Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
sie an, »weil, ich meine, wie die meisten hier, wenn man älter wird und viele Dinge einem nicht mehr so leicht von der Hand …«
»Nein«, unterbrach James sie, »es gibt einen anderen Grund. Es hat mit William Morat zu tun, dem Mann, der in Ihren Armen gestorben ist. Er war mein Freund. Ich bin hier, um aufzuklären, warum er sterben musste.«
Miss Hunt öffnete den Mund. »Ja, aber …« Sie beendete den Satz nicht, sah ihn verwirrt an.
»Und ich habe inzwischen herausgefunden«, fuhr James fort, »dass nicht nur William ermordet wurde, sondern auch Thomas Maddison, und dass Katie White neulich nicht über ihre eigenen Füße gestolpert ist. Denn eines durfte nicht passieren: Mrs White durfte nicht plaudern. Sonst wäre alles vergeblich gewesen.«
»Wie? Ich verstehe nicht …«
»Mrs White wird wegen Sterbehilfe erpresst. Seit einem Jahr schon.«
Miss Hunt machte große Augen. »Was?«
»Wer ist die Katze, wer ist die Maus«, sagte James langsam.
»Gib acht auf die Falle und find es heraus«, vervollständigte Miss Hunt das Gedicht.
»Sie können es auswendig?«
Miss Hunt nickte. »Na ja, es sind ja nur zwei Zeilen.«
»Es ist übrigens nicht von mir«, sagte James.
»Nicht?« Miss Hunt sah ihn mit leeren Augen an. »Von wem denn?«
Er begann zu husten.
»Sie sollten Ihr Spray nehmen, Mr Gerald.«
»Ja«, sagte James. Er atmete tief ein, während er auf den Inhalator drückte. Er keuchte, das Asthma-Spray fiel ihm aus der Hand. »Es ist, als würde ich ertrinken«, brachte er mühsam heraus.
Miss Hunt bückte sich, hob das Asthma-Spray vom Boden auf und hielt es James vor den Mund. »Tief einatmen!«, befahl sie und drückte ab. Dann sah sie James prüfend an. »Drei, vier Minuten Geduld, bis es wirkt, Mr Gerald. Sie dürfen sich nicht aufregen.«
James rang weiter nach Luft. »Ich … weiß Bescheid.«
»Nicht reden, Mr Gerald!« Miss Hunts Stimme klang besorgt. James keuchte.
»Bleiben Sie ruhig, Mr Gerald, ich hole Hilfe!« Miss Hunt eilte zur Tür hinaus. Sheila kroch aus dem Schrank.
»Was machen Sie denn, gehen Sie wieder rein!« James fuchtelte mit beiden Händen. »Schnell, bevor sie zurückkommt!«
»Ich denke nicht daran«, sagte Sheila. »Außerdem, glauben Sie wirklich, sie kommt zurück? Wenn Sie ersticken, wird es aussehen, als hätten Sie einen Asthma-Anfall gehabt. Es ist mal wieder der perfekte Mord, keiner wird Verdacht schöpfen. Nur schade, dass sie nicht alles zugegeben hat, jetzt, da sie sich sicher war, dass Sie es niemandem mehr erzählen würden. Aber sie ist auch so überführt, wenn das Spray untersucht wird, das sie Ihnen gegeben hat.«
Im nächsten Augenblick hörten sie aufgeregte Stimmen, schnelle Schritte näherten sich der Tür. Sheila und James sahen sich an. Es war zu spät für Sheila, sich wieder im Schrank zu verstecken.
Dr. Goat riss die Tür auf, hinter ihm stürzten Miss Hunt und Mrs White ins Zimmer. »Was machen Sie für Sachen«, murmelte Dr. Goat kopfschüttelnd. Er schaute auf das Asthma-Spray. »Wie geht es Ihnen? Immer noch akute Luftnot?«
James schüttelte den Kopf. »Danke, es geht wieder besser. Es hat diesmal einfach etwas länger gebraucht, bis es wirkte, nicht wahr. Das kommt wahrscheinlich von Ihren Phosphorus-Kügelchen.«
Dr. Goat lachte auf. »Schon wieder zu Scherzen aufgelegt. Nichts da, das kommt von Ihrem Starrsinn. Wenn Sie nicht aufhören mit dem Rauchen, gebe ich Ihnen kein halbes Jahr mehr. Und das ist kein Scherz, Mr Gerald.«
»Gott sei Dank«, sagte Mrs White. Sie nahm James’ linke Hand in ihre beiden Hände. Ausnahmsweise waren sie nicht feucht, sondern eiskalt. »Sie haben mir einen schönen Schrecken eingejagt.«
»Tut mir leid«, sagte James. »Und Sie haben sich umsonst bemüht, Dr. Goat.«
»Besser einmal umsonst als einmal zu spät. Ich gebe Ihnen trotzdem noch eine Kortisonspritze, damit Sie diese Nacht Ruhe haben.« Dr. Goat öffnete seinen Arztkoffer.
»Nein, auf keinen Fall«, sagte James. »Es geht wieder, wirklich.«
Dr. Goat zuckte die Schultern. »Dann nicht. Aber hüten Sie sich davor, mich heute Nacht aus dem Bett zu klingeln.«
»Schon gut.«
Mrs White bemerkte Sheilas Anwesenheit erst jetzt. »Ich dachte, Sie sind nach dem Abendessen zurück nach London gefahren?«
»Könnte ich eventuell heute Nacht hierbleiben?«, fragte Sheila. »Die Herrschaften, mit denen wir das Dinner eingenommen haben, schwärmten von dem Ball, der heute Abend
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