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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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hast getan, was du konntest. Außerdem sind wir schon so gut wie zu Hause.«
    »Ja«, stimmte ich zu. Wahrscheinlich hörte sie an meinem Tonfall, dass ich dem Frieden nicht traute. Sie machte ein besorgtes Gesicht, aber ehe sie mir Fragen stellen konnte, ging ich an ihr vorbei und legte mich auf mein Bett aus Kissen, das ich mir auf dem Boden eingerichtet hatte.
    Kennen Sie das, wenn die Welt irgendwie auf das zusammenschrumpft, was Sie gerade vor Augen haben? Für mich war es in dieser Nacht die flackernde Halogenlampe in der Decke. Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte sie die ganze Zeit an. Schlafen konnte ich nicht. Wenn man auf diese Weise wartet, kann man nicht mehr sagen, dass es sehr lange dauert. In gewisser Weise dauert es eine Ewigkeit. Irgendwo in mir ist immer noch ein Teil, der die flackernde Lampe anstarrt. Fast könnte ich glauben, der Rest meines Lebens sei nur ein Traum, der mit einem Lidschlag vorbei ist, weil ich immer noch nichts anderes als diese Lampe anstarre. Es ist schwer zu erklären.
    Jedenfalls dachte ich, während ich das Licht ansah, unentwegt an Farouz. War ich in ihn verlieb t ? Ich war nicht sicher. Ich wusste nicht, ob es möglich war, sich in einen Mann zu verlieben, der einen als Geisel genommen hatte. Andererseits war es vermutlich sogar sehr leicht möglich, sich in einen Geiselnehmer zu verlieben. Man gewöhnte sich daran, ihm nach dem Mund zu reden, weil er einen dann leben ließ. Man gewöhnte sich daran, zuvorkommend zu sein, man dachte immer darüber nach, was er wohl denken mochte, was in ihm vorging, und vergaß sich selbst.
    Aus einem gewissen Blickwinkel sieht das sehr nach Liebe aus.
    Die Vorstellung, die Jacht zu verlassen und ihn nie wiederzusehen, gefiel mir nicht.
    Auf einmal wurde mir klar, dass ich mit ihm reden wollte.
    Ich wollte ihn sehen und mich verabschieden.
    Aber ich konnte nicht. Mein Dad hätte es nicht erlaubt, und außerdem hatte auch Ahmed etwas dagegen. Ich lag dort und fühlte mich wie ein Spielzeug mit einem Uhrwerk. Voll aufgezogen, aber am Boden gehalten, damit ich mich nicht rühren konnte.
    Dann fiel mir etwas ein.
    »Dad«, sagte ich, »bist du wach?«
    »Ja.«
    »Kommst du mit mir in mein Zimmer?«
    »Was? Warum?«
    »Ich will in mein Zimmer, aber du machst dir doch bestimmt Sorgen, wenn ich allein gehe. Deshalb solltest du mitkommen.«
    »Warum willst du um diese Zeit in dein Zimmer?«, fragte er.
    »Du wirst schon sehen.«
    »Was ist mit den Wächtern?«
    »Denen ist es egal. Es ist die letzte Nacht. Außerdem habe ich was bei ihnen gut.«
    »Das ist wahr«, stimmte Dad mir zu.
    Und richtig, als wir die Tür des Kinos öffneten, stand Ahmed draußen. Als wir sagten, wir wollten etwas aus meinem Zimmer holen, winkte er uns anstandslos weiter.
    In meiner Kabine setzte Dad sich auf das Bett, während ich zum Schrank ging. Ich zog den Mulberry-Koffer auf den Rollen hervor, öffnete den Reißverschluss und nahm meine Kleidung heraus.
    Dann hielt ich den Geigenkasten hoch.
    »Können wir nach draußen gehen?«, fragte ich Dad.
    Er suchte meinen Blick.
    »Na gut, Amybärchen.«
    Draußen war es kühl. Instinktiv führte ich Dad zum hinteren Deck. Ich wollte nicht Mohammeds unsichtbaren Leichnam sehen, der auf dem vorderen Deck lag. Vielleicht geht es genau darum, wenn man über Geister spricht. Mohammed war nicht mehr da, sein Blut und sein Gehirn waren abgewaschen, aber wenn ich auf die Holzplanken trat, sah ich es immer noch.
    Der Himmel war voller Sterne. Ich erkannte das Kamel, die Plejaden und das staubige Band der Milchstraße.
    Die Sonnenliege, auf die ich mich setzte, war feucht. Der Tau durchdrang meine Hose.
    Ich nahm die Geige aus dem Koffer und berührte das glatte Holz. Es war warm, beinahe lebendig. Natürlich ist es ungeheuer dumm, so etwas über ein Musikinstrument zu denken, aber mir kam dieser Gedanke nun einmal. Der Bogen sprang mir fast von selbst in die Hand und wollte gehalten werden. Ich überwand mich, nahm das Kolophonium und rieb die Bogenhaare ein, weil ich so lange nicht mehr gespielt hatte.
    Dann legte ich ganz sacht den Bogen auf die Saiten. Ein Ton wollte heraus – ich hörte ihn schon fast –, aber ich musste den Bogen bewegen, um ihn zu befreien. Wollte ich das wirklich?
    Ich zögerte.
    Dann führte ich langsam den Bogen hin und her, ließ mir bei jedem Ton Zeit, überprüfte die Stimmung und stellte die Wirbel nach. Die Wärme und die feuchte Seeluft hatten dem Instrument gutgetan, und es war noch

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