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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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bevor ich noch protestieren konnte. Ich griff zum Weinbrand für den Zuckerguss und nahm einen winzigen Schluck. Dann legte ich mit einem Anflug von Erleichterung die immer noch blütenweiße Küchenschürze weg.
    Es war schon dunkel, als der Wagen in der Greek Street ankam. Ich quälte mich aus dem Sitz und stand vor dem Soho House. Ein Fahrradkurier in eng anliegendem Dress klingelte neben mir, um ein kleines Mädchen zu verscheuchen, das halb angezogen über die Straße lief. Vor dem Schaufenster des Nebengebäudes stand ein Mann, der in seinem weißen Pelz wie eine Frau aussah und sich die kirschroten Lippen nachzog. Während ich die Quittung für die Fahrt unterzeichnete, fiel eine der Krücken scheppernd zu Boden. Der Typ bückte sich, um sie für mich aufzuheben. Als ich die Hand ausstreckte, um sie dankend entgegenzunehmen, hielt ein großer silberfarbener Geländewagen hinter ihm. Für einen winzigen Augenblick machte der helle Schein der Neonreklame die getönten Scheiben durchsichtig. Ein bleiches Gesicht wandte sich ab, nur ein Schemen.
    Alex. Ich glaubte, Alex zu erkennen.
    Unmerklich begann ich zu schwanken. Der Mann im Pelz presste mir noch die Krücke in die Hand, aber es war zu spät. Ich hatte das Gleichgewicht verloren. Mein Fuß schlug so hart gegen die Bordsteinkante, dass es mir Tränen in die Augen trieb. Doch bevor ich stürzte, fing der Mann mich auf. Er roch nach etwas, das mir vage bekannt vorkam, etwas, das mich an meine Mutter erinnerte. Chanel. Einen Augenblick lang ließ ich mich gegen die Brust dieses fremden Mannes sinken. Zum ersten Mal, seit mein Vater mich im Krankenhaus vorsichtig umarmt hatte, schlossen sich die Arme eines Mannes um mich, und ich genoss seine Wärme. Dann war ich wieder bei mir.
    »Danke.« Verlegen rappelte ich mich auf. Er aber zwinkerte mir fröhlich unter seinen langen Wimpern zu. »Keine Ursache, Schätzchen.«
    Als ich Charlie endlich entdeckt hatte - in dem Raum, den man »die Bibliothek« nennt, obwohl man dort keine Bücher findet, sondern nur ein paar sehr betrunkene Schauspieler, die versuchen, die Weinkarte zu lesen -, war ich ziemlich aufgelöst. Bei jedem Schritt mit den Krücken schien Alex’ Schatten neben mir zu gehen. So war ich regelrecht glücklich, den »realen« Charlie zu sehen. Er thronte wie ein König in einem großen Ledersessel, obwohl er eigentlich wenig Majestätisches an sich hatte. Er hatte die Lider gesenkt, um seine Augen vor dem Rauch der unvermeidlichen Zigarre zu schützen, während er in der letzten Ausgabe von Broadcast blätterte. Doch seine übermäßige Bräune verriet ihn. Es war nicht die richtige Art von Klasse, die er ausstrahlte.
    »Supersache, findest du nicht, Liebes?« Er schlug die Zeitung auf und zeigte mir das Foto von ihm und Renee, wie sie einander innig lächelnd anstarrten.
    »Das Double-decker-Superpaar feiert den Wiederaufstieg in die erste Liga der Einschaltquoten«, hieß es in der Schlagzeile.
    »Es wäre sicher witzig, wenn sie herausbekämen, dass sie in Wirklichkeit Enid heißt!«, meinte ich im Plauderton, während ich nach dem Glas Edelchampagner griff, das Charlie mir eben eingeschenkt hatte.
    Stirnrunzelnd sah er mich an: »Findest du?«
    Ich gab seinen Blick zurück. »Ja, finde ich.« Noch immer ging mir Alex’ Bild durch den Kopf. Ich musste mich konzentrieren. »Also, was feiern wir?«
    »Das ist doch klar, Süße, oder nicht?« Charlie schien heute wirklich besonders gebräunt. Vermutlich war er in Saint Tropez gewesen, um seinen Teint aufzufrischen. »Wann können wir dich denn nun zurückerwarten?«
    »Bald.« Ich nahm einen so großen Schluck Champagner, dass mir die prickelnden Bläschen in die Nase stiegen.
    »Fantastisch.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, sein Siegelring fing das Licht ein. »Wie bald? Es sind jetzt fast fünf Monate, meine Liebe.«
    Jetzt setzte die Wirkung des Champagners ein. Einen Augenblick lang vergaß ich Alex. Ich lächelte: »So bald wie möglich. Das weißt du doch.«
    »Frühzeitig genug für das da?« Er warf mir einen Ordner in den Schoß. Du hast mir wehgetan: Jetzt ist Schluss, lautete die Titelzeile.
    »Was ist das?«
    »Eine super Idee, Schätzchen. Sie wird dir gefallen. Das könnte dein furioser Wiedereinstieg ins Geschäft sein.« Er zündete die erloschene Zigarre wieder an. »Letztlich ist es ein bisschen das Gegenteil all der Willst-du-mich-heiraten-Shows. Bei uns wird der Partner live abserviert.«
    Ich starrte ihn an. »Das meinst du

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