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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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die Londoner Verkehrsbetriebe hervor, glücklich, dass der Zirkus endlich vorüber war. Dann ging ich ein paar Schritte weiter zum Zeitungsstand und kaufte eine Morgenzeitung. Als ich hinter mich blickte, sah ich Alex über die Straße gehen. Ein kleiner, struppiger Hund folgte ihm. Er blieb stehen und pfiff.
    »Hey, Ron!«
    Ein gekrümmter alter Mann in einem filzigen Dufflecoat und einer Art Sturmhaube auf dem Kopf tauchte aus einer Seitenstraße neben der Imbissbude auf. Er hielt einen Stapel des Londoner Obdachlosenmagazins Big Issues in der einen und ein angebissenes Croissant in der anderen Hand.
    »Du kannst wieder zurück.« Alex drückte ihm einen Zehner in die Hand. »Sag ihnen, Malcolms Sohn hätte euch die Erlaubnis gegeben, okay?« Ich nahm mein Wechselgeld, als sein Blick auf mich fiel. »Immer noch hier?«
    Mir stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Jedenfalls nicht mehr lang.« Ich drehte mich auf dem Absatz um.
    »Hey!«, rief er mir nach. Über die Schulter blickte ich zurück. Er stand da wie ein Fels im Strom der Pendler. »Sie haben wohl keine Lust auf einen schnellen Drink?«
    »Einen Drink?«, wiederholte ich dümmlich. Ich sah auf die Uhr: Es war gerade mal neun Uhr morgens. »Es ist viel zu früh für einen Drink.«
    »Ach, kommen Sie. Genießen Sie doch mal das Leben«, grinste er. »Ich habe die ganze Nacht durchgearbeitet und brauche ein wenig Entspannung.«
    »Ich nicht, glaube ich. Danke sehr«, antwortete ich geziert. Ich hatte nie die Schule geschwänzt, und in der Arbeit wollte ich schon gar nicht fehlen. »Ich muss ins Büro.«
    »Aber das ist doch Ihr Büro, oder etwa nicht?« Er trat auf mich zu, und ich merkte, wie groß er war im Vergleich zu mir. Sein Hund schnüffelte begeistert an meinen Schuhen herum. »Vielleicht können Sie mich ja überreden, an Ihrer Talkshow teilzunehmen.«
    »Ich will Sie nicht in meiner Show.«
    »Wie reizend.«
    Da standen wir nun auf der Straße, während die ganzen Pendler von der Farringdon Station um uns herumströmten, eilig, mit gesenkten Köpfen ihrem Arbeitsplatz zustrebend, keine Zeit für einen Blick auf die Umgebung, keine Zeit für irgendetwas. Einen Augenblick lang sahen wir uns an - aus einem mir unerfindlichen Grund kribbelte es in meinem Bauch.
    »Und Sie würden auch gar nicht mitmachen wollen«, sagte ich schließlich.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Alex und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht habe ich mir ja zum Thema häusliche Gewalt eine Meinung gebildet?«
    »Haben Sie das?«
    »Vielleicht. Aber diese fiele sicher anders aus als die meines Vaters.«
    »Nun, ich muss gestehen, dass mir da ein Stein vom Herzen fällt.«
    »Ja, das kann ich verstehen.« Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und sah auf mich hinunter. »Sagen Sie später nicht, ich hätte es Ihnen nicht wenigstens angeboten.«
    Ich versuchte, in diesen schräg stehenden von Lachfältchen umgebenen Augen zu lesen.
    »Letzte Chance, Blauauge.«
    Mein Computer, mein Büro, der ewig gestikulierende Charlie. »Um diese Zeit bekommen wir sowieso nirgends einen Drink.« Was sollte das denn? Es war Montagmorgen, neun Uhr, und ich hatte eine Talkshow zu produzieren und noch nicht eine feste Zusage von den eingeladenen Gästen. »Ich kann nicht. Wirklich nicht.«
    »Natürlich können Sie, wenn Sie wollen.« Wieder lächelte er mich an. Ich war sicher, dass er nur einfach keinen Korb kassieren wollte, und biss mir auf die Lippen.
    »Kommen Sie schon, Maggie. Seien Sie doch kein Spielverderber. Die erste Runde geht auf Digby.« Er nahm den Hund auf.
    Ich sog ein letztes Mal an meiner Zigarette und warf sie dann weg. Langsam und wider besseres Wissen folgte ich ihm.
     

Kapitel 13
    In den frühen Morgenstunden erwachte ich, zitternd vor Kälte. Mein Mantel lag über mir, ein leeres Weinglas auf dem Boden. Digby hatte sich zu meinen Füßen zusammengerollt, jetzt aber war die Kuhle leer. Irgendetwas war im Raum … ich spürte es.
    Stocksteif lag ich da. Um mich herum war es so dunkel, dass ich fast nichts sehen konnte. Mein Herz schlug so laut, dass ich schon glaubte, der Eindringling müsse es hören. Verzweifelt versuchte ich, die Distanz bis zur Vordertür einzuschätzen. Wie viele Sekunden würde ich wohl brauchen als momentan leicht behinderte Sprinterin?
    Ich hörte das leise Geräusch eines Schrittes. Die Angst schnürte mir fast die Kehle zu. Sollte ich mich tot stellen oder einfach losrennen? Und wo zum Teufel war Digby? Wo konnte er nur sein? Ein

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