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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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konnte.
    Schließlich sah ich im Kegel der Straßenlampe beim Teich ein paar Kinder, die einen fetten Pekinesen hinter sich herzogen. Ein Seufzer der Erleichterung kam mir über die Lippen. Ich schlurfte weiter und behielt sie im Blick, bis ich schließlich auf der Hauptstraße angekommen war.
     
    Am nächsten Tag eilte ich von der Arbeit nach Hause, um das Auto zu holen, das ich endlich wieder fahren konnte. Ich wollte gerade aus dem Haus, als mein Vater mich ins Wohnzimmer rief. Er brütete über dem Kreuzworträtsel der Times .
    »Schöne Blumen, Liebes«, sagte er und deutete mit dem Kugelschreiber auf das Sideboard. »Ich habe sie in eine Vase gestellt. Vielleicht willst du sie ja in dein Zimmer stellen.«
    »Lilien«, sagte ich dümmlich und starrte die Blumen an. Genau der gleiche Strauß wie beim letzten Mal. »Schon wieder diese verdammten Lilien.« Ich sah nach, ob sie mit einer Karte gekommen waren, aber nichts dergleichen. Ich sah zu meinem Vater hin, dessen kahl werdender Kopf sich über die Zeitung beugte. »Weißt du, wer sie gebracht hat?«
    »Vierzehn quer. Sieben Buchstaben. Schweres helles Tier.«
    »Dad!«
    »Entschuldige. Nein. Sie lagen vor der Tür, als ich zurückkam.«
    Ich schob die Vase von mir. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf. »Todesblumen«, flüsterte ich. »Sagt man das nicht?«
    Zum ersten Mal, seit ich hereingekommen war, sah mein Vater mich scharf an: »Erzähl keinen Unsinn, Maggie.« Er runzelte die Augenbrauen. »Meinst du wegen …«
    Jenny kam herein. Sie trug einen leuchtend orangefarbenen Kaftan, der sie aussehen ließ wie eine kleine, stämmige Karotte. »Hallo, Spatz.« Sie kam zu mir herüber und küsste mich auf die Wange. Sie war ungeheuer braun.
    »Du siehst gut aus«, sagte ich in möglichst fröhlichem Ton zu ihr. »Waren die Ferien schön?«
    »Super. Danke, Maggie. Es ist wunderbar dort. Irgendwann werde ich deinen Vater auch noch hinschleifen.«
    Ich lächelte. »Das musst du unbedingt tun.« Irgendwie konnte ich mir meinen Vater am Strand von Goa nicht vorstellen. Aber genau deshalb passten die beiden so gut zusammen - mein ernster, immer ein wenig gramgebeugter Vater und die unternehmungslustige Jenny. Als er mich ihr vor einigen Monaten vorgestellt hatte (offensichtlich hatten sich »ihre Augen im überfüllten Lehrerzimmer getroffen«), hatte ich sie nicht weiter beachtet. Aber damals nahm ich ehrlich gesagt ohnehin von nichts so recht Notiz. Außerdem dauerten die Beziehungen meines Vaters meistens nicht einmal so lang wie die jeweilige Saison in seinem kostbaren Garten. Er war nie mit dem Herzen dabei. Aber er und Jenny ergänzten sich gut, und so war sie immer noch da. Sie hatte ihm während der schlimmen Wochen beigestanden und ihn zum Lachen gebracht. Und das war wirklich wichtig.
    »Ich habe Indien zu Ehren ein Curry gekocht. Du isst doch mit, oder?«
    Die Uhr auf dem Kamin schlug die volle Stunde. »Ich bin sicher, dass Indien sich von deinem Curry sehr geehrt fühlen wird, doch ich fürchte, ich bin ohnehin schon zu spät dran.« Dem Himmel sei Dank hatte ich dieses Mal eine Ausrede, denn Jenny kochte unter normalen Umständen schon schrecklich genug.
    »Ich hebe dir ein wenig auf.« Da bemerkte sie die Blumen. »Hast du einen neuen Freund, Liebes? Ich liebe Lilien.«
    »Genau das, was du jetzt brauchst«, meinte mein Vater. Verdutzt sahen wir beide ihn an. »Einen neuen Freund, meine ich.«
    Ich wurde rot. »Ich weiß nur nicht, von wem sie sind. Das ist das Problem.«
    »Vielleicht hast du ja einen Fan, seitdem du dein Debüt vor der Kamera gegeben hast.« Obwohl ich mir die größte Mühe gegeben hatte, die Sache geheim zu halten, hatte der Fachbereichsleiter für Mathematik an der Schule meines Vaters, der an jenem Tag wegen Krankheit zu Hause geblieben war, die Show aufgezeichnet. »Wie aufregend!« Jenny strahlte. »Du könntest einen Fanclub haben. Und so was alles.«
    »Die Blumen werfe ich jedenfalls weg«, gab ich zurück. »Ich will sie nicht.«
    »Aber sie sind wundervoll«, protestierte Jenny.
    »Dann nimm du sie doch mit nach Hause«, sagte ich. »Ehrlich. Du kannst sie haben.«
    »Natürlich«, mein Vater schlug triumphierend auf seine Zeitung ein. »Elefant.«
    Ich tätschelte liebevoll seinen Kopf. »Bis später.«
    Auf dem Weg hinaus vermied ich es, die Lilien anzuschauen. Und ich verlebte so einen schönen Abend bei Bel, dass ich die verdammten Blumen vollkommen vergaß. Ich machte mit Hannah Spaghetti Bolognese, während Bel

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