Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
der Stadtgrenzen von Paris aufhält, liegt die Verantwortung für seine Sicherheit - und die der Kabinettsmitglieder - in den Händen des Polizeipräfekten. Am Morgen nach dem Attentatsversuch hatte Florian angeordnet, daß seine persönliche Sicherheit von nun an in ganz Frankreich in den Händen von Marc Grelle liege. Mit einem Federstrich hatte Florian den Präfekten zum zweitmächtigsten Mann der Französischen Republik gemacht - es lag bei Grelle, ob er sich dieser Macht bedienen wollte oder nicht.
    »Der Präsident wird Sie empfangen«, informierte ein uniformierter Palastdiener Grelle, als dieser in der Halle mit dem Marmorfußboden wartete. Nur in der Mitte der Halle lag ein Teppich. Das Gespräch würde im Arbeitszimmer des Präsidenten im ersten Stock an der Rückfront des Elysée stattfinden, einem Raum mit hohen Fenstern, von dem aus man den ummauerten Garten mit seinen Rasenflächen und Kieswegen überblicken kann. Wenn der Präsident an seinem Louis-Quinze-Schreibtisch sitzt, sieht er auf einen Gobelin mit einer Darstellung ›Don Quijotes, der durch Weisheit vom Wahnsinn geheilt ist‹. Auf dem Schreibtisch stehen zwei Telefone, ein schwarzes und ein weißes. Ein drittes befindet sich auf einem Nebentisch in der Nähe der rechten Hand des Präsidenten. Als die Tür sich hinter ihm schloß, hörte Grelle das Schlagen einer der einhundertsiebenunddreißig Uhren, mit denen der Elysée-Palast ausgestattet ist. Elf Uhr. Ein großer Schäferhund sprang durch den Raum, stellte sich auf die Hinterbeine und ließ die Vorderpfoten auf die Schultern des Präfekten fallen.
    »Kassim, runter mit dir, du Biest«, knurrte Grelle freundlich. Der Präfekt, der Hunde mochte, hatte den Hund auf Bitten Florians kurz nach dessen Wahl zum Präsidenten persönlich ausgesucht. Im Elysée hieß es, daß nur zwei Menschen es wagten, das Tier zu berühren: Grelle und der Präsident. Der Präfekt schob die Vorderpfoten des Hundes beiseite, verneigte sich leicht und setzte sich dann dem mächtigsten Staatsmann Westeuropas gegenüber. Typischerweise wartete Florian, bis er das Wort ergriff.
    »Es hat mich sehr beunruhigt zu sehen, daß Sie am Abend des 9. Dezember schon wieder zu Fuß vom Place Beauvau zurückgegangen sind«, begann Grelle. »Und das nur vierundzwanzig Stunden nach dem schrecklichen Zwischenfall…«
    Florian senkte den schmalen, intelligenten Kopf wie ein kleiner Junge, der in Nachbars Apfelgarten erwischt worden ist. Diese Gebärde eines Präsidenten hätte die meisten Männer entwaffnet, aber Grelles Gesichtsausdruck blieb ernst. 
    »Es wird nicht wieder vorkommen«, versicherte Florian. »Sie haben natürlich die Bilder in den Freitagszeitungen gesehen?«
    »Ich war wie vom Donner gerührt.«
    »Aber Sie sind kein Politiker, mein Freund. Auf der Straße wimmelte es von Bewachern - in diskreter Entfernung, damit die Fotografen sie nicht mit aufs Bild bekamen! Das ist aber gute Politik, verstehen Sie - schon einen Tag nach dem Zwischenfall geht der Präsident wieder auf der Straße spazieren!« Florian grinste schelmisch. »Es ist natürlich alles lächerlich. Sagen Sie, haben Sie mir vergeben?«
    Grelle kehrte mit der Gewißheit in die Präfektur zurück, daß der Präsident jetzt hinter dem Schutzwall bleiben würde, der zu seiner Sicherheit errichtet worden war. Es blieb nur eine Frage: War dieser Schutzwall auch wirklich sicher?
     »Kommen Sie herein, machen Sie die Tür zu und schließen Sie ab«, sagte Grelle zu Boisseau, während er sich auf die Schreibtischkante setzte. Wenn der Präfekt aufgeregt war, hatte er es sich angewöhnt, sich auf eine Tischkante zu setzen, damit er jederzeit aufspringen und im Raum auf und ab wandern konnte. Boisseau setzte sich auf einen Stuhl, holte seine Pfeife hervor, machte es sich bequem, wartete. Er verfügte über weniger nervöse Energie als sein Chef und sah aus wie ein geduldiges Eichhörnchen. Genauso nannten ihn auch seine Mitarbeiter - hinter seinem Rücken. André, das Eichhörnchen.
     »Ich habe mir die Besucherliste des Elysée vom Abend des 9. Dezember für die Zeit zwischen 19.30 Uhr und 20.30 Uhr angesehen«, sagte Grelle urplötzlich. »Bevor ich fortfahre: Vergessen Sie nicht, daß die einzige Beschreibung vom Äußeren des Leoparden seine Länge betrifft - über einsachtzig…«
     »Sie haben etwas gefunden?« fragte Boisseau.
    »Jemanden - mehr als einen, übrigens. Florian selbst kam um acht zu Fuß vom Place Beauvau - das wird übrigens nicht wieder

Weitere Kostenlose Bücher