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Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Titel: Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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und ich. Vorher war auch noch Mr Morat dabei, aber auch er ist kürzlich verstorben.«
    »Was für ein Mensch war der Chemieprofessor?«
    James folgte Eleonoras Blick, der zum Tisch wanderte, auf dem eine kleine schwarze Ziege stand. In der linken Hand hielt Eleonora eine weiße Ziege, die sie langsam an die andere heranschob, bis die schwarze, wie von Geisterhand bewegt, auf die weiße zuschnellte und beide Tiere mit einem leisen »Klack« zusammenstießen. »Er war ein ganz besonderer Mensch.« Sie sah auf und lächelte. »Und damit meine ich nicht seine gelegentliche Verwirrtheit. Wissen Sie, wenn ich ihn früher kennengelernt hätte, er wäre der Typ Mann gewesen, der mir hätte gefährlich werden können.« Sie trennte die Ziegen und wiederholte das Spiel. »Eaglehurst hat viele Vorteile«, sagte sie ohne aufzusehen. »Aber Sie werden noch merken, dass dies ein Ort ist, an dem einem immer wieder bewusst wird, dass wir nur zu Gast sind auf dieser Welt. Man muss sich ja nur umschauen. Bei uns allen läuft die Uhr ab, und bei den meisten hier ist es schon fünf vor zwölf.« Eleonora lächelte traurig. »Aber was nützt es, Trübsal zu blasen. Davon wird es auch nicht besser.«
    »Hatte Maddison Angehörige?«, fragte James.
    Eleonora schüttelte den Kopf. »Nein, er war verwitwet, die Ehe war kinderlos.« Sie schaute ihn mit unverhohlener Neugier an. »Waren Sie verheiratet, Mr Gerald?«
    »Sie sind heute schon die zweite Person, die das fragt«, antwortete James.
    Eleonora winkte ab. »Das ist normal hier in Eaglehurst, gewöhnen Sie sich lieber gleich daran. Die nächste Frage ist, ob Sie Kinder haben.«
    »Weder noch«, sagte James. Und wie sieht es bei Ihnen aus?«
    »Verwitwet, ein Kind.«
    »Sohn oder Tochter?«, hakte James nach.
    »Sehr gut«, nickte Eleonora lächelnd, »ich sehe schon, Sie werden sich schnell eingewöhnen. Ein Sohn, Andrew. Er ist Anwalt.«
    »Sie sind sicher stolz auf ihn.«
    »Stolz, ja, natürlich«, sagte Eleonora. »Aber das ist nicht der richtige Begriff für das, was eine Mutter für ihr Kind fühlt. Sie können das nicht nachvollziehen, weil   …« Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte James.
    »…   ich keine Kinder habe«, vollendete James den Satz.
    »Nein, weil Sie ein Mann sind.«
    »Ihr Sohn besucht Sie sicher oft?« Eleonora schüttelte den Kopf. »Nein, er lebt in Neuseeland.« Sie sah ihn herausfordernd an. »Mr Gerald, wie viele Enkelkinder trauen Sie mir zu?«
    James zuckte die Schultern. »Sie sehen überhaupt nicht wie eine Großmutter aus«, sagte er galant. »Aber da Sie so fragen: zwei?«
    Eleonora schüttelte spitzbübisch den Kopf. »Mit zwei liegen Sie richtig, aber es sind Urenkel! Enkelkinder habe ich sechs, eine richtige Rasselbande, drei Mädchen und drei Jungs. Aber schon erwachsen. Der Jüngste fängt dieses Jahr mit dem Studiuman, er will später in die Kanzlei seines Vaters gehen. Und die Älteste hat selbst schon zwei Töchter. Ich bin also Uroma!«
    »Nein!«
    »Doch, das bin ich!« Ihre Hände spielten wieder mit den Ziegen.
    »Das sind magnetische Ziegen, nicht wahr?«, fragte er.
    »Ein altes Kinderspielzeug. Sie kennen es?«
    James streckte die Hand aus. »Darf ich?« Eleonora gab ihm die Tiere. James stellte die weiße Ziege auf die Tischplatte und näherte sich seitlich mit der schwarzen. Blitzschnell drehte sich die weiße zur schwarzen Ziege um, und die Köpfe stießen aneinander. »Ich wusste gar nicht, dass die noch hergestellt werden«, sagte er.
    »Sie sind schon sehr alt«, lächelte Eleonora. »Wenn Sie sich mit der einen Ziege der anderen von hinten nähern, macht die vordere einen Purzelbaum. Probieren Sie es mal aus, das ist lustig!«
    »Ganz reizend«, sagte James, als die weiße Ziege einen Purzelbaum geschlagen hatte und auf dem Rücken lag. »Wo haben Sie die her?«
    »Von meinem Sohn. Die Ziegen waren sein Lieblingsspielzeug, als er zwei Jahre alt war. Ich habe es nicht über mich gebracht, sie wegzugeben.« Eleonoras Blick war ganz nach innen gerichtet, als sie nun begann, in aller Ausführlichkeit Anekdoten aus der frühen Kindheit ihres Sohnes zu erzählen. James hörte bald nur noch mit einem Ohr hin und dachte darüber nach, wie er das Gespräch taktvoll beenden könnte. Da betrat Mr Peabody den Salon und schaute sich suchend um. James winkte ihm zu. Peabody winkte zurück und kam mit Kondolenzmine an den Tisch.
    »Ich habe Sie schon überall gesucht, meine Liebe«, sagte er zu Eleonora. »Ich wollte Ihnen heute ein

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