Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
stattfindet.«
»Selbstverständlich«, sagte Mrs White, »gegenüber ist ein freies Apartment.« Sie wendete sich an Miss Hunt. »Ist das Apartment von Mr Maddison schon fertig?«
Miss Hunt nickte. »Ich müsste nur rasch das Bett frisch überziehen.«
Als der Arzt, Mrs White und Miss Hunt das Zimmer verlassen hatten, sahen James und Sheila sich an.
»Großartig, ich werde diese Nacht im Bett des toten Mr Maddison schlafen«, stellte Sheila fest. »Da war ja das Bett im Krankenhaus noch besser.«
James erhob sich, trat ans Fenster und schaute auf die vorbeiziehenden Lichtkegel der Autoscheinwerfer in der Dunkelheit.
»Was denken Sie?«, fragte Sheila.
»Dass ich froh bin, dass Miss Hunts blaue Augen wirklich so unschuldig sind, wie sie aussehen.«
»War ja klar«, sagte sie gedehnt. »Wir hätten es wissen müssen. Hübsche Mädchen, die Sie noch dazu anhimmeln, die können nicht böse sein. Aber was jetzt? Diese Tür führt offensichtlich auch nicht weiter.«
James zuckte mit den Schultern. »Manchmal muss eine Tür sich schließen, damit eine andere sich öffnen kann.« Er drehte sich zu Sheila um. »Wann haben wir beide eigentlich das letzte Mal zusammen getanzt?«
»Noch nie.«
»Das sollten wir heute Abend ändern.«
»Ach je, der Ball. Ich habe nichts anzuziehen.«
»Sie sind doch angezogen.«
Sheila seufzte. »Sie hätten auch etwas Netteres sagen können. So etwas in der Richtung, dass das, was ich anhabe, für den Ball völlig okay ist.«
»Aber das hätten Sie mir nicht geglaubt.«
»Doch, hätte ich.«
»Sie sehen fantastisch aus, Sheila. Egal, was Sie anhaben.«
»Jetzt glaube ich Ihnen natürlich nicht mehr.«
»Aber es stimmt! Sie werden die unangefochtene Ballkönigin sein. Nicht zuletzt sind Sie gut zehn Jahre jünger als der durchschnittliche Eaglehurst-Bewohner, und …
»Ach, hören Sie auf, James.«
Kapitel 23
Peabody hatte nicht zu viel versprochen. Der Salon war festlich mit Girlanden geschmückt, die Bar hielt zu diesem besonderen Anlass echte Flaschen und nicht nur Attrappen bereit, und am anderen Ende des Saals hatte man eine kleine Bühne aufgebaut, auf der ein Alleinunterhalter in glitzerndem schwarzem Anzug Lieder von Elvis sang. Das Neonlicht war ausgeschaltet, auf den Tischen spendeten Kerzen ein warmes Licht. Von der Bar aus wurde eine Discokugel angestrahlt, die sich langsam drehte und deren reflektierende Spiegelplättchen Hunderte von kleinen Lichtpunkten durch den Salon wandern ließen. Die Angestellten trugen Abendgarderobe und bedienten die Gäste mit Getränken und Snacks. An diesem Abend wäre man kaum auf die Idee gekommen, in einem Altenheim zu sein. Eaglehurst war wieder ein Hotel, wenn auch nicht mehr so mondän wie einst.
»James!« Julius Peabody erhob sich von seinem Tisch neben der Bühne und winkte heftig. »Kommen Sie, hier sind noch zwei Plätze!«
James und Sheila gingen zu dem Tisch, an dem außer Mr Peabody und den Schwestern Hideous noch ein weiterer Herr saß, der sich als Robert Southeron vorstellte. Die Herren hatten sich, ebenso wie die Schwestern Hideous, schick gemacht. Peabody trug zwar keinen schwarzen Anzug, aber ein weißes Hemd mit einer etwas unmodernen Krawatte und dazu ein dunkelgraues Jackett. Eleonora trug ein paillettenbesetztes altrosa Kleid undeine Perlenkette, Edith ein dunkelgrünes Kostüm. Mr Southeron hatte einen schwarzen Anzug gewählt.
»Entschuldigen Sie meine Garderobe«, sagte Sheila, als James und sie Platz genommen hatten, »ich hatte nicht damit gerechnet, heute einen Ball zu besuchen, und habe nichts Passendes eingepackt.«
»Wieso?«, sagte Mr Southeron galant. »Sie sehen bezaubernd aus. Darf ich Ihnen ein Glas Wein einschenken?«
»Wer fragt, gibt nicht gern«, sagte Mr Peabody, nahm kurzerhand die Flasche Weißwein aus dem Kühler, die in der Mitte des Tisches stand, und schenkte Sheila und James randvoll ein. James’ Berechnung nach musste es sich bereits um die zweite Flasche handeln, denn alle vier hatten ein gut gefülltes Weinglas vor sich stehen. Julius’ Wangen und auch die von Eleonora und Mr Southeron waren bereits gut durchblutet. Nur Edith schien der Wein nicht zu Kopf gestiegen zu sein, sie wirkte völlig nüchtern und machte insgesamt den Eindruck einer Mutter, die ihrem Kind zuliebe eine Zirkusvorstellung besucht und sich langweilt.
»Cheers!«, sagte Peabody. Alle erhoben die Gläser. James schnupperte, ließ etwas Wein in den Mund fließen und schluckte widerstrebend. »Bertie
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