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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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unsere Deckgeschichte erfand.
    Das war es auch schon, mehr Zeit blieb uns nicht für die Vorbereitung, weil Ahmed erschien. Seine Miene zeigte – was war es eigentlich? Angs t ? Wu t ? Jedenfalls überblickte er die Szene, warf einen kurzen Blick auf Mohammed, dessen Kopf einen blutigen Heiligenschein hatte, dann zu der Sonnenliege hinüber, auf die einige Brocken Gehirn gespritzt waren. Dann zu mir – ich hatte die Arme um mich geschlungen, um das zerfetzte Top und mich selbst zusammenzuhalten und mich zu bedecken. Schließlich zu Farouz, der mit der Waffe in der Hand auf dem Deck stand.
    »Hat e r …«, setzte Ahmed an.
    »Nein«, antwortete Farouz. »Ich bin rechtzeitig gekommen.« Er fügte etwas auf Somali hinzu.
    Ahmed nickte. Ich weiß bis heute nicht, ob er es wirklich glaubte. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Aber was sollte er schon tun? Insgeheim freute er sich wahrscheinlich über diese Entwicklung, denn ich hatte beobachtet, wie er hinter Mohammeds Rücken die Augen verdreht hatte. Einflussreiche Leute hatten Ahmed diesen Mann aufs Auge gedrückt, so viel war klar. Er näherte sich mir.
    »Alles klar?«
    »Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Ich meine, hat e r … wehgetan?«
    »Nein.«
    »Gut, gut. Du wertvoll«, sagte Ahmeds Mund. »Wir nicht wollen wehtun.«
    Ahmeds Augen sagten dagegen rein gar nichts.
    »Nein, nein, er hat mir nicht wehgetan.«
    Ahmed nickte bedächtig.
    »Du sprichst nicht mehr mit Farouz. Nie mehr allein. Verstanden?«
    Etwas packte mich an der Kehle. Etwas, das lange, dünne Finger hatte.
    »Ja«, sagte ich leise.
    Mit hochgezogenen Augenbrauen wandte Ahmed sich an Farouz.
    »Ja, gut«, sagte Farouz.
    Drinnen hörte ich Rufe – anscheinend hinderten die Wächter die anderen Passagiere daran, nach draußen zu kommen. Dad, dachte ich. Verdammt. Dad.
    Ahmed sah mir in die Augen.
    »Dein Vate r …«, begann er.
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Mohammed hat mich gepackt und auf die Sonnenliege geworfen. Dann hat Farouz ihn erschossen. Farouz hat mich nicht angerührt. Mohammed hat mir die Kleider zerrissen.«
    Farouz übersetzte für alle Fälle, aber Ahmed brauchte keine Übersetzung. Er legte nur die Hände zusammen wie im Gebet.
    »Danke«, sagte er.
    Es klang so, als sei etwas Wichtiges geschehen.
    Als hätten wir eine Abmachung.
    Dann stürzte Dad auf das Deck heraus, umarmte mich und nahm mich in Augenschein. Vielleicht waren noch andere dabei, möglicherweise die Stiefmutter. Ich weiß es nicht.
    Erst dann bemerkte Dad das Zeug in meinem Gesicht und den Mann, der auf den Brettern lag. Das Blut lief in die Ritzen, genau wie bei der Ziege.
    »Was ist passier t ?«, fragte er.
    »Ich bin nach draußen gegangen«, erklärte ich.
    »Warum?«
    »Um eine Zigarette zu rauchen.« Einen Moment lang hatte ich Schuldgefühle und erzählte ihm etwas, das er nicht guthieß. Aber das war immer noch viel, viel besser als die Wahrheit, die ihn womöglich umgebracht hätte. Mir wurde fast übel, als ich meinen Vater ansah, das graue Haar und die Krähenfüße, während ich zugleich das Bild des toten Mohammed nicht abschütteln konnte.
    »O mein Gott, Amy!«, stöhnte er. »Und dann?«
    »Mohammed hat versucht, mic h …«
    »Mohammed?«
    »Der Mann, der mir die Uhr weggenommen hat.«
    »Oh, richtig. Mein Gott, Amy, un d … hat e r …«
    »Nein. Farouz hat ihn rechtzeitig aufgehalten.«
    »Er hat ihn erschossen«, raunte Dad.
    »J…ja.«
    Nun wandte Dad sich an Farouz.
    Kennen Sie das, wenn in einem Film irgendwo Räuber eindringen und die Überwachungskameras in eine Schleife schalten, damit sie ungesehen durch einen Flur laufen können? Die Wächter bemerken es aber doch, weil es einen kleinen Fehler gibt, sagen wir mal, eine Empfangsdame, die ständig aufsteht und sich wieder setzt. So sah Dad aus. Eine Version von ihm stand wütend und unbewegt da, die andere trat auf Farouz zu.
    Dann tat er einen weiteren Schritt und schüttelte Farouz die Hand.
    Farouz schlug überrascht die Augen nieder.
    »Danke«, sagte Dad.
    »Ä h … gern geschehen.«
    Ich achtete kaum auf den Wortwechsel, sondern betrachtete meine Hände. Bisher hatte mich wohl die nackte Angst angetrieben und die Welt zu einem Tunnel verengt. Jetzt stellte ich überrascht fest, dass meine Hände zitterten. Ich meine, sie zitterten wirklich heftig wie bei unglaublicher Kälte, zwanghaft und unwillkürlich. Ich starrte sie an, als würden sie einem anderen Mädchen gehören und dessen Nervenimpulsen gehorchen, aber

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