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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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meine Mutter so sehr geliebt hatte. »Was suchst du hier, Charlie? Ich habe mich bereits verabschiedet.«
    »Ich habe dich vermisst, mein Schatz. Und ich wollte gerne einen kleinen Ausflug aufs Land machen.«
    Ich atmete hörbar aus. »Ich dachte, Dubai wäre eher dein Ding?«
    »Ja, ist es auch. Das ist mir hier dann doch ein wenig zu provinziell. Wenn ich nur an all die Vorhänge denke, die sich zur Seite schoben, sobald ich hier einlief. All die Leute, die ganz genau wussten, wer du bist, wenn ich sie nach dem Weg fragte. Weil wir gerade dabei sind …« Er stand auf und streckte sich. »Lass mich dich einladen. Es ist hier im Westen vielleicht ein bisschen sehr ländlich, aber ich glaube, im Pub standen Steak und Guinness Pie auf der Tageskarte. Ich bin am Verhungern. Den Alfa auf der Autobahn hier hochzujagen hat mir Appetit gemacht.«
    Einen Augenblick lang sah ich ihn wie verdattert an. »Dann bist du also nicht hier, um mich umzubringen?«
    »Nein, Liebes. Wohl nicht.« Er musterte seine vollkommen geformten Nägel. »Wenn überhaupt«, meinte er, »bin ich eher hier, um mich zu entschuldigen.«
    »Aber hallo«, meinte ich und pfiff nach Digby. »Es geschehen also noch Zeichen und Wunder.«
     
    Das Feuer tanzte lustig um den Rost, als der überaus joviale Charlie an der Bar für uns beide bestellte. Dabei diskutierte er mit dem melancholischen Pächter über den besten Rotwein, den dieser zu bieten hatte, als kehrte er jeden Tag hier ein. Mittlerweile war meine Lust auf eine Zigarette so stark geworden, dass ich ungeduldig mit dem Fuß gegen die Bank tippte. Ich wartete auf eine Erklärung.
    Charlie brauchte eine halbe Stunde, um zur Sache zu kommen. Es ging um ein neues Büro in Los Angeles, an dessen Leitung ich vielleicht interessiert sein könnte. Ich sagte nicht viel, sondern kaute an meiner Hühnerpastete herum. Ich aß jeden Krümel auf, so hungrig war ich. Und dann kam es:
    »Es tut mir leid, Maggie. Ich habe die ganze Angelegenheit wirklich schlecht gehandhabt.«
    Vor Schreck sprang mir die letzte Erbse von der Gabel und rollte auf den Teller. »Welche Angelegenheit?«, murmelte ich zerstreut, weil ich die Erbse auf meine Gabel spießen wollte. »Die Preisverleihung?«
    »Eigentlich alles.« Charlie faltete seine Serviette zusammen und legte sie auf den Tisch.
    Ich wartete.
    »Die Sache mit Sam, dein Unfall, dein … dein Zusammenbruch. Ich hätte merken sollen, dass du Hilfe brauchst«, sagte er schließlich. Dann schenkte er sich nach. »Das warst einfach nicht du.«
    »Was war nicht ich?«
    »Die ganze Geschichte mit Alex und Sam. Die Drogen, der Alkohol. Dein Absturz. Ich hätte etwas mehr …«
    »Verständnis zeigen sollen?«, beendete ich seinen Satz.
    Er lachte. »Liebes, Verständnis ist nun nicht gerade mein Fachgebiet. Nein, ich würde eher sagen: ›Toleranz‹. Weißt du, manchmal verbeiße ich mich zu sehr in …« Wieder hielt er inne.
    »In was?«
    »In meinen Ehrgeiz. Meine Frustration. Ich konnte das von dir einfach nicht glauben, Maggie. Ich war schockiert, wie tief es mit dir abwärtsgegangen war.« Einen Augenblick lang sah er mich an, und ich hatte das Gefühl, einen Hauch von Bedauern in seinen Augen zu lesen. »Ich hatte von dir Großes erwartet. Und ich wollte einfach, dass du wieder auf die Beine kommst.«
    »Ich hatte eher das Gefühl, du wolltest mich auf Knien haben.«
    »Nun, das natürlich auch.« Er grinste, und ich dachte mit einem Schaudern an jene Nacht in seiner Wohnung. »Das wäre natürlich schön gewesen. Du bist ein ausgesprochen attraktives Mädchen …«
    »Verpiss dich, Charlie.« Ich wäre fast an meinem Cider erstickt. »Verzieh dich, solange du es noch mit Anstand kannst. Warum haust du nicht endlich ab?«
    »Sieh mal«, meinte er und goss sich noch ein wenig Claret nach, »Reue ist auch nicht gerade mein Ressort, Maggie. Aber«, er konzentrierte sich auf die dunkelrote Flüssigkeit in seinem Glas, »es tut mir leid, wie ich das Ganze gehandhabt habe. Lyons saß mir im Nacken. Und ich hatte eine Höllenangst, dass Crosswell mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit gehen würde. Ich wollte mich reinwaschen.« Dann sah er mir direkt in die Augen. »Ich hätte merken sollen, dass die Trauma-Talkshow zu viel für dich war. Und ich hätte dir sagen sollen, dass ich Fay eingeladen hatte.«
    »Ja, das hättest du.«
    Er zuckte elegant mit den Schultern. Das Licht des Feuers fing sich in seinem goldenen Siegelring. »Nächstes Mal, Miss Warren, werde ich es

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