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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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mich einfach an nichts mehr erinnern.
    Ich bestellte mir noch einen Kaffee und sah Joseph zu, wie er über die belebte Straße zu unserem Gebäude zurückging und sich an den Kamerateams vorbeischlängelte, die vor dem Studio auf ihren Schemeln saßen, rauchten und sich lockere Bemerkungen zuwarfen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Joseph je dazugehören würde. Mit einem Mal spürte ich eine gewisse Sehnsucht nach dem, was das Fernsehgeschäft ganz zu Anfang für mich war, nach der Aufregung, dem Prickeln und der Kameradschaft unter Fernsehleuten.
    Mein Handy meldete sich. Zerstreut sah ich auf die Nachricht, die mir jemand da geschickt hatte:
    Ich hatte Recht, du Schlampe.
     
    Lieber Himmel! Ich ließ das Telefon fallen, als hätte ich mir die Hand daran verbrannt. Dann bestellte ich den Kaffee ab und ging auf die andere Straßenseite ins Pub. Dort stellte ich mich an die Theke und schüttete ein Glas grauenhaft dünnen Rotweins hinunter. Dann rief ich diese verdammte Nummer zurück, wie ich es vorher schon getan hatte. Niemand ging ran. Natürlich auch keine Mailbox. Das Telefon läutete und läutete … bis jemand es ausschaltete.
     

Kapitel 21
    »Bring Seb doch einfach mit«, meinte Bel am Telefon, offensichtlich nicht mit dem Kopf bei der Sache. »Warte mal eine Sekunde. Johnno, kannst du mal …? Je mehr, desto besser, würde ich sagen. Schließlich ist es unser letztes Abendmahl. Vielleicht ist uns dann ja fröhlicher zumute. Bitte diese als Nächste, danke … Und ich würde ihn so gern noch kennenlernen, bevor ich abreise … Nein, nein, diese nicht … Entschuldige, Mag, ich glaube, die Umzugsleute haben gerade Hannah in einen Umzugskarton gepackt. Zum Spaß, versteht sich. Wir sehen uns später, okay?«
    Langsam legte ich das Telefon in seine Schale. Ich war nicht sicher, ob ich Seb jetzt schon der neugierigen Meute bei Bels Abschiedsessen vorstellen wollte. Ich fürchtete den Abschied und wäre schon deshalb lieber zu Gershwin mitgekommen. Aber ich konnte meine beste Freundin an ihrem letzten Abend in der Heimat nicht im Stich lassen. Natürlich meinte Seb, das würde er verstehen. Ich hatte es gewusst, er war einfach der Typ. Er meinte, er habe ohnehin eine ganze Menge mit den Proben zu tun. Sie hatten Probleme mit dem Blocking (was immer er damit auch meinte). Ich war drauf und dran, ihn um ein Wiedersehen zu bitten. Er hörte auf zu sprechen, ich zögerte, und in diese Sekunde hinein sagte Seb: »Ich rufe dich bald an.« Ich antwortete: »Super.« In Wirklichkeit aber meinte ich: »Warte mal …« Doch da hatte er schon aufgelegt.
    Als ich das Büro verließ, hatte der Regen aufgehört. Der Teer des Gehsteigs glitzerte im Licht der Straßenlaternen wie schwarze Melasse. Ich fror. Jetzt lag tatsächlich schon Winterkälte in der Luft. An diesem Tag mochte ich das. Meine masochistische Seite sehnte sich geradezu nach der abendlichen Kälte. Mein Hirn fühlte sich verstaubt, ja fast schmutzig an, nach allem, was ich in den letzten Tagen so erlebt hatte - die Botschaft an meiner Tür, die SMS-Nachrichten, die Telefonanrufe im Pflegeheim, Donnas verschwundenes Buch und der schleimige Joseph. Der eisige Biss der Kälte machte mich wieder munter. Zu dem schicken Pub, das Bel für das Abschiedsessen gebucht hatte, war es nicht weit, also steckte ich mir die Kopfhörer in die Ohren und machte mich auf nach Clerkenwell.
    Ich hatte den Nachmittag im Büro zugebracht und beständig versucht, die letzte SMS zu verdrängen. Dabei schob sich immer wieder das helle Gesicht von Inspektor Fox in meine Gedanken, der mich ausschimpfte. Mehrmals hatte ich die Hand nach dem Telefon ausgestreckt, um ihn anzurufen, gestattete mir diese Schwäche dann aber doch nicht. Jetzt allerdings, wo ich allein durch die geschäftigen Straßen trabte und die Abgase der City einatmete, hallten ständig diese Beschimpfungen in meinem Kopf wider: Schlampe … Nutte … Schlampe … Nutte.
    Wer hasste mich so sehr, dass er mir Angst machen wollte? Wer immer es auch sein mochte, er oder sie hatte mit seinem Vorhaben jedenfalls Erfolg gehabt.
    Ich überquerte die Straße, quetschte mich zwischen einem Minibus und einem Lieferwagen durch. Ein Radfahrer in Leuchtweste zischte an mir vorüber wie einer der Raver aus den Neunzigern. Aus meinen Ohrhörern erklang das Cellokonzert in e-Moll von Elgar, und so kam ich mir ziemlich abgefahren vor, wie ich da so dahinmarschierte. Meine Gedanken rasten von einem Verdächtigen zum

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