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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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spiele er die Hauptrolle in Der Pate . Er war ein verdammtes Arschloch, auch wenn er noch so charmant tat.
    »Sobald wir das Casting hinter uns haben, sitzt du wieder an deinem Schreibtisch, okay, Liebes?« Das war keine Frage. Charlie hob seinen perfekt manikürten Zeigefinger und strich mir damit über die Wange. »Weißt du, Maggie, ich brauche dich einfach. Du fehlst mir. Du bist die Beste, trotz deines Aussetzers. Aber das hier ist möglicherweise deine letzte Chance, Schätzchen. Crosswell würde das im Nu hinbekommen. Du erinnerst dich doch an Sam, oder? Ich sehe dich also bald im Büro.«
    Als ich mich nach draußen geschleppt hatte, begannen meine Augen unwillkürlich, nach Alex zu suchen. Aber da waren nur ein paar verfrühte Nachtschwärmer, gestylte schwule Jungs und ein paar Theaterbesucher. Mein Gespenst war verschwunden.
     

Kapitel 6
    Am Tag, nachdem mein Gips abgenommen wurde, heirateten Bel und Johnno. Ich hatte Bel noch nie so lebendig erlebt, als sie da lächelnd auf den Stufen des Standesamtes in der Kings Road stand und sich unter einem großen, scharlachroten Schirm an Johnno drängte, als wolle sie ihn nie wieder loslassen. Ein weißer Samtkragen rahmte ihr Koboldgesicht mit dem blonden Igelhaar ein, eine echte Winterbraut. Und Johnno war so stolz, wie er da stand, klein und stämmig, um einiges kräftiger als das Vögelchen Bel. Hannah stand in strahlendes Weiß gehüllt daneben. Ihre Schuhe glänzten. Strahlend hielt sie Mamas Hand - in allem Bels Ebenbild (was ein Glücksfall war). Ich war glücklich, dass Bel endlich über die Katastrophe mit Hannahs Vater hinweg war: ein Hippiemaler, der Bel das Blaue vom Himmel versprochen hatte und dann eine Woche vor Hannahs Geburt mit seiner zweiten schwangeren Freundin nach Marokko verschwand. Ein Vater, der sich nicht ein einziges Mal die Mühe gemacht hatte, seine süße Tochter zu besuchen.
    Ich stand unten und filmte alle mit meiner kleinen Videokamera - Bels Eltern, ihre Brüder, alle außer sich vor Freude. Schon die Art, wie Bel Johnno ansah, ließ für beide nur das Beste hoffen.
    Die Häuser und Straßen waren bereits für Weihnachten dekoriert, obwohl es noch November war. An den Laternenpfählen hingen blaue elektrische Sterne. Hannah deutete darauf und sang in Abwandlung eines Kinderliedes: »Leuchte, leuchte, kleine Mama.« Alles lachte. Hannah wurde puterrot vor Aufregung und verlor beinahe das Gleichgewicht, als sie den tiefen Knicks machte, den sie in der Ballettstunde gelernt hatte. Einen Augenblick lang, einen sehr ausgedehnten Augenblick lang, fühlte ich mich glücklich, glücklicher jedenfalls, als ich in letzter Zeit gewesen war.
    Ich ging mit dem Mikro auf Bel zu und bat sie, uns doch zu beschreiben, wie sie sich fühlte, jetzt, wenige Augenblicke, bevor sie für immer und ewig Mrs Johnno sein würde. Durch die Linse der Kamera sah ich, wie ihre Gesichtszüge sich verschoben. Ich senkte die Kamera. Sie sah über meine Schulter, dann zogen sich ihre Brauen zusammen. Johnno sah in dieselbe Richtung, dann wandte er sich um und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Schließlich richtete sich ihr Blick auf mich. Ich spürte, wie mir ein Schauer über den Rücken lief, dann drehte ich mich um …
    Und da stand er. Stand einfach da, als wäre nie etwas passiert. Er hatte die Hände tief in den Taschen seines verdammt gut geschnittenen dunklen Anzugs vergraben, den er nie getragen hatte, als er noch mit mir zusammen war. Für einen kurzen Augenblick malte sich Vorsicht auf seinem Gesicht, dann sah er, wie erschrocken ich dreinblickte, und schon wich der prüfende Blick einem Lächeln. Ich fühlte einen heftigen Schmerz, so als habe jemand mein Herz gepackt und würde das pochende Ding nun langsam aus meiner Brust ziehen. Als Nächstes sah ich wie in Zeitlupe, wie er seine Hand hinter den Rücken streckte und sie um eine lederbehandschuhte kleinere legte. Dann zog er die Person, der die Hand gehörte, ein Mädchen, nach vorne.
    In diesem Augenblick fegte ein Windstoß durch die Straße. Die Bäume duckten sich, und die blauen Sterne darin schwankten. Der kleine runde Hut von Bels Mutter flog auf und davon. Es herrschte ein großes Durcheinander, und Nigel rannte dem Hut nach. Meine Haare legten sich über mein Gesicht. Einige blieben an meinem geschminkten Mund kleben, aber das war mir in diesem Augenblick egal. Wie konnte er es wagen, hierherzukommen und dann auch noch dieses Mädchen mitzubringen?
    Er lächelte immer noch. Sein braunes, kurz

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