Nur aus Leidenschaft
Einbrecher, zumindest wie ein Schnüffler, und wandte sich zum Gehen. Doch da fiel sein Blick auf ein ge rahmtes Foto, das auf dem Fernseher stand. Er trat näher, nahm es in die Hand
- und sein Herz zog sich zusammen. Es war ein Foto von ihm auf Honey - oder besser Twister
-, aufgenommen nach dem Endkampf. Er hatte das Bild unzählige Male gesehen, in der Zeitung und als Autogrammkarte, denn sein Sponsor machte Werbung damit.
Aber woher hat Carol eins? fragte er sich verwirrt. Und warum stellte sie es dermaßen zur Schau? Immerhin hatte sie vor über zwei Jahren die Verbindung zu ihm abgebrochen. Frauen vernichteten doch alle Erinnerungen an unglückliche Beziehungen, nicht wahr? Oder verbargen sie wenigstens.
Er stellte das Foto zurück und ging in die Küche, er konnte seine Neugier nicht bezähmen.
An der Tür blieb er stehen und schaute sich, seltsam berührt von dem, was er sah, um.
Gelbweiß gestreifte Baumwollgardinen hingen vor dem Fenster über dem Waschbecken und rahmten Töpfe mit Kräutern auf dem Fensterbrett ein. Eine Schale und ein Löffel standen auf dem Abtropfge stell der Spüle, vermutlich noch von Carols einsamem Frühstück.
Ein Heim, hatte sie gesagt. Das hatte sie sich immer ge wünscht, und das hatte sie für sich geschaffen. Nachdenklich betrachtete er den Raum, die gerahmten Blumendrucke an den Wänden, das Regal mit einer Sammlung alter Keramiken, den Ausklapptisch mit der bestickten Decke.
Ja, es wirkte heimelig. Selbst auf ihn, den es nie nach so etwas verlangt hatte.
Pete erstarrte, als er den Blumenstrauß erkannte, der in einer Vase auf dem Tisch stand.
Die Farben der Blüten waren verblasst, sie ließen die Köpfe hängen, und um den Fuß der Vase lagen abgefallene Blätter verstreut wie Konfetti.
Sie hat das jämmerliche kleine Friedensangebot zwei Tage lang gehütet, obwohl die Blumen längst verwelkt sind, dachte er und war gerührt von der gefühlvollen Geste. Er hätte ihr Rosen schenken sollen, Dutzende von Rosen, und sie von einem Boten an ihre Tür liefern lassen müssen. Solchen Luxus konnte er sich problemlos leisten. Carol hatte Besseres verdient als einen Strauß Wildblumen, auf der Wiese gepflückt.
Sein Mund wurde trocken. Er nahm ein Glas aus dem Schrank und ging zum Waschbecken. Er hielt es unter den Hahn, drehte ihn auf und schaute aus dem Fenster, während das Wasser ins Glas lief.
Und da sah er sie.
Mit gesenktem Kopf kniete sie unter der alten Eiche. Er beobachtete sie, und er musste schlucken, als er erkannte, dass ihre Schultern zuckten.
Sie weinte.
Und er war Schuld an ihren Tränen.
Pete eilte zur Tür, riss sie auf, sprang mit einem Satz die Stufen der Veranda hinab und rannte den Hügel hinauf, ohne auf die Schmerzen in seinem Knie zu achten. Im Näherkommen ging er langsamer, Carol hörte ihn nicht kommen, ihr leises Schluchzen übertönte das Geräusch seiner Schritte.
Der Atem stach ihm schmerzhaft in den Lungen, als Pete hinter ihr auf ein Knie sank und ihr behutsam die Hand auf die Schulter legte. „Carol?"
Sie verspannte sich bei seiner Berührung, dann fuhr sie he rum, die Pupillen vor Schreck geweitet. Durch die Körperdrehung gab sie Pete den Blick frei auf einen kleinen Granitblock, den sie bis dahin verdeckt hatte.
Ein Grabstein? überlegte Pete. Er konnte sich nicht erinnern, an dieser Stelle je einen Grabstein bemerkt zu haben. Mit gerunzelter Stirn starrte er auf die Schrift, die in den Stein gemeißelt war.
Hier ruht Carol Bensons Sohn
Geboren am 16. Juli 1998
Innig geliebt und nie vergessen
Petes Finger krallten sich in Carols Schulter, während er im Geist nachrechnete. Ein Sohn.
Carol hatte einen Sohn geboren. Seinen Sohn! Er empfand Schock, Zorn, Trauer, alles zugleich. Und er hatte es nicht gewusst. Hatte nicht gewusst, dass er und sie ...
Langsam wandte er sich zu ihr, blickte sie nach Bestätigung suchend an und sah Angst und Schuldgefühle in ihren tränenfeuchten Augen.
„Wir hatten ein Kind?" flüsterte er heiser. „Einen Sohn?"
„Ja", bekannte sie matt.
„Du hast mir nie etwas davon gesagt."
„Ich wollte es ja", sagte Carol niedergeschlagen. Sie senkte den Kopf und presste die zitternden Hände an die Lippen. „Ich wollte es wirklich, Pete", wiederholte sie verzweifelt und sah ihm jetzt ins Gesicht. „Das schwöre ich."
Sie unverwandt ansehend, die Kinnmuskeln angespannt, stand Pete auf. Seine Augen waren dunkel, sein Blick war anklagend. Dann drehte Pete sich um und ging.
Carol hatte ihm
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