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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Erreichen   … seines Ziels gemacht hat.»
    «Und was war sein Ziel?», fragte Caine, obwohl ein Teil von ihm die Antwort bereits kannte.
    «Er war überzeugt, dass er eine Möglichkeit gefunden hatte, die Zukunft vorherzusagen.»
    Caine wurde schlecht. Das Trugbild erschien allmählich allzu real. Erneut kamen ihm Jaspers Worte in den Sinn.
    Man spürt gar nichts davon   … Das ist ja gerade das Unheimliche daran.
    Sein Bruder hatte Recht gehabt, denn Caine war in seinem Leben noch nie so unheimlich zumute gewesen. Er hatte plötzlich großen Respekt vor seinem Zwillingsbruder.
    «Alles in Ordnung mit Ihnen?», fragte Nava.
    Caine ignorierte die Frage und stellte stattdessen selbst eine. «Diese Theorie   … hat sie einen Namen?»
    «Ja», sagte Nava. «Der Laplace’sche Dämon. Sagt Ihnen das etwas?»
    Caine nickte, doch er war mit seinen Gedanken woanders und versuchte, die Einzelteile zusammenzusetzen.
    «Ich habe alle seine Abstracts im ST R-Labor überflogen», sagte Nava. «Die meisten hatten mit Physik, Biologie und Statistik zu tun, aber am Ende gab es einen ganzen Abschnitt über den Laplace’schen Dämon. Ich hatte keine Zeit, ihn gründlich zu lesen, aber anscheinend sprach er über das Okkulte.»
    «Nicht über das Okkulte», sagte Caine. «Über Wahrscheinlichkeitstheorie.»
    Nava sah ihn verständnislos an. «Ich kann Ihnen nicht folgen.»
    Caine seufzte, wusste nicht recht, wo er beginnen sollte oder ob es überhaupt notwendig war, dies alles einer Halluzination zu erklären, die lediglich ein Produkt seines eigenen Unterbewusstseins war. Aber vielleicht war es genaudas, was er wollte: eine Erklärung. Caine sah an Nava vorbei und suchte nach der besten Möglichkeit, es zu erklären. Er hatte Laplaces Werke zwar jahrelang studiert, wusste aber nicht, wo er anfangen sollte, und deshalb erzählte er einfach drauflos.
    «Im ausgehenden siebzehnten und frühen achtzehnten Jahrhundert lebte in London ein französischer Statistiker namens Abraham de Moivre. Während die Statistik noch in den Kinderschuhen steckte, konnte Moivre seinen Unterhalt damit verdienen, Gewinnchancen für die Spieler der Stadt zu berechnen.
    Das machte er ungefähr zehn Jahre lang, dann schrieb er ein Buch mit dem Titel
Die Lehre des Zufalls
. Obwohl es nur 52   Seiten lang war, war es einer der wichtigsten Texte zur Mathematik seiner Zeit, denn es bildete die Grundlage der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die er anhand von Problemen beim Würfeln oder anderen Spielen erklärte.
    Die Sache ist allerdings die, dass de Moivre, anders als der Titel des Buches suggeriert, nicht an den Zufall glaubte.»
    «Wie meinen Sie das?», fragte Nava.
    «De Moivre glaubte, dass der Zufall eine Illusion sei. Er stellte die These auf, dass niemals etwas ‹zufällig› geschieht – dass jedes scheinbar zufällige Ereignis auf eine Ursache zurückgeführt werden kann.» Nava guckte verwirrt, deshalb griff Caine zu seinem erprobten Notanker der Wahrscheinlichkeitsrechnung: Im Zweifelsfall spricht man am besten über Münzen.
    «Okay», sagte er, langte vorsichtig und aufstöhnend in seine Hosentasche und holte einen Vierteldollar hervor. «Wenn ich diese Münze werfe, dann würden Sie sagen, es ist reines Glück oder Zufall, ob Kopf oder Zahl oben landet, richtig?»
    Nava nickte.
    «Tja, da liegen Sie falsch. Wenn man in der Lage wäre, alle physikalischen Faktoren zu bestimmen, die den Wurf der Münze beeinflussen – den Winkel meiner Hand, die Entfernung zum Boden, die Kraft, mit der ich die Münze in die Luft werfe, den Windzug, die Zusammensetzung der Münze et cetera, et cetera   –, dann wäre man in der Lage, mit hundertprozentiger Genauigkeit das Ergebnis des Wurfes vorherzusagen, denn die Münze unterliegt den Gesetzen der Newton’schen Physik, die absolute Gültigkeit haben.»
    Nava zündete sich eine Zigarette an und ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. «Ich kenne mich damit nicht aus, David, aber ist es nicht unmöglich, all diese Faktoren genau zu berechnen?»
    «Für Menschen? Ja, stimmt», sagte Caine. «Aber dass wir diese Faktoren nicht berechnen können, bedeutet nicht, dass das Ergebnis des Münzwurfs dem Zufall unterliegt. Es bedeutet lediglich, dass wir, als menschliche Wesen, nicht die Fähigkeit besitzen, alle Facetten des Universums zu berechnen. Daher mögen Ereignisse zufällig erscheinen, obwohl sie gänzlich bestimmt sind durch physikalische Gegebenheiten.
    Diese Denkrichtung nennt man
Determinismus
.

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