Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
geschrieben.«
»Das hört sich an, als hätten sie viel Spaß gehabt.«
»Ja, es ist fröhlich zugegangen in diesem Limerick-Club. Und eine Menge Alkohol getrunken haben sie auch.«
James lächelte. »Mrs Hideous deutete bereits an, dass mehr Alkohol getrunken wird, als die leeren Flaschen an der Bar vermuten lassen.«
Miss Hunt grinste. »Das kann man wohl sagen. Natürlich steht es jedem frei, sich selbst etwas zu besorgen. Ein paarmal hat Mrs Edith Hideous mir Geld gegeben, damit ich im Supermarkt Wein besorge. Ansonsten, nehme ich an, hat Mr Maddison eingekauft. Der war sowieso ständig unterwegs. Hummeln im Hintern.«
»Ja, davon habe ich gehört. Er soll sich allerdings auch oft verirrt haben, nicht wahr?«
Miss Hunt musste lachen. »Stimmt, ein paarmal war er sogar über Nacht weg, und niemand wusste, wo er war – er selbst wahrscheinlich am wenigsten. Einmal wurde er in Brighton aufgegriffen. Er saß im Royal Pavillon und meinte wohl, er sei King George. Aber wenn es um das Besorgen von Alkohol ging, war auf ihn Verlass!« Miss Hunt wechselte die Handtücher im Bad, dann verabschiedete sie sich lächelnd von James. »Ich wollte Ihnen nochmals danken für gestern Abend. Es hat mir gutgetan, mit Ihnen zu reden. Sie sind anders als die anderen hier!«
Als sie gegangen war, nahm James in seinem Sessel Platz und zündete sich eine Zigarre an. Er hatte immer noch keine Ahnung,aus welchem Grund William nach Eaglehurst gekommen war, warum er sich mit Mr Maddison angefreundet hatte und was die Schwestern Hideous mit alldem zu tun hatten. Zwei Limerick-Schreiber waren tot. Waren auch Edith und Eleonora in Gefahr? Auch wenn er auf all diese Fragen noch keine Antwort hatte, war eines klar: Es gab jemanden, der wusste, warum James sich in Eaglehurst aufhielt. Und dieser Zettel war eine Einladung, mit demjenigen Katz und Maus zu spielen. Wer auch immer er war, er musste sich sehr überlegen fühlen.
James starrte nachdenklich auf das Meer, während er seine Zigarre rauchte. »Katz und Maus, das kannst du haben«, sagte er dann laut, griff nach seinem Handy und wählte die Nummer des Empfangs.
»Mrs White, sagen Sie, kommt Dr. Goat eigentlich heute noch ins Haus? Ja? Ausgezeichnet. Wären Sie dann bitte so freundlich, ihn zu mir auf mein Zimmer zu schicken? Danke.«
Als Nächstes überprüfte er sein Handy und rief eine SMS ab.
Komme mit dem Zug um 17.58 aus London. Sheila.
Kapitel 6
James hatte seine Zigarre noch nicht zu Ende geraucht, als es an der Tür klopfte.
Bevor er »Herein!« rufen konnte, trat ein etwa vierzigjähriger hagerer Mann mit dünnem blondem Haar, geschmeidigen Bewegungen und tief in den Höhlen liegenden Augen ein. Marathonläufer, dachte James.
»Mr Gerald?« Der Mann stellte seine Arzttasche neben James auf dem Boden ab und reichte ihm die sehnige Hand.
»Ich bin Dr. Goat. Mrs White sagte, ich sollte bei Ihnen vorbeischauen.« Er drehte sich um und riss eines der Fenster auf. »Wie lange rauchen Sie schon?«
James blies Rauchkringel in die Luft. »Zehn Minuten, höchstens.«
»Das habe ich nicht gemeint, sondern seit wie vielen Jahren rauchen Sie schon?«
»Seit fünfzig Jahren etwa. Eher länger.«
»Sie wissen, dass Sie mit Ihrem Leben spielen?«
James wechselte das Thema. »Sagen Sie, Julius Peabody erzählte mir, dass Sie Fachmann für Homöopathie sind.«
Dr. Goat sah ihn überrascht an. »Das ist richtig. Waren Sie bereits in homöopathischer Behandlung, Mr Gerald?«
»Leider nicht, aber ich habe schon viel davon gehört. Wissen Sie, in diesem Winter hat es mich erwischt. Eine schwere Grippe hat mich beinahe umgebracht, und seitdem bin ich soschwach, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann. Mein Hausarzt meint nur, ich müsse Geduld haben. Gibt es vielleicht ein homöopathisches Mittel, das mir helfen würde, schneller wieder zu Kräften zu kommen?«
Dr. Goat musterte James mit neu erwachtem Interesse, dann zog er seinen BlackBerry hervor. »Gewiss. Wenn wir das richtige Mittel in der richtigen Potenz finden, kann es ein kleines Wunder vollbringen. Doch dafür brauchen wir eine Erstanamnese. Das geht nicht einfach so zwischen Tür und Angel. Mal sehen … ich hätte morgen um 17.00 Uhr ein Zeitfenster von gut einer Stunde, wenn nichts dazwischenkommt.«
»Einverstanden.«
»Mrs White sagte, sie fühlten sich nicht ganz wohl? Wenn Sie ein akutes Problem haben …«
»Nein, das habe ich nicht gesagt«, meinte James lächelnd.
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