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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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aus Sternen gezeichneten riesigen Stier tötete. Danach wuchsen die Pflanzen wieder. Also glaubten sie, man müsse Stiere töten, damit es wieder warm wurde.«
    »Offensichtlich«, antwortete ich ein wenig sarkastisch. »Aber sie hielten den Stier im Himmel doch nicht etwa für echt.«
    »O doch, sie hielten ihn für echt«, erwiderte Mom. »Interessant ist auch die Beobachtung« – sie sprach jetzt eher mit sich selbst –, »dass die meisten Kulturen einen Stier zu erkennen glauben, während der Orion für sie einen Jäger mit Pfeil und Bogen darstellt. Aber keins dieser Sternbilder sieht dem echten Vorbild – dem Stier oder dem Jäger – tatsächlich ähnlich. Ich meine, es ist doch eigenartig, dass die Menschen die gleichen Figuren sehen, obwohl die sogenannten Bilder völlig abstrakt sind. Eine Theorie besagt, dass die Geschichten über die Sternbilder und deren Umrisse in Afrika ihren Ursprung nahmen, als alle Menschen noch auf jenem Erdteil lebten. Danach verbreiteten sich die Menschen über die anderen Regionen und nahmen die Geschichten mit. Ehe Schrift und Religion entstanden, blickten die Bewohner der ganzen Welt zum Nachthimmel empor und sahen dort den Stier.«
    Ich lehnte mich auf meinem Plastikstuhl zurück. Eine seltsame Vorstellung, dass die Menschen zu den Sternen aufblickten und daraus Geschichten ablasen, die sie für wahr hielten! Orion, der Jäger, jagt einen Schwan oder einen Adler. Ein Stier wird von der Sonne getötet.
    Könnte ich in der Zeit zurückspringen, widerspräche ich Mom an dieser Stelle. »Also«, würde ich sagen, »ich kenne jemanden aus Afrika, der den Großen Wagen für ein Kamel hält. So ganz scheint deine Theorie also nicht zu stimmen.« Aber ich kann ja nicht zurück.
    »Die Umlaufbahn der Erde verändert sich natürlich«, fuhr Mom fort. »Der Stier ging irgendwann nicht mehr an jener Stelle unter, und die Religionen entwickelten sich weiter.«
    »Die Leute vergessen immer die Sterne«, meinte ich.
    »Nein«, widersprach Mom. »Ganz und gar nicht. Denk nur an die weisen Männer, die Jesus gefunden haben!«
    »Oh, na gut«, sagte ich.
    So verlief also unser Abendessen. Ich erwähne dieses Gespräch, damit Sie einen Eindruck von meiner Mom bekommen und verstehen, wofür sie sich interessiert hat. Noch wichtiger ist aber das, was danach passierte. Wir kehrten Hand in Hand am Strand entlang zurück. Mom trug unsere Flipflops in der Hand. Wir gingen dicht an der Brandung auf dem harten Sand, den das Wasser verdichtet und dunkel gefärbt hatte. Der Mond stand rund und riesig am Himmel und malte einen Weg auf das Meer, als könnten wir über das Wasser irgendwohin laufen.
    Irgendwie dachte ich wohl noch an die Schildkröten, denn als wir an einigen Felsen vorbeikamen, die in der Brandung lagen, erregte etwas meine Aufmerksamkeit – einer der Steine bewegte sich.
    »Mom, die Schildkröten!« Ich deutete in die Richtung.
    Wir blieben stehen.
    »O ja!«
    In der Nähe erhob sich eine teilweise mit Gras bewachsene Düne. Wir liefen hinüber, setzten uns und sahen zu, wie die Schildkröten langsam aus dem weißen Schaum der Wellen auf den Sand krochen. Wir schwiegen die ganze Zeit, obwohl es sicherlich eine Viertelstunde dauerte. Dann verging noch eine weitere halbe Stunde, während sich die Schildkröten über den Strand schleppten. Es waren zwei, jede so groß wie ein Couchtisch, die glatte Spuren hinterließen. Die paddelartigen Extremitäten rutschten über den Sand und schoben die Panzer vorwärts. Mit großen Augen sahen sie sich um, ob Gefahr drohte. Die Mäuler wirkten beinahe so, als lächelten sie.
    Wir kamen uns vor wie Auserwählte. Als hätte man uns ausgesucht, damit wir zusehen durften. Das hatte etwas zu bedeuten. Ich wusste, wie albern dieser Gedanke war, aber ich stellte es mir trotzdem so vor.
    Die Düne als Aussichtsplatz war eine gute Wahl, denn eine Schildkröte kam uns sehr nahe und grub unmittelbar vor uns ihr Loch. Wir hielten die ganze Zeit mehr oder weniger den Atem an. Das Tier brachte sich in Stellung, und dann kamen die glatten weißen Eier aus dem Körper hervor, als führe jemand einen Zaubertrick vor, und fielen ins Loch. Anschließend drehte sich die Schildkröte wieder herum und füllte das Loch mit Sand auf, damit die Eier in Sicherheit waren.
    Endlich kroch sie sehr langsam wieder zum Meer, dicht gefolgt von der zweiten Schildkröte. Wir beobachteten die Tiere, bis sie im Wasser versanken. Die ganze Szene – der Mond, die riesigen

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