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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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zu fragen, welche Konsequenzen es für mich wohl hätte, dass ich Charlie hatte abblitzen lassen, vor allem unter den gegebenen Umständen. Ein kleiner blonder Junge im grünen Mantel lenkte mich von meinen düsteren Gedanken ab. Er hopste munter durchs feuchte Herbstlaub unter den Kastanienbäumen. Die Laubdecke zeigte wunderschöne Farben: Gold, Rot-, Rost- und Orangetöne. Doch als Digby sich dem Jungen anschloss und tiefer grub, förderte er nur das dunkle Braun verrottender Blätter zutage. Als der Vater den Jungen rief, pfiff ich den Hund zurück und machte mich wieder auf den Heimweg.
    Als ich das Gartentor öffnete, blieb ich wie angewurzelt stehen. Hatte ich das falsche Haus erwischt? Angestrengt lauschte ich, während mich ein heftiger Schmerz durchfuhr.
    Zum ersten Mal seit Jahren erklang das Klavier. Das Bild meiner Mutter schob sich durch den Nebel meiner Gedanken. Einen Augenblick lang glaubte ich, sie sei wieder da.
    Ich ließ die Zeitung fallen, die ich soeben gekauft hatte, und lief den Weg hinauf. Jemand spielte Klavier, und mein einsames Herz krampfte sich zusammen, weil am Ende doch niemand da sein würde, der meine Wunden heilte.
    Während die melodischen Klänge an mein Ohr drangen, eilte ich die Treppe hinauf zum Haus, zwei Stufen auf einmal nehmend. Aber als ich die Tür des kleinen Zimmers aufstieß, das bis auf das Klavier meiner Mutter leer war, weil niemand es je betrat, war es nur Jenny, die einen lustigen Walzer spielte. Sie strahlte mich an, wie sie da auf dem Klavierstuhl saß. Ihr Haar schimmerte, ihre Wangen wölbten sich rund wie Äpfelchen - aber als sie mein Gesicht sah, hörte sie augenblicklich auf zu spielen.
    »Es tut mir leid, Liebes«, sagte sie ein wenig nervös. »Entschuldige bitte. Du sagtest einmal, es sei in Ordnung, ich solle ruhig spielen.«
    Aber ich fand es nicht in Ordnung. Hatte ich das wirklich gesagt?
    »Es ist nur … es ist solch eine Verschwendung.«
    Seit Jahren hatte niemand mehr dieses Klavier gespielt, auch ich nicht, obwohl ich es versucht hatte.
    »Ich konnte einfach nicht widerstehen.«
    Ich wusste, dass es falsch gewesen wäre, hätte ich sie jetzt angebrüllt, sie solle gefälligst ihre Finger vom Klavier lassen. Ich biss mir auf die Lippen. »Spiel ruhig weiter.« Mit einem dünnen Lächeln schloss ich die Tür hinter mir. Als ich auf dem Treppenabsatz stand, fuhr ich mir über den Mund. Blut. Verwirrt wischte ich mir die Hand am Mantel ab. Dann ging ich in die Küche, um etwas zu essen. Ich entdeckte eine halb volle Flasche Shiraz und goss mir ein Glas ein. Dann wärmte ich eine Schale Pastinakensuppe auf und trank dabei von dem dunkelroten Wein. Ich kam mir so dumm und verlassen vor, wie damals, als ich dreizehn war. Wie gedankenlos von mir: Ich hatte ganz vergessen, dass Jenny Musiklehrerin war. So hatte sie meinen Vater ja überhaupt erst kennengelernt. Sie unterrichtete an seiner Schule. Natürlich würde sie das Klavier benutzen wollen. Obwohl ich das Radio aufdrehte, um das Klavier zu übertönen, konnte ich nicht umhin zu bemerken, dass es gestimmt werden musste. Ich bestrich das Brot fast fingerdick mit gelber Butter. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass es an der Zeit war zu gehen.
    Ich atmete tief ein und rief meinen Exfreund an.
     

Kapitel 12
    An dem Sonntag, nachdem ich in die Wohnung am Borough Market zurückgekehrt war, kamen mein Vater und Jenny zum Mittagessen. Mein Vater meinte zwar, es sei so eine Art Einweihungsfest, aber ich wusste, dass er in Wirklichkeit nur nachsehen wollte, ob es mir gut ging.
    Ich fühlte mich nicht besonders wohl hier, aber mir blieb keine Wahl. Alex hatte einen lukrativen Job in Glasgow angenommen, der ihn längere Zeit dort festhalten würde, und so war unsere alte Wohnung über dem Tortenshop des Borough Market frei. Ich konnte mir nicht leisten, eine andere Wohnung zu mieten und zudem für unsere ehemals gemeinsame die halbe Hypothekenrate zu bezahlen. Der Ton der E-Mails zwischen mir und Alex war ein wenig gereizt, doch am Ende vereinbarten wir, dass ich erst einmal allein hier wohnen würde, bis sich etwas Passendes ergab.
    Ich war am Samstagabend angekommen und hatte mich erst einmal durch den Müll gekämpft, den der Markt an seinem geschäftigsten Tag stets hinterließ. Heute Morgen aber wollte ich die Gespenster, die mich angesichts meiner alten Wohnung befallen hatten, vertreiben. Ich legte ein Violinkonzert von Beethoven auf und kochte mir einen Kaffee, in dem buchstäblich der Löffel

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