Nummer Drei: Thriller (German Edition)
nicht meinen eigenen.
Ahmed sagte etwas auf Somali.
»Mohammed stirbt als Verräter«, übersetzte Farouz. »Ein Verbrecher. Seine Familie bekommt nichts.«
»Oh. Ja, gut«, sagte Dad. Er wandte sich an Ahmed. »Aber was ist mit meiner Tochter? Ihre Männer sollen uns doch beschützen, das haben Sie selbst gesagt. Wir sind wertvoll. Wertvoller als die Jacht.«
Als Farouz übersetzt hatte, machte Ahmed wieder die Geste, als wolle er beten.
»Es tut mir leid«, sagte er.
»Ihnen ist doch hoffentlich kla r …« Dad zwang Ahmed lächelnd in seinen Kreis, den er zu beherrschen verstand. In diesem Moment war er wirklich ein Pirat, und ich erkannte, dass er schon immer ein Pirat gewesen war. Deshalb war er als Banker so erfolgreich gewesen. »Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass Sie jetzt keinesfalls zehn Millionen fordern können.«
32 Aus irgendeinem Grund war Dad wütend auf mich. Aber anscheinend glaubte er mir, ich sei hinausgegangen und hätte eine Zigarette geraucht. Oder er fand es bequem, die Geschichte für wahr zu halten. Die Stiefmutter wollte mit mir über den Vorfall reden. Dad hatte sie sicher dazu angestiftet, denn er fasste mich immer noch mit Samthandschuhen an. Es war furchtbar anstrengend. Sie redete darüber, wie ich mich als Frau fühlte und so weiter.
Ich wusste nicht, wie ich mich als Frau fühlte.
Ich wusste nicht einmal, ob es einen Namen für meine Empfindungen gab. Ich hatte Angst vor Mohammed, aber das traf es auch nicht genau, weil er ja tot war. Eher fürchtete ich mich wohl davor, was hätte geschehen können. Zugleich sah ich vor dem inneren Auge die rote Explosion seines Kopfs, aus dem das Gehirn hervorspritzte, und den verdrehten, reglosen Körper am Boden. Ich stand unter Schock, aber es war ein komplizierter Schock.
Bald danach riefen Nyesh und Ahmed uns ins Esszimmer, um über das Geld zu reden. Dad, Tony und Damian standen auf und folgten ihnen. Ich blickte zu Felipe hinüber, der still in einer Ecke saß.
»Nehmt Felipe mit!«, verlangte ich.
»Wie bitte?« Damian wandte sich um.
»Felipe. Er sollte mitkommen.«
»Aber er is t …«
»Er ist ein Passagier auf dieser Jacht«, fiel ich ihm ins Wort. »Er hat das Recht, an den Verhandlungen beteiligt zu werden.«
»Hör auf, Amy!«, widersprach Tony. »Er ist der Koch.«
»Ja«, bestätigte ich. »Wenn er hierbleibt, begreifen die Piraten, dass er der Koch ist. Sicher haben sie schon gründlich darüber nachgedacht, wer entbehrlich ist und wen sie als Ersten erschießen können.«
Tony hielt inne.
»Amy«, meinte Felipe, »das ist doch nich t …«
Ich winkte ab.
»Denk darüber nach!«, forderte ich Tony auf. »Sie wussten nicht, dass Dad die Jacht gehört. Sie machen sich vielleicht Sorgen, was sonst noch alles schieflaufen könnte. Es schadet nichts, sie zu verunsichern.«
»Amy hat recht«, stimmte Dad zu. »Die Piraten sollen ruhig denken, dass er ein wichtiger Ratgeber für mich ist.«
»Nun«, gab Damian zu bedenken, »sie haben aber auch die Passagierliste.«
»Richtig«, antwortete Dad. »Na gut. Sie wissen, dass er der Koch ist. Aber er soll trotzdem mitkommen. Es geht auch um sein Leben.«
Ich fing Dads Blick ein und nickte ihm dankbar zu.
Damian winkte Felipe, ihnen zu folgen.
»Kommst du auch mit, Amy?«, fragte Damian.
»Nein. Die Geldgeschäfte überlasse ich lieber euch großen Männern.«
Ich weiß selbst nicht, warum ich so verbittert antwortete. Wahrscheinlich war ich immer noch wütend, weil er mir wegen Farouz Vorhaltungen gemacht hatte.
»Na gut«, antwortete er. Dann gingen sie.
Eine Stunde später kehrten sie zurück.
»Fünf Millionen«, berichtete Dad. »Und wir können es bald regeln. Vielleicht schon morgen.«
Wider Willen war ich beeindruckt. Nur noch die Hälfte. Damit standen wir wieder dort, wo alles begonnen hatte.
»Es war schwierig«, berichtete Tony. »Ahmed wollte einwenden, der Vorfall mit Mohammed dürfe sich nicht auf das Lösegeld auswirken. Er meinte, es zeige nur, in welcher Gefahr wir schweben, und das sei eher ein Grund, möglichst schnell zu zahlen.«
»Ja«, ergänzte Dad. »Aber dann wies Felipe sie darauf hin, dass die Royal Navy gnadenlos zugeschlagen hätte, wenn Mohamme d … wenn er dir etwas angetan hätte, Amy. Deshalb seien sie mit fünf Millionen noch gut bedient. Das brachte sie zum Schweigen.«
Ich wechselte einen Blick mit Felipe und lächelte.
Vielleicht nur noch ein Tag. Ein seltsames Gefühl. Ich glaube, wir spürten es alle – als
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