Nur Blau - Roman
Kofferraum.
Ben rotierte. Was für ein Psychopath, dachte er.
Er steckte den Schlüssel wieder ins Zündschloss und drückte noch einmal den Knopf für das Verdeck. Mit einem Surren kam es von hinten nach vorn. Ben sperrte den Regen aus. Gottseidank, flüsterte er. Sie saßen nebeneinander, keiner sagte etwas. Alles stand still, kein Auto bewegte sich. Es muss ein schrecklicher Unfall gewesen sein, dachte er. Draußen kam der Regen mit gewaltiger Wucht nach unten. Mosca schaute den Tropfen zu. Er hatte keine Eile mehr.
Noch eine Stunde standen sie zwischen den anderen Autos, noch eine Stunde schwiegen sie beide, dann setzte sich die Kolonne wieder in Bewegung und Mosca brach das Schweigen.
Können Sie mich nach München bringen, mein Flugzeug ist schon gestartet.
Ben zögerte.
Warum sollte ich diesen Wichser nach München fahren, drei Stunden mit diesem Anzugpsycho im selben Wagen.
Ja, ich bringe Sie hin, aber wir schalten die Uhr ab. Sie bezahlen fünfhundert Euro.
Ist gut, sagte Mosca.
Dann legte er seinen Kopf nach hinten und schlief ein.
Als er aufwachte, waren sie bei Stuttgart, kurz vor einer Raststation. Ben hatte sich umgezogen. Er hatte immer etwas im Kofferraum. Er hatte am Pannenstreifen gehalten, seine schmierigen Sachen ausgezogen, um neue schmierige Sachen anzuziehen. Aber sie waren trocken. Er nahm das Bild in die Hand und öffnete das Packpapier einen Spalt weit. Ein blaues Bild. Nur Blau.
Was für ein Dreck, dachte er.
Doch dann begann er zu überlegen.
Es ist wertvoll, hat der Wichser gesagt.
Während Mosca schlief, ging er seine Möglichkeiten durch. Er könnte an einer Raststation halten, er würde tanken, während der Mann im Anzug sich etwas zum Trinken holte, er würde nur so tun, als müsste er tanken, er würde losfahren, wenn der Mann in der Raststation verschwunden war, er würde das Bild stehlen, es verkaufen und reich sein.
Das war ein guter Plan, dachte Ben. Und der Wichser hat es nicht anders verdient.
Ich muss tanken, sagte er, als Mosca die Augen aufschlug. Und vielleicht wollen Sie sich erfrischen.
Es machte ihm Spaß, sich so gewählt auszudrücken.
Mosca sagte, ja, er würde gerne einen Kaffee trinken, eine Kleinigkeit essen und sich frisch machen, er habe es jetzt nicht mehr eilig.
Ben stellte sich sein Gesicht vor, wenn er aus der Raststation kommen und feststellen würde, dass der verschissene Taxifahrer mit seinem Bild davongefahren war.
Mosca stieg aus und ging direkt in das Café.
Ich warte da vorne, sagte Ben.
Er blieb stehen, bis Mosca die Tür hinter sich geschlossen hatte, und fuhr los.
Es hatte aufgehört zu regnen, er war wieder auf der Autobahn, er würde das Bild verkaufen, er würde wegfahren, weg aus dieser Scheißstadt, weg von diesen Anzugwichsern, weit weg, er würde nie wieder zurückkommen, vielleicht würde er sich auch Anzüge kaufen, aber schrille Anzüge, und viele kleine, bunte Pillen, er würde dann glücklich sein. Er fuhr schnell, er war müde, er überlegte.
Was, wenn ihn der Anzugtyp findet, was, wenn er ihn sucht und findet.
Plötzlich waren sie da, diese bohrenden Gedanken, sie kamen ganz plötzlich in seinen Kopf, er begann zu zweifeln.
Was, wenn er sich die Nummer des Taxis gemerkt hat, es gibt nur ein Cabriotaxi in Frankfurt, er ist leicht zu finden, wenn man ihn finden will, und der Mann im Anzug wird das wollen. Ben wusste plötzlich, dass er umdrehen musste.
Er war vom Parkplatz gerast, er hatte Musik gemacht, sich eine Tablette in den Mund geworfen und von einer sauberen Zukunft geträumt. Plötzlich war da aber die Angst, dass sie ihn finden würden, dass sie ihn wegsperren würden wegen diesem verschissenen Bild. Er musste zurück, schnell. Ben trat aufs Gas. Er würde bei der nächsten Ausfahrt umkehren, er würde zurückfahren, der Wichser würde nichts merken, er würde rechtzeitig da sein, noch bevor er seinen Kaffee ausgetrunken hat, bevor er aus der Bar gekommen war. Ben fuhr schnell. Mosca bezahlte, Ben konnte die Raststation schon sehen, zwei Minuten noch. Mosca stand auf und ging nach draußen. Ben raste. Mosca schaute nach rechts zu den Zapfsäulen, auf den Parkplatz, er suchte das Cabrio, er ging ein paar Schritte, er konnte den Wagen nicht sehen, das Taxi war nicht da. Ben fuhr von der Autobahn ab, er fuhr in der Gegenrichtung wieder auf, er fuhr doppelt so schnell, wie er durfte, er musste, er kam zur Raststation, er konnte ihn sehen, den Mann im Anzug. Wie er da stand und ihn suchte. Ben fuhr auf
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