Nur aus Leidenschaft
weggehen könnte." Als ihm klar würde, wie viel er von sich preisgegeben hatte, wandte sich abrupt weg, um im Flur zu verschwinden.
„Mein Vater war Alkoholiker."
Knapp hinter der Tür blieb Pete stehen. Eine volle Minute verharrte er stumm, mit dem Rücken zu Carol, bevor er sich zu ihr umdrehte. Sein Blick war wütend. „Du hattest also auch keine schöne Kindheit. Was soll dann das Ganze?"
„Ich will dir klarmachen, warum mir Beständigkeit so wichtig ist und dass ich dich deswegen damals verlassen habe." Carol unterdrückte die aufsteigenden Tränen. „Ich habe nie länger als ein halbes Jahr in einem Haus gewohnt, nicht einmal am selben Ort. Dauernd sind wir umgezogen, ich musste immer wieder von vorn anfangen. Mein Vater kam betrunken nach Hause gewankt, nachdem er seinen Lohn verjubelt hatte. Ich bekam Schimpfe anstatt Wärme und Liebe."
Hilflos hob sie die Hände, die Tränen liefen ihr über die Wangen. „Mein größter Traum war, dem zu entfliehen. Ich wollte ein Heim, Beständigkeit und Sicherheit - einen Ort, an dem ich aufgehoben war. Aber du wolltest diese Dinge nicht, Pete. Und deswegen musste ich unserer Beziehung ein Ende machen."
Er tat eine n Schritt auf sie zu, blieb jedoch stehen und kniff die Lippen zusammen. „Soll ich jetzt behaupten, ich hätte mich geändert?" sagte er finster. „Dass ich inzwischen anders darüber denke? Dass ich plötzlich auf Ehe und Familie aus bin? Nein, ich habe mich nicht verändert. Ich bin immer noch Pete Dugan." Er schlug sich heftig an die Brust. „Der Mann für schöne Zeiten, der von einem Rodeo zum anderen trudelt und der jeden Tag zu einem Samstagabend macht." Wütend hieb er mit der Hand durch die Luft und wandte sich dann ab.
„Fahr nach Hause, Carol", murmelte er. „Geh zurück in dein Haus, schaff dir das Heim, das du dir so ersehnst. Ich bin nicht der Richtige für dich, bin es nie gewesen."
Carol klappte die Tür ihres Pick-ups zu und ging den Hügel hinter ihrem Haus hinauf. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Habe ich mir diese neuerliche Enttäuschung selbst zuzuschreiben? fragte sie sich gnadenlos. Oder bin ich nur das Opfer eines Kampfes, den Pete mit seiner Vergangenheit ausfechtet - einer Vergangenheit, der er sich nie wirklich gestellt hat?
Und da hatte sie sich eingebildet, sie hätte eine unglückliche Kindheit gehabt! Sie wischte sich über die Augen. Ihre Jugend war ein Zuckerschlecken gewesen im Vergleich zu Petes. Er hatte die Verantwortung für eine schwer kranke Mutter auf seinen kindlichen Schultern getragen.
War es das, was sie anfangs zueinander gezogen hatte? Das Elend und den Schmerz einer Vergangenheit, die sie nie ganz überwunden hatten? Carol schluchzte haltlos, denn all diese Fragen waren jetzt nutzlos.
Pete ging.
Im tröstlichen Schatten der alten Eiche sank sie auf die Knie. Sie legte das Kinn auf die Brust, schlug die Hände vor die Augen und weinte.
Mit einem verhaltenen Fluch stürmte Pete in Claytons Schlafzimmer.
Sie hat es nicht anders gewollt, sagte er sich. Sie hat es direkt darauf angelegt, dass ich sie wegschicke. Dabei war es Carol, die auf ihn zugekommen war - nicht umgekehrt. Er hatte nicht vorgehabt, sie noch einmal anzusprechen. Hatte er sich nicht erst heute Morgen geschworen, aus ihrem Leben zu verschwinden, und zwar für immer? War er nicht fest entschlossen gewesen, bis zu dem Moment, als er sie mit den behinderten Kindern auf dem Weg zum Reitplatz gesehen hatte?
Ausgiebig fluchend und sich den Nacken reibend, lief Pete im Zimmer auf und ab.
Es ist noch nicht zu spät, redete er sich ein. Noch kann ich meinen Vorsatz verwirklichen.
Ich kann auf der Stelle abreisen. Ich werde gehen und sie nicht mehr behelligen.
Doch zuvor würde er sie um Verzeihung bitten, dass er ihr dieses letzte Mal wehgetan hatte. Er ging zur Tür.
Pete atmete tief durch, bevor er die Hand hob und an Carols Tür klopfte. Dann wartete er und blickte zum Himmel. Die Sonne war fast untergegangen. Als auf sein Klopfen keine Reaktion erfolgte, starrte er mit gerunzelter Stirn auf die geschlossene Tür.
Sie war zu Hause. Das wusste er genau. Er hatte seinen Pick-up in der Auffahrt hinter ihrem geparkt.
Schließlich öffnete er die Fliegentür und drehte am Knauf. Die Tür war nicht abgeschlossen, also machte er auf und trat zögernd ein. „Carol?"
Keine Antwort.
Er ging weiter und schaute sich im Wohnzimmer um. „Carol?"
Wieder wartete er und vernahm noch immer keinen Laut. Er kam sich vor wie ein
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