Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
Vom Netzwerk:
Ich fühlte mich wie die Maus im Laufrad. Ich konnte ewig im Kreis rennen, käme aber niemals irgendwo an. Dann loderte die Energie in mir hoch, obwohl ich äußerlich völlig ruhig blieb. Ich war wie ein Schmelzofen, im Boden verschraubt und innerlich voll tosender Flammen.
    Ich muss etwas tun, dachte ich. Mohammed starrte mich lüstern an. Da bemerkte ich den Khat in seinem Mundwinkel. Instinktiv deutete ich darauf.
    »Kann ich mal probieren?«, fragte ich. »Den Kha t ?«
    Mohammed sah mich erstaunt an.
    »Probieren?«
    »Versuchen.«
    »Versuchen?«
    Ich holte tief Luft und tat so, als würde ich kauen. Dabei deutete ich auf seinen Mund und wieder auf mich, um ihm zu zeigen, was ich wollte.
    Er lachte überrascht auf und griff in die Hosentasche, zog einen Stoffbeutel hervor und holte eine kleine Handvoll Blätter heraus, die er mir reichte.
    »Da«, sagte er. »Versuch.«
    Ich stopfte mir die Blätter in den Mund und kaute.
    Oh, verdammt.
    Das Zeug schmeckte schrecklich – es war bitter und brannte am Gaumen und auf der Zunge. Es wirkte auch adstringierend und zog mir den Mund zusammen, als wollten Wangen und Zunge sich zusammenfalten und es einklemmen, damit ich es nicht mehr schmecken musste. Trotzdem lächelte ich Mohammed an.
    »Hm«, sagte ich. »Gut.«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf, aber die schreckliche Spannung zwischen uns war verflogen.
    »Komm«, sagte er. »Nach draußen.«
    Damit zerrte er mich aus meinem Zimmer.
    Auf dem Deck im Licht waren alle Piraten außer Nyesh versammelt. Er war mit dem Boot, das ihn hergebracht hatte, zum Strand zurückgekehrt, in einem Anzug wie ein Pendler, der zur Arbeit und wieder nach Hause fährt.
    Ahmed und ein anderer Pirat hielten eine Ziege fest. Ahmed hatte ein Messer in der Hand. Mohammed wandte sich grinsend an mich und zwinkerte mir zu.
    »Sie werden die Ziege töten«, verkündete die Stiefmutter.
    Die Ziege, dachte ich. Die verdammte Ziege. Es ist nur die Ziege. Anscheinend waren die Konserven zur Neige gegangen, und die Piraten griffen auf den lebenden Proviant zurück.
    Während die Männer ihre Vorbereitungen trafen, spuckte ich mehrmals den Khat aus.
    Sie erledigten es auf der Tauchplattform, damit sie das Blut anschließend ins Meer spülen konnten. Zwei Männer drehten das Tier auf den Kopf und hielten es an den Beinen fest. Die Armmuskeln traten hervor und zitterten.
    Ahmed hatte ein großes Messer. Es glänzte wie neu und stammte vermutlich aus der Kombüse. Ich nahm an, er wollte die Ziege selbst töten, aber dann ging er zu Farouz hinüber und überließ ihm das Messer. Farouz nickte. Er trat zur Ziege, die seltsam ruhig zwischen den Männern hing, kniete nieder und flüsterte etwas.
    Ich beobachtete ihn genau. Es war Farouz, dieser sanfte Mann, der mir Geschichten erzählt hatte. Jetzt kniete er mit einem Messer vor der Ziege. Er stach dem Tier die Klinge in den Hals und machte eine genau bemessene Bewegung, als säge er etwas ab. Auch in seinem Arm spannten sich die Muskeln, und die Adern traten hervor.
    Das Blut sprudelte aus dem Hals.
    Die Stiefmutter kreischte, das Tier gab überhaupt keinen Laut von sich. Es zuckte nur, die Augen traten hervor, es rang nach Luft. Jedes Mal, wenn ich dachte, nun dürfte aber kein Blut mehr in dem Körper sein, schwoll der rote Strahl wieder an, und das Blut sammelte sich vor Ahmeds Füßen auf dem Boden, lief in die Ritzen zwischen den Brettern wie das Blut des Piraten, der erschossen worden war. Ich hörte das Platschen, als es aus dem Hals der Ziege hervorsprudelte.
    So viel Blut. Ich konnte es auch riechen, es war ein metallischer Geruch, der einem bekannt vorkommt, obwohl die meisten Menschen niemals so große Mengen Blut sehen. Als hätten sich alle Kriege und Kämpfe, die geschlachteten Tiere der ganzen Menschheitsgeschichte in eine kollektive Erinnerung eingegraben. Als wüssten wir alle ganz genau, wie der Tod riecht. Ebenso instinktiv, wie wir die Augen schließen, wenn etwas hineinzufliegen droht.
    Farouz hat die Ziege getötet, dachte ich. Ahmed hat ihn dazu aufgefordert, und er hat es getan.
    Würde er mich auf die gleiche Weise töten? Mir einfach die Kehle durchschneiden und seine Arme, die Sehnen, die Knochen einsetzen, sich anstrengen und meinem Leben ein Ende bereiten?
    Schließlich rührte sich die Ziege nicht mehr. Mir war nicht übel, aber ich fühlte mich benommen, so als schaukele die Jacht stärker als gewöhnlich. Das lag wohl teilweise an den Nachwirkungen des Khat. Ich

Weitere Kostenlose Bücher