Nullpunkt
akzeptieren, dass ein Polarbär das getan haben soll: Wenn es keinen Dieb gibt – wenn ein Polarbär Peters getötet hat –, warum ist dann unsere Katze verschwunden, und wo ist sie hin?»
25
Während der Versammlung auf dem Krankenrevier hatte sich Conti still verhalten und es vorgezogen, seine Beobachtungen für sich zu behalten. Als die Gruppe aufbrach, blieb er für einen Moment zurück und sah dabei zu, wie Gonzalez und der zurückgekehrte Corporal Phillips den Leichnam sorgfältig einpackten, um ihn für die Lagerung vorzubereiten. Aus den Unterhaltungen der Soldaten hatte Conti erfahren, dass sie den Toten in ein unbenutztes Kühlhaus im Südflügel bringen wollten. Nun verließ auch Conti das Krankenrevier und kehrte langsam und nachdenklich zur Zentralsektion der Basis zurück.
Dort angekommen, sah er, wie ihm die beiden Kameraleute, Fortnum und Toussaint, entgegenkamen.
«Emilio», sagte Fortnum. «Wir haben gehört, Sie wollen uns sprechen?»
Conti warf einen hastigen Blick in die Runde, bevor er antwortete. Die Eingangshalle lag verlassen, und selbst die Wachstation war vorübergehend unbesetzt. Trotzdem sprach Conti mit gesenkter Stimme.
«Ich habe einen Spezialauftrag für Sie beide», sagte er. «Ich brauche besonderes Filmmaterial.»
Die beiden Kameraleute nickten.
«Betrachten Sie dieses Projekt als geheim. Unter dem Radar, quasi. Überraschungssegmente, die ich einzubauen gedenke, um die Dramatik zu erhöhen. Nehmen Sie niemanden sonst mit. Und niemand darf es erfahren – nicht Kari Ekberg und nicht Wolff.»
Die beiden Kameraleute sahen sich an, dann nickten sie erneut, ein wenig langsamer diesmal.
«Haben Sie schon die Neuigkeit gehört?»
«Welche Neuigkeit?», fragte Fortnum.
«Josh Peters ist tot.»
«Josh?»
, riefen die beiden Männer unisono.
«Wie das?», fragte Toussaint.
«Die Wissenschaftler denken, dass er von einem Polarbären erwischt wurde. Es ist draußen passiert, vor der Einzäunung. Wolff glaubt, dass es der gleiche Kerl war, der die Katze mitgenommen hat.»
«Herr im Himmel!», stieß Fortnum aus. Er war totenbleich geworden.
«Genau. Und wir müssen das ausnutzen, solange wir können.»
Die Männer sahen ihn verständnislos an.
«Kari geht gegenwärtig herum und informiert die Mannschaft über den Unglücksfall.» Conti wandte sich an Fortnum. «Allan, Sie müssen Kari finden. Sehen Sie zu, dass Sie die Emotionen der Mannschaft einfangen. Je extremer, desto besser. Aber bleiben Sie unauffällig, lassen Sie Kari nach Möglichkeit nicht merken, worauf Sie aus sind. Und falls Sie nicht die Reaktionen bekommen, die Sie brauchen, warten Sie, bis Kari weg ist, und schmücken dann Ihre Beschreibung aus, während die Kamera läuft. Ich will nacktes Entsetzen sehen. Hysterische Tränen wären noch besser.»
Auf Fortnums blasse Gesichtszüge hatte sich ein verwirrter Ausdruck geschlichen. «Wir reden hier von unserer eigenen Mannschaft, die Sie filmen wollen – richtig?»
«Aber natürlich. Sie sind die Einzigen im Bereich der Basis, die noch nichts von Peters gehört haben.» Conti winkte ungeduldig ab. «Sie müssen sich beeilen. Kari ist schon unterwegs und verbreitet die blutige Neuigkeit.»
Fortnum öffnete den Mund, als wollte er einen weiteren Einwand erheben, doch dann schloss er ihn wortlos wieder und ging mit einem letzten merkwürdigen Blick auf Conti in Richtung der Quartiere davon.
Conti sah ihm hinterher. Als der Kameramann außer Sicht war, drehte er sich zu Toussaint um. «Für Sie habe ich einen noch wichtigeren Auftrag», sagte er. «Der Leichnam wird gegenwärtig im Krankenrevier aufbewahrt. Das ist im Südflügel, ich gebe Ihnen eine Wegbeschreibung mit. Man wird ihn in ein Kühlhaus bringen, aber ich habe gehört, wie sie gesagt haben, dass vorher ein paar Reparaturen durchgeführt werden müssen und dass es nicht vor morgen einsatzbereit und kalt ist. Das ist unsere Gelegenheit.»
«Unsere Gelegenheit», wiederholte Toussaint ein wenig unsicher.
«
Verstehen Sie denn nicht?
Wenn der Leichnam erst im Kühlhaus ist, kommen wir nicht mehr an ihn heran!» Conti versuchte, seine beinahe fieberhafte Ungeduld und die Frustration im Zaum zu halten, die sich in ihm aufgestaut hatten, seit er vom Verschwinden der Katze erfahren hatte. «Es ist folgendermaßen. Wolff will nicht, dass wir den Leichnam von Peters filmen.»
«Natürlich nicht.» Toussaints Stimme klang geistesabwesend, weit entfernt.
«Aber wir
müssen
ihn filmen. Diese Situation ist
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