Null
Köpfe. Bewusst oder unbewusst haben Sie eine Gleichung aufgestellt, um das Problem zu lösen.» Caine schrieb an die Tafel:
«Wir wissen nun zwar, dass bei vier Münzwürfen höchstwahrscheinlich zwei Köpfe und zwei Zahlen herauskommen werden, aber glauben Sie auch, dass jedes Mal exakt zwei Köpfe geworfen werden?»
«Nein.»
«Korrekt. Denn tatsächlich werden meistens
nicht
zwei Köpfe geworfen.»
Steve guckte verwirrt. «Moment mal, sagten Sie nicht gerade, dass höchstwahrscheinlich zwei Köpfe geworfen werden?»
«Das ist richtig.»
«Dann verstehe ich das nicht. Kommen nicht wenigstens jedes zweite Mal zwei Köpfe dabei heraus?»
«Nein. Es gibt sechzehn mögliche Ergebnisse, wenn man eine Münze viermal hintereinander wirft. Ich zeige es Ihnen.»
«Verstehen Sie? Von den sechzehn verschiedenen Möglichkeiten resultieren nur sechs in zwei Köpfen und zwei Zahlen. Daher werden bei zehn von sechzehn Versuchen oder in 62,5 Prozent der Fälle
nicht
zwei Köpfe geworfen. Deshalb frage ich Sie noch einmal: Wenn ich Ihnen sage, dass ich eine Münze viermal hintereinander werfen werde, wie viele Köpfe erhalte ich dann Ihrer Meinung nach?»
Steve starrte die Gleichung an, die Caine an die Tafel geschrieben hatte, und zog nachdenklich die Stirn in Falten. «Ich würde immer noch zwei sagen.»
«Warum würden Sie zwei sagen, nachdem ich Ihnen gerade gezeigt habe, dass Sie damit in 62,5 Prozent der Fälle falsch liegen werden?», fragte Caine.
«Weil ich bei jeder anderen Anzahl in noch mehr als 62,5 Prozent der Fälle falsch liegen würde.»
«Ganz genau», sagte Caine und schnippte mit den Fingern. «Hätten Sie einen Kopf oder drei Köpfe gesagt, würden Sie in 75 Prozent der Fälle falsch liegen, und hätten Sie keinen Kopf oder vier Köpfe gesagt, würden Sie in 93,75 Prozent der Fälle falsch liegen.» Caine lächelte. «Indem Sie zwei Köpfe gesagt haben, haben Sie die Antwort gewählt, welche die Wahrscheinlichkeit, falsch zu liegen, minimiert. Das ist die Grundlage der gesamten Wahrscheinlichkeitsrechnung: die Minimierung von Fehlern.
Obwohl das Ergebnis bei den Würfen wahrscheinlich ein anderes ist als zwei Köpfe, ist Ihre ursprüngliche Gleichung
K = 0,5 x W
immer noch gültig, denn sie beschreibt das Phänomen am besten. Eine andere Möglichkeit, dies zu überprüfen, ist, die Daten graphisch darzustellen. Wie Sie sehen können, handelt es sich um eine Glockenkurve, und die Spitze der Kurve spiegelt die natürliche Tendenz des Phänomens wider.
Laplace hat ungefähr das Gleiche getan, nur dass er nicht die Anzahl der Köpfe beim Münzwurf vorhergesagt hat, sondern Tausende von astronomischen Beobachtungen benutzt und Gleichungen entwickelt hat, um die Umlaufbahnen von Planeten vorherzusagen.»
«Okay, ich hab’s kapiert», sagte Steve. «Aber ich verstehe immer noch nicht, warum es wichtig ist.»
«Es ist wichtig, weil es demonstriert, wie die Wahrscheinlichkeitsrechnung funktioniert. Laplace zeigte, dass die beste Möglichkeit, die Realität vorherzusagen, nicht darin besteht, die richtige Antwort zu errechnen, sondern darin, die Antwort zu finden, die am wenigsten falsch ist. Obwohl die Wahrscheinlichkeit in dem Münzbeispiel, bei vier Würfen zwei Köpfe zu erhalten, nur bei 37,5 Prozent liegt, ist es noch unwahrscheinlicher, jede andere Anzahl von Köpfen zu erhalten. Ihre Vorhersage, zwei Köpfe zu erhalten, ist daher diejenige, die am wenigsten falsch ist, und deshalb die richtigste.
Aus diesem Grund konnte Laplace die Umlaufbahn der Planeten vorhersagen, während andere es nicht konnten. Er entwickelte Gleichungen, welche die Abweichungen der Daten aller Astronomen minimierten, und war deshalb in der Lage, Umlaufbahnen von Planeten festzulegen, welche die geringste Wahrscheinlichkeit aufwiesen, falsch zu sein.»
«Und so die höchste Wahrscheinlichkeit, richtig zu sein», sagte Steve.
«Genau», sagte Caine, erfreut, dass Steve anscheinend verstanden hatte. «Wichtig ist festzuhalten, dass man sich durch diese Methode, genauso wie durch alle anderen Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung, niemals einer Sache absolut sicher sein kann, da das Ziel der vorhersagenden Gleichungen die
Minimierung
von Fehlern ist, und nicht ihre
Eliminierung
.»
«Warum würde man Fehler nicht eliminieren wollen?», fragte ein dunkelhaariges Mädchen namens Colleen.
«Das will man schon. Doch es ist unmöglich, Fehler völlig zu eliminieren, da man nie genügend
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