Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
Vom Netzwerk:
ausgegangen. Kein einziger Junge auf der Highschool und dem College hatte auch nur das leiseste Interesse an ihr gezeigt. Allmählich glaubte sie schon, dass etwas Grundlegendes mit ihr nicht in Ordnung sei, etwas, das ihr jedermann ansehen könne. Und sie war es leid, Hoffnungen zu hegen, war es leid, enttäuscht zu werden. Und deshalb ließ sie niemanden mehr an sich heran. Bis sie dann Petey kennen lernte.
    Dass ausgerechnet er ihr die Unschuld rauben würde, hätte sie nie gedacht. Ihr Doktorvater, der über zwanzig Jahre älter war als sie, war ein stark behaarter kleiner Mann mit buschigen Augenbrauen, dem graue Haarbüschel aus den Ohren wuchsen. Sie wusste, dass die anderen jungen Frauen im Institut fanden, er sehe bescheuert aus, aber das kümmerte Julia nicht. Sie hatte sich nicht seines Aussehens wegen in ihn verliebt, sondern seines Verstandes wegen. Petey war einfach der brillanteste Mensch, dem sie je begegnet war. Und seine Arbeit war bahnbrechend.Sie war sich sicher, dass er sich einen großen Namen machen würde, wenn er seine Theorie erst einmal bewies. Und das war nur noch eine Frage der Zeit.
    Er würde nicht nur den Nobelpreis bekommen, nein, auch die Talkshow-Produzenten würden alles daransetzen, dass der große Wissenschaftler in der Sendung erklärte, wie das menschliche Leben aufgebaut war und sich in Form eines riesigen, wogenden Gobelins aus Energie, Raum und Zeit darstellen ließ. Wenn ihn bloß die Uni nicht finanziell immer an der ganz kurzen Leine halten würde, wäre er längst fertig damit.
    Mit einem Schaudern dachte sie an ihr letztes Gespräch über dieses Thema.
    «Glaubst du wirklich, dass sie dir diesmal die Fördermittel gewähren?», fragte Julia und fuhr ihm mit der Hand durch das dichte, graumelierte Haar.
    Petey erstarrte; der schöne Augenblick war verdorben.
    «Es tut mir Leid», sagte Julia und bereute die Frage sofort. «Ich wollte nicht   –»
    «Nein, schon gut. Ich muss mich den Tatsachen stellen. Wenn diese letzte Testreihe nicht die Ergebnisse bringt, die ich brauche, haben diese engstirnigen Bürokraten gewonnen.»
    Petey hatte Recht: Sie waren wirklich alle nur Bürokraten. Wenn es ihnen um die Wissenschaft gegangen wäre, hätten sie sich nicht aus der Forschung zurückgezogen, um nurmehr bessere Verwalter zu sein. Doch stattdessen hatten sie es alle auf ihn abgesehen, weil sie ihn um seine Brillanz beneideten, und legten ihm jedes Mal, wenn er an der Schwelle zu einer großen Entdeckung stand, Steine in den Weg. Aber sie konnten ihn nicht aufhalten. Julia war sich sicher, dass seine jüngsten Experimente seine Theorie beweisen würden. Und dann würden sie sich förmlichüberschlagen, ihn mit Geldmitteln auszustatten, und alle würden die Genialität seiner Ideen anerkennen.
    Sie konnte es gar nicht mehr erwarten. Wenn es so weit war, das hatte er ihr versprochen, würden sie an die Öffentlichkeit gehen. Dann könnten sie die Experimente beenden. Sie seufzte im Vorgefühl der Erleichterung, die sie verspüren würde, wenn klar war, dass sie nie mehr an diesen   … diesen Ort zurück musste. Es überlief sie kalt, panische Angst, gemischt mit einem grotesken Eifer. Sie schloss die Augen und konnte es beinahe sehen, doch dann war es wieder fort.
    Es fiel ihr schwer, sich im wachen Zustand an diesen Ort zu erinnern, aber jede Nacht war sie in ihren Träumen dort. Und in letzter Zeit träumte sie viel. In ihren Träumen ergaben all diese seltsamen Dinge einen Sinn, aber sobald sie erwachte, geriet alles durcheinander. Ein paar Wochen lang träumte sie von Ziffern, die in riesigen Kugeln eingeschlossen waren und so hell pulsierend weiß und rot leuchteten, dass ihre Augen pochten.
    In der vergangenen Nacht war es in ihrem Traum um Poker gegangen, was seltsam war, denn sie kannte nicht einmal die Regeln dieses Spiels. Dennoch war sie in ihrem Traum eine meisterhafte Spielerin gewesen und hatte im Nu sämtliche Chancen berechnen können, und das trotz des Gestanks verwesender Fische, der über ihr Hirn hereingebrochen war.
    Petey sagte, diese Träume hätten nichts zu bedeuten, aber Julia vermutete, dass sie von den Experimenten herrührten. So sehr es sie begeisterte, ein Teil von Peteys Studie zu sein, wusste sie doch auch, dass es so nicht in Ordnung war und dass an dem Tag, an dem die Tests abgeschlossen waren, eine neue Phase ihrer Beziehung beginnen würde. Keine Treffen mehr in schmierigen Kneipen irgendwoin der Stadt, kein Sex mehr nachts im Labor. Sie

Weitere Kostenlose Bücher