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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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»Ich bin im Schlafzimmer«, flüsterte sie.
    »Entschuldige«, entgegnete er, ohne auch nur im Geringsten zerknirscht zu klingen. »Ich habe im Moment ziemlich viel zu tun.«
    Ich wartete darauf, dass er mir erklärte, womit, aber das tat er natürlich nicht.
    »Auf deinen Stiefeln war heute Morgen rote Farbe.« Ich sah mich im Spiegel an: Meine Augen waren schwarz umrandet wie die eines Pandas. »Wieso?«
    »Was? Welche Stiefel?«
    »Die im Flur. Im Haus deines Vaters.«
    »Lieber Gott, Maggie.«
    Ein Mädchen lachte im Hintergrund hell auf. Das Geräusch bohrte sich wie ein Messer in meinen Bauch. »Du warst es also doch, oder etwa nicht?«, fragte ich scharf.
    »Langsam nervt mich das«, seufzte Alex matt. »Das Thema hatten wir doch schon hundert Mal. Ich habe dir gesagt, dass ich damit nichts zu tun habe.«
    Ich hörte, wie jemand am anderen Ende der Leitung etwas zu trinken eingoss. Mir war plötzlich zum Schreien zumute, und ich biss mir schmerzhaft auf die Lippen.
    »Hör mal, ich muss jetzt Schluss machen.«
    »Nein, Alex, warte.«
    »Was ist?«
    Hannah erschien im Flur. Sie trug ein Paar Steppschuhe und ein viel zu kleines Schneewittchenkostüm. »Schau mal, Tante Maggie.« Und schon fing sie an, lautstark und arhythmisch vor sich hin zu steppen.
    »Wo warst du denn letzte Nacht, Alex?«, fragte ich, während ich den Daumen hochhielt, um Hannah zu ermutigen. »Du hast mir das nie gesagt.«
    »Letzte Nacht? Lass mich mal überlegen.« Wieder erklang das dümmliche, silberhelle Lachen. Irgendjemand musste der Lachenden mal gesagt haben, dass sie eine Stimme habe wie ein Glöckchen, denn offensichtlich war sie nun erpicht darauf, dies bei jeder Gelegenheit unter Beweis zu stellen. »Ach ja. Glücklicherweise habe ich zwischen zwölf und drei Uhr nachts Serena gevögelt, und zwar bei ihr zu Hause. In Kensington also, liebe Maggie. Also nicht dort, wo wir … wo du wohnst.«
    Ich spürte die Härte in seiner Stimme, die unsichtbare Klinge des Alkohols, die in jedem seiner Worte mitschwang. Er sprach sehr langsam und provozierend, wobei er einen völlig albernen Sean-Connery-Akzent nachahmte. »Nach dem Koitus bin ich selig in ihren Armen eingeschlafen.«
    Ich klammerte mich am Telefon fest. Wenn du jetzt noch mal lachst, du Kuh, fange ich an zu schreien. Hannah legte ein paar wenig elegante, dafür aber umso schwungvollere Drehungen hin.
    »Wie schön für dich«, sagte ich erstickt. Dabei dachte ich an die vielen Nächte, in denen Alex es nicht zu mir ins Bett geschafft hatte. »Ich bin gleich oben, Schatz«, hatte er meist gesagt. Doch wenn ich am nächsten Morgen aufstand, fand ich ihn unten auf dem Boden liegend, umgeben von Bierdosen und immer öfter auch von Pornomagazinen.
    »Serena wird meine Geschichte sicher gerne bestätigen.« Seine Stimme wurde leiser, als er sich an sie wandte: »Nicht wahr, Liebling?«
    »Das glaube ich dir gerne«, sagte ich gepresst. Hannah übte sich gerade in einer komplizierten Folge von Rückwärtsschritten, übersah dabei aber einen Umzugskarton. Sie stolperte und fiel auf die Katze, die dies mit einem lauten Quieken quittierte. Natürlich brach die Kleine daraufhin in Tränen aus. »Au!«
    Sofort lief ich zu ihr hin.
    »Wer ist das?«, hörte ich Alex fragen. Offensichtlich hatte er mit seiner Theaterspielerei aufgehört.
    »Hannah.« Ich legte meinen Arm um sie, so gut das mit dem Telefon in der Hand ging. »Ich hör jetzt besser auf.«
    »Hat sie sich verletzt?« Seine Stimme klang besorgt, was mich ein wenig gnädiger stimmte. »Gib ihr doch bitte einen Kuss von mir. Und sag ihr, sie soll auf die Bumerangs aufpassen.«
    »Ist gut«, murmelte ich abwehrend.
    »Und, Maggie …«
    »Ja?« Ich genoss die Wärme des Kindes, das sich vertrauensvoll an meine Brust kuschelte.
    »Ich bin vielleicht ein Arschloch, aber ich verfolge keine Frauen.«
    Eine lange Pause folgte. Ich drückte Hannah fester an mich und vergrub mein Gesicht in ihrem seidigen Haar, bis sie begann, sich meiner Umarmung zu entwinden.
    »Pass auf dich auf, Maggie«, sagte er leise. Dann legte er auf.
    »Was ist denn los? Telefonierst du immer noch mit diesem Idioten? Ich möchte mal wissen, was in dir vorgeht, Maggie, du kleines Biest.« Bel erschien oben auf dem Treppenabsatz. Sie hatte das Haar zum Pferdeschwanz zusammengeknotet, Packband in der Hand, und nahm sich ihrer zerzausten Tochter an. »Lieber Himmel, Hannah. Ich bin mal fünf Minuten oben, und schon ist hier der Teufel los. Komm her und zeig mir,

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