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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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Wieder machte er eine Geste, als wolle er sich die Kehle durchschneiden. »Ihr sterbt alle«, sagte er. »Du, dein Vater, deine Mutter. Bald sterbt ihr.«
    Er irrte sich, denn sie war nicht meine Mutter, aber ich klärte den Irrtum nicht auf.
    Als Mohammed fort war, löste sich Farouz aus der Dunkelheit und wurde wieder als Mensch sichtbar. Er kam zu mir.
    »Das ist nicht wahr«, beteuerte er.
    Ich spürte seine Körperwärme dicht vor mir, meine Haut kribbelte.
    »Nein?«
    Er machte »Tststs« und dazu eine komplizierte Geste, die ich in London noch nie bei jemandem gesehen hatte.
    »Wir töten nicht«, versicherte er mir.
    »Als ihr an Bord gekommen seid, hieß es, ihr würdet uns töten. Du hast alles mit deinem Handy gefilmt und eine Botschaft fü r …« Ich beherrschte mich gerade noch rechtzeitig. »… für die Besitzer des Schiffs aufgezeichnet. Ihr habt uns mit dem Tod gedroht, falls eure Forderungen nicht erfüllt werden.«
    »Das war nur Show«, erklärte er. »Außerdem kannte ich dich noch nicht.«
    »Ach so.« Hätte ich ihm nur glauben können!
    »Wir tun euch nichts an«, beteuerte er.
    Ich rückte ein wenig von ihm ab.
    »Und wenn die Firma, der die Jacht gehört, nicht zahlen wil l ? Wenn ihr kein Geld bekomm t ?«
    »Wir bekommen immer Geld.«
    »Und wenn nich t ?«
    »Wir bekommen es immer.«
    Ich seufzte.
    »Und wenn ihr es dieses Mal nicht bekomm t ?«
    Er zögerte.
    Er zögerte sehr lange.
    Mein Gott, dachte ich. Er will die Frage nicht beantworten.
    In diesem Moment feuerte irgendwo hinter uns ein Maschinengewehr. Es klang unglaublich laut in der ruhigen Nacht.
    Als Farouz seine Eltern verloren hatte, waren ebenfalls Schüsse gefallen, aber das erzählte er mir erst später.
    Damals säuberten die Rebellen ein Viertel von Mogadischu. Das war 1991 , Farouz war noch ein kleiner Junge. Es stellte sich heraus, dass er viel älter war, als ich anfangs geglaubt hatte. Nicht nur in diesem Punkt hatte ich ihn falsch eingeschätzt.
    In Mogadischu zogen sich die Kämpfe in den Vororten schon seit Monaten hin und griffen schließlich auf das ruhige Viertel über, in dem seine Familie lebte. Farouz erinnerte sich an die Bäume, die an der Straße standen. In der Ferne war das glitzernde Meer zu erkennen, davor erhob sich ein weißes Minarett.
    Farouz’ Vater war Professor, seine Mutter unterrichtete Englisch an einer Oberschule. Als die Bewaffneten kamen, waren die Eltern völlig unvorbereitet. Mit einer Mischung aus Bewunderung und Enttäuschung erzählte er mir, sein Vater sei tatsächlich zur Tür gegangen und habe versucht, vernünftig mit den Männern zu reden. Er sagte, er sei nur ein Professor, und seine Frau se i …
    Da hätten die Waffen geknallt, ratternd und sehr laut in den Räumen des Hauses. Farouz war damals acht, also war er fünfundzwanzig, als wir uns kennenlernten. Älter, als ich angenommen hatte, aber da war es schon zu spät, weil ich mich schon fast in ihn verliebt hatte. Sein Bruder war zehn. Sie saßen auf der Treppe und beobachteten, wie ihr Vater im Flur rückwärts fiel, zuckte und blutete. Die Mutter rannte kreischend herbei und wollte bei ihm niederknien. Die Soldaten erschossen auch sie. Farouz sagte, er habe gesehen, wie ihr Kopf zerplatzt sei – wie eine Wassermelone mit rotem Fruchtfleisch.
    Dann traf Abdirashid eine Entscheidung, die ihnen das Leben rettete. Er nahm Farouz bei der Hand und zog ihn rasch die Treppe hinauf. Er zögerte keine Sekunde lang, sondern bugsierte ihn in das hintere Zimmer, öffnete das Fenster und hieß seinen kleinen Bruder in die Büsche im Garten hinunterspringen. Dann folgte er selbst. Sie waren beide zerkratzt und hatten Risswunden, die Beine waren verletzt, aber keiner hatte sich etwas gebrochen. Sie rollten sich im Busch ab, rappelten sich auf und rannten weg.
    Die Männer schossen auf sie, verfehlten sie aber in der dunklen Nacht. Farouz und Abdirashid sprangen über den Zaun in den Nachbargarten, dann in den nächsten und erreichten schließlich die Straße. Farouz roch das Blut, das Schießpulver und das Gras, das feuchte Gras, das seine Füße mit Tau benetzte. Sie hielten sich dicht an den Hauswänden, schlichen durch die Vororte der Hauptstadt und wichen den Straßenlaternen aus. Unterwegs begegneten ihnen vorstoßende Rebellentrupps, Panzer und Jeep. Die Regierungskräfte hatten diesen Bezirk bereits aufgegeben. Das erfuhr Farouz jedenfalls später von Abdirashid.
    Sie kamen an Wohnhäusern vorbei, nach einer Weile drangen sie

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