Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
niedlichen Nagetierzähnen war der gefährliche Tiger.« Sie machte eine kleine Pause, um die Wirkung ihrer Worte auf James zu genießen. »Der arme alte Maddison«, fuhr sie dann fort. »Ich kann mir gut vorstellen, dass ihn Panik überfiel, als William tot war. Er wusste nicht, ob es sich um Mord oder um einen natürlichen Tod handelte. Wenn es Mord war, so konnte er nur hoffen, dass er nicht als Nächstes selbst dran war.«
»War er aber«, stellte James lapidar fest.
»Denken Sie, Mrs White kannte den wahren Hintergrund von Williams Aufenthalt in Eaglehurst?«, fragte Sheila.
James schüttelte den Kopf. »Das hätte William nicht gewollt.«
Sheila nickte. »Stimmt. Je weniger Mitwisser, desto besser. Ich denke, für Mrs White war William ein ganz normaler Bewohner. Und als er starb, ging sie von einem natürlichen Todesfall aus und hat sich nichts weiter dabei gedacht.«
»Aber es war etwas anderes, als Maddison auf so dramatische Weise starb«, sagte James. »Da hat sie es mit Sicherheit mit der Angst zu tun bekommen.«
»Ja«, unterbrach Sheila ihn, »und das war natürlich auch Miss Hunt klar. Sie musste befürchten, dass Mrs White jetzt in Panik geriet und die Polizei einschaltete. Erpressung ist eine Sache, Mord eine andere. Deshalb musste Miss Hunt den Druck auf Mrs White erhöhen.«
»Der Anschlag auf ihre Tochter«, ergänzte James.
»Sie kann einem fast leidtun«, sagte Sheila.
»Wer?«
»Mrs White natürlich.«
»Nein, mir tut sie nicht besonders leid«, bemerkte James. »Dafür kreist sie viel zu sehr um sich selbst. Aber sagen Sie, Sheila, wie passt der Zettel mit dem Limerick in Ihre Theorie? Oder vielmehr der Limerick, der gar keiner ist? Warum lag der auf meinem Bett?«
»Durch den Zettel bin ich überhaupt auf Miss Hunt gekommen«, sagte Sheila. »Derjenige, der etwas ›findet‹, kann es ebenso gut selbst dorthin gelegt haben, oder? Der Zettel sollte den Verdacht auf den Limerick-Club lenken, also auf die Schwestern Hideous. Aber jetzt erzählen Sie mir endlich, was es mit Ihrem Anfall auf sich hatte.«
»Ich habe ein Experiment vorbereitet«, entgegnete James. »Geben wir Miss Hunt die Gelegenheit, mich loszuwerden.«
Kapitel 22
Es klopfte zweimal leise an der Tür.
»Herein!«, rief James.
»Störe ich?« Eleonora steckte den Kopf zur Tür herein.
»Nein, kommen Sie ruhig herein«, sagte er überrascht.
»Ich bin auch sofort wieder weg.« Eleonora trat zu James ans Bett. »Ich wollte Ihnen nur schnell Ihre Medizin bringen. Sie haben sie auf dem Tisch vergessen.« James nahm das Phosphorus-Fläschchen lächelnd entgegen. »Danke, das ist nett.«
Sie sah ihn mitfühlend an. »Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht. Geht es Ihnen wieder besser?«
»Ja, viel besser.«
»Dann kommen Sie auch zum Ball?« Eleonora wirkte verlegen. »Es wäre schön«, fuhr sie hastig fort. »Wegen meiner Schwester. Dann hätte sie mehr Gesellschaft. Es ist so, ich habe ein schlechtes Gewissen wegen Mr Peabody und mir. Edith muss sich manchmal als drittes Rad am Wagen fühlen. Natürlich ist sie das nicht, aber ich glaube, sie ist unglücklich deswegen. Außerdem – Edith mag Sie.«
»Ach ja?« James zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Hat sie Ihnen das gesagt?«
Eleonora lächelte. »Nein, aber ich kenne sie. Sagen wir also bis gleich?«
»Mal sehen, wie ich mich fühle.«
»Wirken die Kügelchen schon?«
James zuckte die Schultern. »Ehrlich gesagt nein.«
»Nehmen Sie noch mal welche«, riet Eleonora mit Überzeugung. »Aber diesmal ohne Metalllöffel!«
Kurze Zeit später klopfte es erneut. Diesmal war es Miss Hunt. »Was macht der Husten, Mr Gerald?«
»Danke, es geht. Das Asthma-Spray, haben Sie es bekommen?«
Miss Hunt nickte und kam näher. »Natürlich. Ich habe es Ihnen in Ihr Nachttischchen gelegt. Ich wollte es Ihnen nicht vor den anderen überreichen.« Sie griff in die Schublade, nahm das Pumpspray aus der Verpackung und reichte es James. »Brauchen Sie es jetzt gleich?«
»Momentan nicht, aber es ist eine Beruhigung, wenn ich es habe.« James nahm das Spray und tauschte es unter der Bettdecke gegen ein altes, leergepumptes aus.
»Wenn Sie bitte so freundlich wären, mein Kissen aufzuschütteln?«
»Gerne.«
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mr Gerald?«
»Ja. Leisten Sie mir ein wenig Gesellschaft.«
»Gerne.« Miss Hunt zog sich einen Stuhl heran.
»Sie wissen, warum ich hier bin, nicht wahr?« James sah forschend in ihre blauen Augen.
»Na ja«, setzte
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