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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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schützen. Ich habe Nash zu einer bestimmten Zeit in London angerufen, und er hat mir Ihren Namen gegeben, aber ich habe ihn Moreau vorenthalten. Wenn man meinen Assistenten während Ihrer Fahrt hierher gekidnappt hätte, hätte er sie selbst unter Druck nicht identifizieren können. Aus dem gleichen Grund weiß Moreau auch nicht, daß ich mit den Amerikanern in Verbindung stehe…«
    Unter Druck … Lennox schnitt eine Grimasse, als er durch die regennasse Windschutzscheibe starrte. Was für ein Leben der Oberst seit seiner Flucht aus Frankreich führte! In einem... deutschen Bauernhaus eingesperrt, am Tor bewacht von einem... Mann mit Maschinenpistole, jederzeit darauf gefaßt, nachts von Eindringlingen überfallen zu werden, die mit Chloroform - oder einem etwas tödlicheren Stoff kommen könnten. Und morgen würde er, Lennox, selbst die Grenze zu Frankreich überschreiten - nach dem Treffen mit Peter Lanz vom BND.
     Während Alan Lennox durch die Nacht zu einem Saarbrückener Hotel fuhr, war Marc Grelle von dem Empfang in der amerikanischen Botschaft in die Präfektur zurückgekehrt. Er widmete sich sofort den Papierstößen, die sich in seiner Abwesenheit angesammelt hatten. »Es gibt zu viele Schreibmaschinen in Paris«, brummte er, während er Schriftstücke Roger Danchins mit seiner Unterschrift versah und ein Sandwich aß, das ihm aus der nahegelegenen Brasserie gebracht worden war. Er wollte sein Büro gerade verlassen, als das Telefon läutete. 
    »Scheiße!« murmelte er und nahm den Hörer ab. Es war Cassin, einer der Telefonisten im Sonderraum des Sûreté-Hauptquartiers.
     »Von Hugon ist noch eine Meldung gekommen, Herr Präfekt.«
    »Routine?«
    »Nein. Da hat sich etwas entwickelt …«
    Wieder fluchte Grelle in sich hinein. Am liebsten hätte er den Telefonisten gebeten, die Meldung am Telefon durchzugeben, aber das war unmöglich - er hatte selbst strikten Befehl gegeben, daß dies nie geschehen dürfe. Telefone lassen sich anzapfen: Man braucht nichts weiter als einen Fernmeldetechniker, der weiß, wie man einen privaten Anschluß abhört. Elektronische Wanzen sind dabei durchaus nicht nötig; das Anzapfen der richtigen Leitungen genügt. »Ich komme rüber«, sagte Grelle und legte auf.
    Die Rush-hour war bereits vorüber, als er über regennasse Straßen fuhr, die im Schein der Straßenlaternen glänzten. Er bog in die Rue des Saussaies ein, in der die Zentrale der Sûreté einen Teil des riesigen Häuserblocks um das Innenministerium herum einnimmt. Er hielt kurz in der engen Straße, bis ein uniformierter Polizist die weiße Kette heruntergelassen hatte, und fuhr dann durch den Torbogen auf den Innenhof. Der Raum befand sich im vierten Stock. In dem düsteren Treppenhaus begegnete er zu dieser späten Stunde keiner Menschenseele. Er ging einen schwach beleuchteten Korridor hinunter und schloß die Tür mit seinem eigenen Schlüssel auf. Er machte die Tür zu und starrte Cassin an, der diese Nacht Dienst hatte. Der Raum roch nach Knoblauch. Der Telefonist hatte also gerade gegessen. Auf dem Tisch stand ein halbvolles Glas Rotwein, daneben das Tonbandgerät, das mit dem Telefon gekoppelt war. »Nun?« fragte der Präfekt.
    »Hugon hat um 18.45 Uhr angerufen …« Cassin, ein magerer Mann von dreißig Jahren mit einem teigigen Gesicht, las in gelangweiltem Tonfall aus einem Notizbuch ab. »Ich habe die Meldung wie üblich aufgenommen. Sie ist auf Band.«
    »Wie hat er geklungen?« Grelle quetschte sein Hinterteil auf die Tischecke. Er würde gleich hören, was Hugon gesagt hatte, aber eine Bandaufnahme entkleidet die Stimme eines Mannes jeglicher Emotion, glättet sie. Cassin hatte während der Aufnahme zugehört.
    »Ein wenig nervös, aufgeregt - als hätte er nicht viel Zeit und Angst gehabt, gestört zu werden.«
    »Das ist eine präzise Analyse.«
    »Er wird etwas mit der Post schicken - eine Liste mit Namen und Adressen. Er wollte sie nicht telefonisch durchgeben. Sagte, das würde zu lange dauern …«
    »Oder er war einfach nur vorsichtig«, meinte Grelle. »Hat er gesagt, wann er diese Liste abschickt?«
    »Das hat er schon getan. Er rief vom Postamt aus an.«
    »Sie sehen aus, als könnten Sie ein bißchen frische Luft vertragen, Cassin. Kommen Sie in fünfzehn Minuten wieder - ich bleibe hier und höre mir das Band an …«
    Grelle hörte, wie der Telefonist von außen abschloß, dann setzte er sich auf einen Stuhl und zündete sich eine Zigarette an. Der Raum war schalldicht und

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