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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Ich klopfte mit dem Finger gegen das Porzellan. »So ganz klappt es ja nicht, nicht wahr?«
    Er wurde sichtbar blass. »Bitte, Maggie. Werfen Sie mich nicht raus.«
    Und schon stand ihm mein Herz wieder offen. Er war wirklich zu bedauern. »Ich will Sie ja nicht vor die Tür setzen, Joseph. Aber ich mache mir ernsthaft Sorgen um Sie. Es sind da in letzter Zeit gewisse Beschuldigungen gegen Sie laut geworden.«
    »Was für Beschuldigungen?«
    »Haben Sie sich kürzlich vielleicht etwas ausgeliehen? Zum Beispiel die Adressbücher der Mädchen?«
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja.« Er sah mich dabei nicht an.
    »Ist das wirklich wahr?«
    »Ja, ehrlich.« Er warf mir einen aufsässigen Blick zu. »Warum sollte ich Telefonnummern klauen?«
    »Das weiß ich nicht. Sagen Sie’s mir.«
    »Das kann ich nicht, weil ich es nicht getan habe.« Dabei klammerte er sich an eine der Zuckerdosen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Eine kurze Pause. »Sie sollten ein wenig netter zu mir sein.« Das hörte sich an wie eine Drohung.
    »Sollte ich? Wieso?«
    »Sie wissen schon, wieso.«
    »Sagen Sie’s mir doch noch einmal. Zur Erinnerung.«
    »Weil mein Onkel unangenehm wird, wenn Sie mich nicht korrekt behandeln«, erklärte er. Es handelte sich also tatsächlich um eine Drohung.
    »Ihr Onkel?«
    »Ganz recht, mein Onkel.«
    »Und der wäre?«
    »Philip Lyons. Aber das wussten Sie doch.«
    Ich dachte an Lyons, das Vorstandsmitglied von Double-decker. An seine wenig einnehmende Art, seine nicht vorhandenen sozialen Fähigkeiten, seine Liebe zum schnellen Geld, seinen vollständigen Mangel an jeglicher Moral. Und an Charlies Widerstreben, Joseph vor die Tür zu setzen. Jetzt war mir alles klar.
    »Ach, sieh mal da.« Ich sah Joseph direkt in seine Glubschaugen. Wir maßen einander mit Blicken. »Jetzt, wo Sie es erwähnen, meine ich sogar, eine gewisse Familienähnlichkeit zu sehen.«
    »Haben Sie das denn vergessen, Maggie? So wie alles andere?«
    »Was meinen Sie damit?« Ich sah ihn finster an.
    »Wenn Sie sich nicht daran erinnern können, dann ist es nicht an mir, Ihnen alles ins Gedächtnis zu rufen.« Er starrte mich weiter an. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Joseph. Dass Sie einflussreiche Verwandte haben, heißt noch nicht, dass Sie sich alles erlauben können. So läuft das nicht.«
    Er lächelte. »Wirklich nicht?« Jetzt war sein Lächeln eindeutig schmierig.
    »Nein.« Ich ließ mich nicht aus dem Konzept bringen. »Sie müssen trotzdem hart arbeiten, um sich den Respekt der anderen zu verdienen.«
    Mit einem Stich in der Brust fiel mir plötzlich Alex ein. Er hatte verzweifelt versucht, Malcolm mit eigenen Leistungen Achtung abzunötigen - anders als sein Bruder Tom. Dieser hatte den einfacheren Weg gewählt und war direkt von der Schule in Malcolms Unternehmen eingetreten. Und Malcolms Verachtung hatte Alex’ Dämonen weitere Nahrung gegeben.
    »Ich arbeite ja hart.«
    Unsanft landete ich wieder in der Gegenwart. »Nicht hart genug, Joseph. Auch Sie müssen unten anfangen. Wir alle mussten das.« Ich versuchte mich in gouvernantenhafter Munterkeit. »Also kommen Sie schon.« Ich tätschelte seine Hand. »Zeigen Sie mir, dass Sie es draufhaben, okay?«
    Mürrisch zuckte er mit den Schultern. »Gut.«
    »Und wenn Sie dieses Adressbuch tatsächlich genommen haben, Donnas Adressbuch, dann legen Sie es einfach zurück. In Ordnung?«
    »Ich habe es nicht, Maggie.« Er warf mir einen finsteren Blick zu. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich es nicht genommen habe. Sie sollten mir glauben.«
    Einen Moment lang ruhte mein Blick auf dem Schinkensandwich. Dann holte ich meine Zigaretten hervor. »Gut, Joseph. Sie können jetzt gehen. Ich komme gleich nach.«
    Er stand auf. »Sie rauchen zu viel. Das habe ich Ihnen schon letzten Sommer gesagt.«
    Wieder das flaue Gefühl im Magen. »Daran erinnere ich mich aber nicht.«
    »Nun, das wundert mich gar nicht.«
    Ich sah ihn an. Sein Wollmantel roch durchdringend nach Mottenkugeln. »Was soll das denn jetzt heißen?«
    »Vergessen Sie’s.« Umständlich knöpfte er den Mantel zu.
    »Nein, jetzt ernsthaft, Joseph, bitte.«
    »Ich meine ja nur, ich weiß, was passiert ist.«
    »Wovon reden Sie denn nur?«
    »Sie können sich vor mir nicht verstellen. Obwohl Sie es ja immer wieder versuchen. Sie haben nur einfach Glück, dass ich meinem Onkel nichts gesagt habe.«
    Er bluffte nicht, so viel war sicher. »Ich sehe Sie dann im Büro, Joseph.« Ich wollte, dass er ging. Ich mochte

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