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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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verspürte eine unangenehme Erregung, als hätte ich zu viel Kaffee getrunken.
    Die Sonne stand als weiß glühende Kugel bleich und lodernd am Himmel. Es war bestimmt siebzig Grad heiß. Wie immer war die Sonne nur ein greller Punkt, aber das Licht schien von überall her zu kommen und die Welt einzuebnen. Es gab keinen Schatten und keine räumliche Tiefe. Alles – das Beiboot, das Rettungsboot, die Tauchausrüstung und die Ziege, die Ahmed gerade ausnahm, nachdem er uns mit einer Geste nach drinnen geschickt hatte –, alles war flach, blutleer, farblos.
    »Alles klar, Amybärchen?« Dad führte mich am Arm. »Komm, wir gehen wieder hinein!«
    Ich stolperte mit ihm in den Schatten. Im Flur kehrte auf einmal die Farbe zurück – die Gemälde an den Wänden, der Feuerlöscher –, und die Welt hatte wieder drei Dimensionen.
    »Das esse ich nicht«, erklärte die Stiefmutter.
    »Wollen wir wetten?«, fragte Dad.
    Ich konnte mir den Film nicht zu Ende ansehen. Etwas später riefen sie uns wieder auf das Deck hinaus. Das Blut hatten sie inzwischen aufgewischt, deshalb war nicht mehr zu erkennen, dass dort eine Ziege gestorben war. Allerding s … ich atmete tief durch. Der Kopf der Ziege lag noch dort an der Seite und starrte zu den Abendsternen hinauf. Der Hals war unordentlich vom Körper abgetrennt, der weiße Stab der Wirbelsäule ragte heraus.
    Die Piraten lachten, als ich den Kopf anstarrte. Sie hatten einen gasbetriebenen Ofen, auf dem ein riesiger zerkratzter Metalltopf stand. Einer der Männer, ich glaube, er hieß Yusuf, rührte mit einem großen Löffel um.
    Ahmed winkte uns, näher zu ihm zu kommen. Neben ihm stapelten sich Schalen, die er Yusuf hinschob, damit dieser sie füllen konnte. Yusuf schöpfte den Eintopf in die Schalen und gab sie den anderen Piraten. Farouz war der Letzte – vermutlich weil er der Jüngste war. Sie reichten die Schalen durch, bis jeder Pirat eine in Händen hielt.
    Dann bemerkte ich, dass keine Schalen mehr da waren. Anscheinend sollten wir nichts zu essen bekommen. Wir, die Geiseln, meine ich. Vielleicht wurde die Stiefmutter doch noch verschont. Vielleicht wurde ihr Wunsch erfüllt, und sie durfte verhungern.
    Ahmed nahm mit den Fingern ein Stück Fleisch aus der Schale und aß es. Der Saft lief ihm über das Kinn.
    »Wir sind der Löwe!«, erklärte er. »Wir essen alles.«
    Dad und die Stiefmutter sahen ihn verständnislos an. Ich selbst wahrscheinlich auch.
    »Der Löwe!«, wiederholte er. »Wir sind der Löwe. Was sagen Sie dazu?«
    Dad richtete sich auf, als wolle er sich über einen frechen Kellner beschweren.
    »Das verstehen wir nicht«, antwortete er langsam.
    Ahmed sah ihn finster an und spuckte auf die Holzplanken aus. Er winkte Farouz und sagte etwas in seiner eigenen Sprache. Farouz nickte.
    »Ahmed sagt, wir nehmen uns den Löwenanteil«, erklärte er.
    »Also bekommt ihr mehr als wir? Geht es darum?«, fragte Dad. Er schien genervt, und ich hoffte, dass er sich zu keiner Dummheit hinreißen ließ. Er war so sehr daran gewöhnt, immer seinen Willen durchzusetzen.
    »Nein«, antwortete Farouz. »Wir nehmen uns alles. Die ganze Ziege. Das ist der Löwenanteil.«
    »Was?«, fragte die Stiefmutter und hatte anscheinend völlig vergessen, dass sie kein Ziegenfleisch mochte. Der Sinneswandel war aber verständlich, denn es roch wirklich gut. Wie ein Currygericht, nur anders.
    Ahmed machte eine gereizte Bemerkung.
    Farouz hob beschwichtigend die Hände.
    »Ahmed will, dass ich es erkläre«, begann er. »Es gibt bei uns eine Geschichte über die Tiere im Dschungel. Sie hatten eine Gazelle getötet, und alle hatten sich versammelt, um die Beute zu teilen. Der Löwe ist der König der Tiere, deshalb bat er die Hyäne, die Gazelle gerecht zu zerlegen. Die Hyäne sagte, wir geben die Hälfte dem Löwen und teilen den Rest unter uns auf.«
    »Entschuldigung, aber können wir uns setzen?«, unterbrach Dad Farouz’ Erzählung.
    Alle Piraten aßen, nur wir standen da und hörten zu.
    »Nummer Eins, Mund halten«, befahl Ahmed. »Farouz zuhören.«
    »Der Löwe streckte die große Pranke aus«, fuhr Farouz fort, »schlug der Hyäne auf den Kopf und riss ihr den Unterkiefer ab. Die Hyäne schlich heulend davon. Der Löwe wandte sich an den Fuchs. › Teil du die Gazelle auf! ‹ , befahl er. Der Fuchs überlegte kurz, denn er war kein Dummkopf. › Wir teilen die Gazelle in zwei Teile ‹ , schlug er vor. › Eine Hälfte bekommt der Löwe, und die zweite Hälfte bekommt

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