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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Artikel enthielt, der mich ursprünglich auf Malcolm Bailey aufmerksam gemacht hatte. Es war ein Artikel über Männergewalt an Frauen. Bailey plädierte darin leidenschaftlich für Verständnis gegenüber den Tätern.
    »Es freut mich, Sie kennenzulernen«, log ich und hielt Alex die Hand hin. Er wollte sie nicht nehmen, so viel war mir klar, doch schließlich obsiegten seine guten Manieren. »Gehört Ihnen das Gebäude hier? Es ist einfach unglaublich schön.« Verzweifelt versuchte ich es mit ein wenig Schmeichelei.
    »Nein, es gehört mir nicht. Ich bin nur der Architekt.« Er sah nicht aus wie ein Architekt, eher wie ein Arbeiter. »Einer der Architekten, sollte ich wohl besser sagen.«
    »Pa« ignorierte uns geflissentlich, bis sein Blick auf das Päckchen Zigaretten in meiner Hand fiel. »Sie rauchen doch nicht etwa, Maggie? Ts, ts. Keine schöne Angewohnheit für eine junge Dame. Wir mögen Raucher nicht, nicht wahr, Alex?«
    »Ach, ich rauche nur gelegentlich, wissen Sie.« Mit diesen Worten schob ich das Päckchen in meine Handtasche. Die Müdigkeit legte mein Gehirn lahm. Immer noch dachte ich hauptsächlich an Gars so zerbrechliche Gestalt. Ich hatte heute nicht die Kraft für jemanden wie Bailey, und die Begegnung mit seinem wutentbrannten Sohn machte mich nervös. Offensichtlich hatten sie über meine Show gestritten. Das Wichtigste an meinem Job war die Fähigkeit, cool zu bleiben und in Stresssituationen den Überblick zu bewahren. Axtmörder, Kinderschänder, Soapstars - ich konnte mit ihnen umgehen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Im Grunde war es merkwürdig, dass mich jetzt das Bangen beschlich. Als ich versuchte, mich ein wenig zu sammeln, spürte ich, wie Malcolm Bailey mich mit den Augen durchbohrte wie Superman mit seinem Röntgenblick.
    »Was also kann ich für Sie tun, Mrs Warren?«
    Ich räusperte mich und wünschte mir, die Augen seines Sohnes würden sich nicht in mich hineinbohren wie zwei Feuersteingeschosse. »Nun, Mr Bailey«, begann ich mein Sprüchlein, »es geht eigentlich mehr darum, was Sie uns zu sagen haben.«
    »Sie meinen, Sie wollen unbedingt meine Meinung hören.« Wieder eines dieser Statements. Unbewusst trat ich einen Schritt näher an seinen Sohn heran. Dieser warf mir einen kurzen Blick zu und wandte sich zum Gehen. Dann aber blieb er stehen, drehte sich um und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar, sodass es noch igelähnlicher wirkte als zuvor.
    »Wissen Sie was? Ich bleibe. Es würde mich doch wirklich interessieren, was mein Vater zu sagen hat.«
    Super! Ich zwang mich zu einem Lächeln, als Alex mich angrinste. Sein gut geschnittenes Gesicht schien plötzlich von innen her zu leuchten. Seine Augen funkelten. »Und es interessiert mich brennend, wie Sie ihn zu überzeugen gedenken.«
    »Aber sicher, schließen Sie sich uns gerne an.« Ich behielt das falsche Lächeln gewissenhaft auf den Lippen, während ich den beiden in Baileys Büro folgte. Dass wenigstens einer von ihnen einen Hauch Anstand besaß, würde mir vermutlich nicht gerade hilfreich sein. Genauer gesagt fühlte ich mich, als würde ich in die Gewehrläufe eines Erschießungskommandos blicken.
    Während dieses ersten Treffens sah Alex mich an, als sei ich ein nervtötendes Kleinkind. Er lümmelte sich auf das Sofa, legte seine schmutzigen Turnschuhe auf den Kaffeetisch und tat so, als sei er eingenickt. Mich hatte er offensichtlich völlig vergessen. Als ich sah, dass seine Augen tatsächlich geschlossen waren, fühlte ich mich unglaublich erleichtert. Irgendwie hatte ich das unangenehme Gefühl, dass ich mich für meinen Job prostituierte. Gekonnt schüttelte ich es ab. Langsam kam ich auch in die Gänge und trug engagiert mein Thema vor. Doch Malcolm hatte sich noch mit keinem Wort dazu geäußert. Alles, was er mir versprach, war, dass er es sich überlegen würde, in der Show aufzutreten.
    Als ich Malcolms Hand schüttelte, öffnete Alex die Augen und streckte sich wie ein großer, zotteliger Hund. Als ich hinausging, murmelte er seinem Vater etwas zu. Dann folgte er mir und fuhr mit demselben Lift nach unten wie ich. Wir glitten Stockwerk um Stockwerk tiefer. Kein Wort fiel. Als wir aus dem Lift traten, fuhr Alex sich nochmals mit der Hand durchs Haar.
    An der Tür ließ er mir den Vortritt. »Viel Glück«, murmelte er, als wir auf die Straße traten.
    Draußen schlug mir die kalte Luft scharf entgegen. Eine willkommene Erfrischung. »Danke.« Ich kramte meine Monatskarte für

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