und ging zurück an den Schreibtisch. »Beim Golfspiel gestern hat er ihn benutzt, das weiß ich sicher.« Er bückte sich und fuhr mit den Fingerspitzen über den Teppich. »Und sehen Sie, diese kleine feuchte Stelle im Teppich. Hier hat jemand sauber gemacht.«
    Mr Chandan bückte sich ebenfalls und fuhr mit der Hand über die feuchte Stelle. »Sie meinen, er wurde hier mit einem seiner eigenen Golfschläger erschlagen?«, fragte er auf Chinesisch.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Sheila.
    »Dass Jeremy möglicherweise mit seinem eigenen Golfschläger erschlagen wurde.«
    Sheila wurde blass. »Und dann über Bord geworfen? Zusammen mit dem Golfschläger und seinem Handy?«
    »Es ist möglich, ja.« James ging zu Jeremys Bett, setzte sich und nahm das Buch in die Hand. Es war die Autobiografie eines Unternehmers, offensichtlich ein Freundvon Jeremy, denn er hatte ihm eine persönliche Widmung auf die erste Seite geschrieben: In God we trust. All others pay cash. Yours, Howard . Als er das Buch wieder zurücklegen wollte, sah er, dass drei Fotos an verschiedenen Stellen als Lesezeichen dienten. Das erste zeigte Phyllis und Jeremy in jungen Jahren, der Schnappschuss eines strahlenden Paars in großer Robe. Als James zum zweiten Foto weiterblätterte, fiel es heraus. Mr Chandan bückte sich eilfertig, um es aufzuheben, und als er das Foto weiterreichte, waren seine Gesichtszüge weich. Das Foto zeigte Richard mit Ivy und in ihrer Mitte ein Baby mit rötlichem Haarflaum, offensichtlich Jamie. James warf Mr Chandan einen überraschten, amüsierten Blick zu. Er war bislang davon ausgegangen, dass dem Chinesen der kleine Quälgeist, der ihm ständig aufgehalst wurde, mehr lästig als lieb war. James wäre der Letzte gewesen, der ihm das vorgeworfen hätte, zumal als er jetzt das Foto betrachtete. Beim Anblick von Jamies wutverzerrtem Schreigesicht war er froh, dass das Bild keinen Ton hatte. Das Gebrüll musste ohrenbetäubend gewesen sein. Richard blickte in die Kamera wie jemand, der kurz davor stand, einen Mord zu begehen, während Ivy, als wäre sie taub, ein bezauberndes Lächeln zustande brachte.
    Sheila sah ihm über die Schulter. »Das war die Taufe von Jamie«, erklärte sie. »Der Junge hat die ganze Kirche zusammengeschrien, es war furchtbar. Waren wir froh, als es endlich vorbei war! Der Pfarrer tat, als würde es ihm nichts ausmachen, aber ich glaube, er hat innerlich gekocht vor Wut. Er hat dem armen Kind so viel Wasser ins Gesicht gespritzt, dass Jamie sich schlimm verschluckt hat. Und als er wieder einigermaßen Luft bekam, war er erst recht nichtmehr zu beruhigen. Das war die kürzeste Taufzeremonie, die ich je erlebt habe.«
    »Wer hat das Foto gemacht?«, fragte James.
    »Jeremy«, sagte Sheila. »Das ist sein Hobby. Normalerweise fotografiert er bei solchen Gelegenheiten immer, aber bei

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