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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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gefahren, mit ihm im Lift nach oben, er hatte sich mit ihm in seiner Bettwäsche gewälzt, er war neben ihm eingeschlafen, ohne Angst.
    Als er aufwachte, schaute ihn Jo an und fragte ihn, ob er hier wohnen könne. Er war verwirrt, er spürte Jos Hand auf seinem Bauch, er spürte die Wärme um sich, er war nicht mehr allein. Ich werde es mir überlegen, sagte er.
    Nackt machte Jo Frühstück. Mosca zog sich an. Zärtlichkeit war für beide neu.
    Ohne es zu sagen, fühlten beide, dass sie angekommen waren, dass sie etwas gefunden hatten, dass etwas anders war als sonst.
    Zwei Wochen später bekam Jo den Schlüssel.
    Fünf Jahre später fiel er von der Leiter.
    Jetzt hatte Mosca es wieder getan, das mit dem Finger.
    Er hatte nicht nachgedacht, er hatte zum ersten Mal wieder etwas gefühlt, etwas wie Lust, das Bedürfnis nach Nähe, nach Haut, nach einer anderen Hand. Er wollte zurück nach Frankfurt in seine Wohnung, zu Jos Bildern, er wollte schlafen, er hatte alles geplant, er hatte das Bild abgegeben, er hatte Jos Wunsch erfüllt, er würde zurück nach Frankfurt fliegen. An einen anderen Mann dachte er nicht. Onni war einfach da. Er saß ihm plötzlich gegenüber und die Nähe, die er spürte, war schön.
    Seit Jos Tod war er wieder allein in seiner Welt, da war niemand sonst, nur Yves Klein und die Erinnerung an Jo. Das wieder zu finden, was er verloren hatte, daran glaubte er nicht. Und doch, in diesem Moment, im Flugzeug, auf der Toilette, spürte er kurz etwas, das sich glücklich anfühlte, etwas Vertrautes. Mosca wusste nicht, ob er enttäuscht, ob es ihm egal war, dass dieses Gefühl so schnell zu Ende war. Er hatte kurz die Hauptstraße verlassen, hatte kurz seinen Plan zur Seite geschoben, hatte sich kurz hinreißen, hatte sich treiben lassen, hatte vielleicht gehofft, etwas zu spüren, das er vermisste irgendwo unter seiner Haut.
    Das Flugzeug wackelte.
    Mosca saß neben Onni, das Abschnallzeichen leuchtete auf, er atmete tief ein und aus. Er war glücklich. Seine Welt funktionierte, er hatte nichts zu verlieren.
    Onni stand neben ihm im Bus, der sie zum Flughafengebäude brachte, er redete auf Mosca ein, erzählte von seinem Hund, dem er im Stammlokal immer dänischen Pfannkuchen bestellte. Er überredete Mosca, noch etwas zu trinken, noch etwas Zeit miteinander zu verbringen. Er schob ihn den langen Gang entlang hinein in eine türkische Bar. Lass uns reden, Mosca, lass uns noch etwas trinken, erzähl mir von diesem Klein.
    Moscas Kopf war groß und weit, er fühlte sich klar und seine Gedanken tanzten wild herum, er schaute ihnen zu, er beobachtete sie, wie sie aus ihm herauskamen, neue und lange nicht gedachte. Er ging mit Onni in die Bar und ließ alles geschehen.
    Onni bestellte Bier und redete, er beugte sich weit in den Tisch hinein, hinüber zu Mosca, sein Gesicht war dicht vor Moscas, er sprach eindringlich, er wiederholte sich immer wieder. Er erzählte davon, dass er in diesem Labor war, in dem Labor mit den Stammzellen, dass er sich vor Ort informieren wollte, dass es fantastisch sei, was diese jungen Forscher entwickelt haben, dass es bereits an vierzig Personen getestet worden ist, dass es funktionierte, dass sie alle wieder dicht waren, dass man ihnen einen neuen Muskel hat wachsen lassen, dass sie jetzt wieder normal leben, dass er sich auf eine Liste hat setzen lassen, dass er mit all seinen Attesten dort war, dass sie ihn behandeln würden, dass es möglich sei, dass die Chance bestünde, dass er Anzüge tragen könnte irgendwann, aber dass er zehntausend Euro dafür bräuchte. Onni zeigte Mosca die Stelle, an der sie die Stammzellen entnehmen und wo sie sie wieder einsetzen. Mosca nickte nur.
    Er dachte an Jo, wie er in den Wohnraum kam, auf ihn zuging, seine Hände zu Klauen formte, seine blauen Finger verkrümmte und versuchte, die frische Farbe in Mosca loszuwerden. Er warf sich auf ihn, befleckte das weiße Hemd. Dann seinen Nacken und dann sein Gesicht. Mosca wehrte sich, zuckte unter Jos Gewicht am Boden, versuchte die blauen Hände abzuwehren, er hielt Jos Arme fest, konnte es aber nicht und spürte, wie die Farbe in sein Gesicht kam.
    Ich werde dich blau malen, lachte Jo. Ich werde dich tränken.
    Mosca lag da und ließ Jos Hände über sich.
    Onni winkte der Kellnerin.
    Willst du auch Kaffee.
    Mosca nickte und lachte der Chinesin ins Gesicht, die zum Tisch kam. Onni bestellte und erzählte weiter. Wie er in dem Büro des Institutsleiters zusammengebrochen ist, wie er den Mann

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