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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Danchin, der noch immer in den Garten hinunterstarrte. 
    »Aus Roissy höre ich, daß David Nash, der Amerikaner, soeben in Paris angekommen ist. Was hat das zu bedeuten? Was meinen Sie?«
     »Sollte es etwas bedeuten?« fragte Grelle zurück. Er hatte allmählich begriffen, wie das Hirn dieses verschlagenen Mannes arbeitete; Danchin stellte selten eine direkte Frage, sondern versuchte, seine Gesprächspartner aus der Reserve zu locken, während er zuhörte.
     »Es ist etwas im Gange, Grelle, ich spüre es. Es ist auch merkwürdig, daß er so kurz nach dem versuchten Attentat auf den Präsidenten hier aufkreuzt …«
     »Ich sehe keine Verbindung«, mauerte Grelle. »Aber ich habe für heute abend eine Einladung in die amerikanische Botschaft …«
     »Sie wollen hingehen?« unterbrach Danchin scharf. »Warum nicht, Herr Minister? Ich könnte etwas Interessantes aufschnappen. Zumindest sollte ich in die Lage kommen, Ihnen zu sagen, warum er nach Paris gekommen ist…«
    »Und diese Frau, Lucie Devaud - hat Boisseau etwas mehr über sie herausgefunden? Mit der Ankunft von Nash kann man sie nicht irgendwie in Verbindung bringen, nehme ich an?«... 
    »Sie können doch nicht annehmen, daß die Amerikaner hinter dem Attentatsversuch gestanden haben?« protestierte Grelle. »Die Amerikaner tun manchmal seltsame Dinge, aber…«
    »Ich sondiere nur, Grelle, weiter nichts …« Danchin kehrte plötzlich hinter seinen Schreibtisch zurück. Er bewegte sich so geräuschlos, daß Grelle nicht merkte, daß der Minister seinen Platz am Fenster verlassen hatte. Das war eine weitere unangenehme Angewohnheit Danchins, über die sich sein Referent, Merlin, einmal bei Grelle beklagt hatte. »Er taucht ohne Vorwarnung wie ein Gespenst auf und steht plötzlich hinter einem. Wußten Sie schon, daß Danchin in der Mittagszeit durch die Büros schleicht, um sich die Papiere auf den Schreibtischen der Leute anzusehen? Um sich zu vergewissern, daß sie nichts tun, wovon er nichts weiß? Die Atmosphäre in diesem Haus ist schrecklich, kann ich Ihnen sagen. Schrecklich!«
    Grelle verließ Danchins Büro so rasch wie möglich. Im Hinuntergehen wischte er sich die Stirn. Endlich wieder frische Luft. In diesem Haus möchte ich nicht für eine Million im Jahr arbeiten, dachte er, als er sich hinters Lenkrad seines Wagens setzte. Tief aufatmend fuhr er los, als wollte er seiner Erleichterung Ausdruck geben. Nicht für zehn Millionen Francs!
     Alain Blanc war in eine Welt der Schlösser und des Geldes, der erlesenen Weine und des guten Essens hineingeboren worden. Außerdem verfügte er über ein Gehirn, das in späteren Jahren die Details eines Abkommens über das Verbot von Kernwaffenversuchen in einem Drittel der Zeit aufnehmen konnte, die Roger Danchin dazu gebraucht hätte. Mit den Ländereien und Weingärten der Familie im Rücken hätte Blanc, der aus der Auvergne kam, in seinem Leben nicht einen Tag zu arbeiten brauchen. Er verwarf aber den Gedanken an ein Leben im Müßiggang und stürzte sich statt dessen in fieberhafte Arbeit.
     Er war ein Mann von ungeheurer Vitalität und gewaltiger Arbeitslust. Mit der Zeit wurde er eine der Schlüsselfiguren im Kabinett Florian, der Mann, den Botschafter fremder Länder in aller Stille konsultierten, wenn sie an Florian nicht herankamen. Er war einer der Männer mit dem ›X‹, dem Zeichen, das das Wappen der École Polytechnique (zwei gekreuzte Kanonen) symbolisiert; an dieser Hochschule, an der Geld kein Ersatz für Gehirn ist, hatte er seine Studien als einer der fünf Besten seines Jahrgangs abgeschlossen. Sein enger Freund Guy Florian hatte seine Examina als Bester einer Reihe brillanter Männer absolviert. Jahre später, nachdem er sich in der französischen Politik fest etabliert hatte, war es Alain Blanc, der geschickte Manipulator, der Florians Aufstieg ins Präsidentenamt vorbereitete und steuerte.
     Der über einsfünfundachtzig große, vierundfünfzig Jahre alte ehemalige Fallschirmspringer Blanc war schwer gebaut; er hatte ein breites Gesicht und gelichtetes Haar; er hatte den Kopf eines Kapuzinermönchs. Als Mann mit einer starken Persönlichkeit stand er in dem Ruf, mit seiner Herzlichkeit und seiner jovialen Aggressivität jeden auf seine Seite bringen zu können. Vor allem Frauen fanden ihn attraktiv - er war so lebhaft. »Er nimmt sich selbst nicht ernst«, bemerkte seine Geliebte, Gisèle Manton, einmal, »aber dafür nimmt er Frauen ernst - oder gibt es jedenfalls vor

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