Nur aus Leidenschaft
schaffen. „Gar nichts", fauchte sie.
„Ich tue es für die Kinder."
Er wandte den Kopf und blickte sie über die Schulter an. „Das finde ich riesig nett vor dir, Carol", sagte er nach einer Weile. Dann fuhr er fort, Honey abzuschirren. „Wirklich großartig."
Sie starrte wütend auf seinen Rücken und zerrte den Sattel von Clippers Rücken. „Du brauchst mir nicht zu helfen. Jetzt komme ich allein zurecht."
Er hob Honeys Sattel herunter und drehte sich um. „Das glaube ich. Aber ich bin nun einmal da, und ich helfe dir." Ohne weitere Proteste abzuwarten, machte Pete sich auf den Weg zum Stall und dem Sattelraum.
Knurrend folgte Carol ihm. Sie hievte den Sattel, den sie trug, auf den Halter an der Wand und wandte sich Pete zu, um ihm zu zeigen, dass er seinen Sattel daneben hängen sollte. Sie trat zur Seite und verschränkte die Arme. Obwohl sie sich vorgenommen hatte, abweisend zu bleiben, hörte sie sich sagen: „Du scheinst keine Probleme mit den unschönen Begleiterscheinungen von Behinderungen zu haben."
Er zuckte die Achseln. „Ich kenne das."
Mit gerunzelter Stirn schaute sie zu, wie er die Satteldecke zum Trocknen über den Sattel breitete. „Ach ja?"
„Ja." Pete wischte sich die Hände ab und sah Carol an. „Es gab Zeiten, da war meine Mutter an so ziemlich alles angeschlossen, was die medizinische Technik je ersonnen hat
Behälter mit Infusionen, Stützapparate, Katheter, Monitore." Er zuckte erneut mit den Schultern. „Man bekommt schnell Übung damit."
„Deine Mutter?" fragte Carol. Die Neugier war nun doch stärker als ihre Abwehr. Carol hatte zuvor nie erlebt, dass Pete von seiner Mutter sprach.
„Ja." Er ging an ihr vorbei und zur Tür.
Carol folgte ihm. Ihre Gedanken überschlugen sich. „War sie krank?"
„Bewegungsunfähig. Sie hatte einen Autounfall, als ich noch klein war." Pete legte die Hand auf den Rumpf eines Pferdes und schob sich zwischen das Tier und das nächste, das abgesattelt werden sollte. Er hängte einen Steigbügel über den Sattelknauf und langte nach dem Sattelgurt. „Sie verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens im Bett. Ich habe sie gepflegt."
„Du?" fragte Carol ungläubig zurück.
Er sah sie kurz an und schaute wieder weg. „Ja, ich."
„Hat sich dein Vater denn nicht um sie gekümmert?"
„Der war so gut wie nie da, angeblich arbeitete er. Aber es waren seine Schuldgefühle, die ihn in Wahrheit fern hielten. Er hatte am Steuer des Wagens gesessen." Pete holte den Steigbügel vom Sattelknauf herunter. „Er wurde nicht damit fertig, also verdrängte er es und zeigte sich so wenig wie möglich zu Hause."
„Wer pflegt deine Mutter jetzt?"
Pete lehnte sich an das Pferd und stützte die Unterarme auf den Sattel. „Die Engel im Himmel", murmelte er und schaute in die Wolken, als erwartete er, sie dort zu entdecken.
Dann schüttelte er den Kopf und langte nach dem Sattelgurt. „Meine Mutter ist tot. Sie ist vor acht Jahren gestorben."
Carol sah zu, wie er dem Pferd den Sattel abnahm. Als er sich ihr zuwandte, sah sie in seinen Augen die Trauer, die ihre Fragen in ihm aufgerührt hatten.
„Ich kümmere mich jetzt besser um meine eigenen Pflichten", sagte er und ging.
Carol blickte ihm nach. Sie wollte hinter ihm herlaufen und verbot es sich gleichzeitig. Sie stellte sich vor, wie seine Kindheit ausgesehen haben mochte - ein kleiner Junge, der ganz allein für die Pflege seiner schwer kranken Mutter zuständig war.
10. KAPITEL
Nachdem Carol die Pferde gefüttert hatte, verließ sie den Stall. Draußen blieb sie stehen und kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Sie warf einen Blick zum Haus hinüber. Ob Pete wohl da war? Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seitdem er ihr mit dem Absatteln der Pferde geholfen hatte.
Den ganzen Nachmittag über hatte sie an seinen Gesichtsausdruck denken müssen, an seine harsche Stimme, als er von seiner Mutter gesprochen hatte, und an die Bitterkeit, mit der er seinen Vater erwähnte. Selbst nach all den Jahren schien die Erinne rung an seine Mutter noch sehr lebendig zu sein, und offenbar hatte er auch ein schlechtes Gewissen wegen ihr.
Natürlich war in erster Linie sein Vater verantwortlich für den Autounfall und die Leiden seiner Mutter, doch Carol hatte das Gefühl gehabt, dass auch Pete sich Vorwürfe machte. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, wesha lb, doch sie hatte dieses Schuldgefühl an seinem kurz angebundenen Ton erkannt und an seinem verschlossenen Gesicht, während er ihr die Situation
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