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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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abartigen Traum.
    Er schaute hinüber zu Mosca.
    Was für ein Lackaffe, dachte er, so ein Wichtigtuer, irgend so ein reiches Arschloch in einem teuren Anzug. Wie ich sie hasse. Sie meinen, sie sind besser als die anderen, er schaut mich an, als wäre ich Dreck, ein kleiner, billiger, drogenfressender Arsch.
    Ben war wütend. Auch wenn es stimmte, er hasste die Blicke, die ihm genau das vor Augen zerrten. Immer schon. Vor zwei Jahren hatte ihn ein Anzugmensch angezeigt, wegen Diebstahls. Er war verurteilt worden. Seitdem verachtete er alle, die dem von damals ähnlich sahen. Und das waren viele.
    Seit vierzehn Jahren fuhr er Taxi.
    Er wollte immer etwas anderes tun, aber er hatte es nicht geschafft. Sein Taxi war Sicherheit für ihn, es brachte ihm nicht nur Geld, es war so etwas wie seine Familie, sein Zuhause, Heimat. Er hatte sonst nichts, außer seine Pillen. Aber unter den tausenden Taxifahrern in Frankfurt war er etwas Besonderes, er stach heraus, man erinnerte sich an ihn, wie er aussah, wie er redete. Er war gutaussehend, ein richtig schöner Mensch. Unter seiner ungepflegten Schale verbarg sich eine natürliche Schönheit, an die man sich erinnerte. Aber er ließ sich gehen. Weit weg von sich. Lange schon. Ben war schön, Ben hatte ein Cabrio, aber Ben war ein Arschloch. Das wusste er, aber er tat nichts, um etwas daran zu ändern.
    Seine Freundin Anna wusste das noch nicht. Aber sie würde es herausfinden irgendwann. Sie waren noch nicht lange zusammen. Er zeigte ihr seine schönste, edelste Seite, wusch sich die Haare und überlegte sich, was er anzog bevor er sie traf. Er bemühte sich, ein feiner Mensch zu sein. Er kochte sie ein. Bis sie weich war. Er würde sich anstrengen, bis er zehn Mal mit ihr geschlafen hatte. Dann würde er mit dem Zuspätkommen beginnen, mit seinen lieblosen Unaufmerksamkeiten, er würde sich seine Haare nicht mehr waschen und sie verletzen. Dann würde sie ihn verlassen.
    Dann wäre er wieder frei.
    Es war immer dasselbe. Nach dem fünften Mal begann er sich zu verabschieden. Nach dem zehnten Mal war er weg. Mehr wollte er nicht. Mehr konnte er nicht. Meistens ging es einen Monat, manchmal etwas länger. Dann begann er, keine Zeit mehr zu haben, zu stinken, sie zu versetzen, sie zu beleidigen. Mit Anna war er noch nicht ganz so weit, er würde sie noch ein paar Mal ficken, bevor Schluss wäre. Er würde sich Zeit lassen, sie war etwas Besonderes. Malerin, sagte sie. Aber sie arbeitete als Kellnerin. Ihre Bilder hatte er nie gesehen.
    Ich zeige sie dir, warte noch ein wenig, ich möchte dich zuerst noch besser kennen lernen, hatte sie gesagt.
    Er hatte die Augen verdreht.
    Du bist eine verschissene Kellnerin, keine Malerin, hatte er gedacht.
    Aber sie gefiel ihm. Ihre Locken, ihr Körper, ihr breites, weißes Lachen. Wenn er das Anzugarschloch abgeladen hatte, würde er bei ihr vorbeifahren und sie ficken, sie würde juchzen, sie würde ihn anhimmeln und von gemeinsamen Kindern träumen.
    Sie sind alle gleich, dachte er.
    Er hustete. Er rauchte zu viel. Er räusperte sich, sammelte etwas in seinem Mund und spuckte es zur Seite.
    Widerlich, dachte Mosca.
    In der Öffentlichkeit zu spucken zählte für ihn zum Ekelhaftesten. Er spürte die Aggressivität des Taxifahrers und beschloss, ihn zu ignorieren, sie würden bald da sein, er würde in der Businessclass sitzen und sich von einem freundlichen Menschen Whiskey servieren lassen. Er würde fliegen und Whiskey trinken. Dann kamen sie in einen Stau. Auf der Autobahnauffahrt. Alles kam zum Stillstand. Ein Unfall. Sie sahen den Rettungshubschrauber fliegen, sie konnten nicht vor und zurück, sie saßen fest. Ben fluchte. Dauernd spuckte er und rauchte. Eine nach der anderen. Er hätte auch geraucht, wenn es kein Cabrio gewesen wäre.
    Mosca schaute auf die Uhr, die Zeit wurde knapp, sie standen bereits vierzig Minuten, nichts rührte sich. Mosca saß still in seinem Sitz, er wirkte entspannt, die stehenden Autos brachten ihn nicht aus der Ruhe, er schaute vor sich hin, der Taxifahrer war ihm egal.
    Ben dachte an Anna, an ihre weißen, geilen Schenkel, an ihre rasierte Möse, er verfluchte seinen Fahrgast, wie er dasaß und keine Reaktion zeigte, wie er einfach nur ruhig dasaß und nicht nervös wurde, wie er nicht bereit war, sich zu ärgern. Arrogantes Arschloch, dachte er.
    Mosca dachte an Jo.
    Wie viel Freude er mit dem Bild gehabt hatte. Mosca musste das Original immer wieder umhängen, Jo ging aus dem Raum und Mosca hängte es

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