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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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keine Bedrohung mehr für irgendjemanden. Und ganz bestimmt nicht für eine ganze Spezies.»
    Conti rührte sich wieder. Der Schock war größtenteils von ihm abgefallen, und sein distanzierter, geringschätziger Gesichtsausdruck war zurückgekehrt. «Ich weiß überhaupt nicht, worüber Sie sich alle so aufregen», sagte er. «Das Einzige, was man sehen kann, sind der Kopf und die Schultern – und eine einzelne Pfote.»
    «Ecce signum»
, entgegnete Marshall und zeigte mit dem Daumen auf das Eis.
    «Nun, wir werden es früh genug herausfinden, nicht wahr?», entgegnete Conti. «Für den Augenblick bleibt es nur ein Tiger. Davon abgesehen sind Ihre fünf Minuten vorbei.» Er drehte sich zu dem Techniker um. «Mr. Hulce, geben Sie Dr. Faraday seine Kamera zurück. Dann decken Sie das hier wieder zu und sorgen dafür, dass alles sicher verschlossen ist. Ich begleite unsere Freunde hier zurück ins Quartier.»

13
    Marshall wurde von einem Klopfen an der Tür des kleinen Abteils – ehemals das Quartier eines Warrant Officer – geweckt, das ihm als Schlafstatt diente. Er rollte sich desorientiert herum, hin und her, und fiel prompt aus seiner Koje.
    «Was denn?», krächzte er.
    «Ziehen Sie sich an, Süßer», ertönte die Stimme von Penny Barbour. «Und beeilen Sie sich – das wollen Sie bestimmt nicht verpassen.»
    Marshall setzte sich auf, rieb sich die Augen und warf einen müden Blick auf seine Uhr. Beinahe sechs. Wie üblich hatte er eine ruhelose Nacht verbracht und war erst vor zwei Stunden eingeschlafen. Er erhob sich, zog sich hastig an und trat hinaus auf den Gang. Barbour wartete ungeduldig auf ihn. «Los, kommen Sie», sagte sie.
    «Was ist denn?»
    «Das müssen Sie sich selbst ansehen.» Sie führte ihn durch hallende Korridore die zentrale Treppe hinauf zum Eingang. In der Wetterkammer zogen sie ihre Schutzkleidung an – Marshall bemerkte, dass die Temperatur deutlich gestiegen war, seit er sich schlafen gelegt hatte –, durchquerten den Bereitschaftsraum und traten nach draußen.
    Er blieb stehen und blinzelte müde in die Dunkelheit. Trotz der frühen Tageszeit waren die Arbeiten bereits in vollem Gange: Er hörte Hämmern, Rufe, das Surren eines Akkubohrers. Und es war noch ein anderes Geräusch im Hintergrund zu hören: vertraut und doch schwer zu fassen. Barbour führte ihn durch das Gewirr von Außengebäuden und blieb nicht weit vom Tresor stehen, wo sich bereits eine kleine Menge Schaulustiger eingefunden hatte. Mit schwachem Grinsen zeigte sie durch die Einzäunung nach draußen.
    Marshall starrte in die Dunkelheit. Zuerst sah er nichts. Dann bemerkte er in der Ferne zwei Stecknadelköpfe aus Licht. Während er noch hinsah, wurden sie größer: wütend erscheinende gelbe Punkte, die ihn ungemütlich an die Augen erinnerten, die ihn aus dem Eis heraus angestarrt hatten. Sie kamen näher und näher, und ringsumher sah er plötzlich weitere, kleinere Lichter aufflammen. Das Hintergrundgeräusch, das ihm aufgefallen war, wurde ebenfalls lauter. Und jetzt erkannte er es auch: Es war ein Dieselmotor, und ein großer obendrein.
    «Was zum
Teufel
…?», begann er.
    Ein riesiger Neunachser näherte sich durch den Schnee der Basis. Er wurde größer und größer, bis er schließlich jenseits der Einzäunung in einem Meer aus Scheinwerferlicht mit im Leerlauf drehendem Motor hielt. Die Reifen waren überzogen mit schweren Ketten, und die Führerkabine war dick vereist, genau wie die Windschutzscheibe, die Scheinwerfer und der mit einer Plane geschützte Kühlergrill, der hinter einer dichtgepackten Schicht aus Schnee und Eis nahezu unsichtbar war.
    Barbour stieß Marshall einen Ellbogen in die Rippen und kicherte. «Ein Sattelzug. Das ist etwas, das man in der Zone nicht jeden Tag zu Gesicht bekommt.»
    Marshall starrte voll Verwunderung auf das Monstrum. «Wie ist er hierhergekommen?», fragte er. «Wir sind zweihundertfünfzig Kilometer von der nächsten Straße entfernt.»
    «Er hat sich seine eigene Straße gemacht», antwortete Penny Barbour.
    Marshall sah sie fragend an.
    «Ich habe die gleiche Frage gestellt. Diese Typen da drüben – die mir erzählt haben, dass er kommt – haben mich aufgeklärt.» Sie zeigte auf eine Gruppe von Zuschauern. «Wie esscheint, ist der Fahrer einer von den sogenannten Ice Road Truckern. Typen wie er fahren die nur in den kältesten Monaten existierende ‹Winter Road›, eine schnurgerade Linie über Tundra und gefrorene Seen hinweg. Auf diesem Eis-Highway

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