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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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mit dem Bild vor sich.
    Mit all dieser Liebe dazwischen.
    Mirella schlief tief. Sie war über drei Stunden wach gesessen und hatte das Bild angeschaut. Sie hat lange geweint und dann das Bild aus dem Wagen geholt. Sie ist dagesessen und hat es angestarrt. Bis sie eingeschlafen ist. Herta löste ihre Hand und ging zu ihr hin.
    Nein, weck sie nicht auf, Herta, ich will jetzt hier weg. Herta drehte sich kurz um zu ihm und lächelte ihn an. Dann nahm sie vorsichtig die Decke und wickelte sie um die alten Beine. Sie zog die Decke so weit es ging nach oben und beugte sich hinunter zu dem alten Gesicht.
    Was machst du, zischte Olivier, bitte lass sie schlafen, Herta, komm jetzt, bitte.
    Herta hörte das alte Atmen, berührte die faltige Haut. Sie ging mit ihrem Gesicht ganz nah zu dem von Mirella und drückte ihre Lippen, so sanft sie konnte, auf ihre Wange.
    Danke, flüsterte sie leise.
    Mirella bewegte sich kurz. Einen kleinen Augenblick lang nur. Sie zog die Decke noch höher ins Gesicht, hob kurz ihren Kopf, ließ ihn aber wieder zur Seite fallen und schlief weiter. Herta lächelte und ging zurück zu Olivier. Das Bild, flüsterte er, nimm das Bild mit, Herta.
    Er war aufgeregt von einem Fuß auf den anderen gestiegen. Unter keinen Umständen wollte er, dass Mirella aufwachte, dass sie wieder zu dritt waren. Er wollte mit Herta zum Auto und wegfahren, weg von diesem Parkplatz. Er wollte zurück in diese weiche Umarmung, er wollte weiter in Hertas Haut herumstreifen, er wollte nach Frankfurt. Er wollte, dass sich Herta wieder auf ihn setzte, noch tausend Mal.
    Das Fernlicht haben sie ausgemacht. Mirella saß im Halbdunkel vor ihrem Auto. Olivier und Herta haben das Bild in den Kofferraum des Alfa gelegt und sind langsam und still vom Parkplatz gerollt. Im Rückspiegel saß Mirella. Es war friedlich auf dem Parkplatz. Weil sie da war.
    Ich wollte einfach mit dir alleine sein, sagte Olivier mit Blick nach hinten, ich wollte mit dem Bild und dir in Sicherheit. Eine beeindruckende Frau. Gut, dass du sie geküsst hast.
    Ich habe es für uns getan, sagte Herta.
    Ihre Hand lag auf Oliviers Schenkel.
    In eineinhalb Stunden sind wir da, bis dahin können wir überlegen, was wir tun. Ja, ich fahre langsam, Lieber, entspann dich. Die Autobahn gehörte ihnen.
    Das war vor dreieinhalb Stunden.
    Sechseinhalb Stunden, nachdem Bens Beifahrertür aufgegangen war.
    Fahr endlich los, hatte die Chinesin geschrien, so lange, bis Ben die Schlüssel umgedreht hatte und losgefahren war.
    Ich bezahle, was du willst, hatte sie gesagt, aber bitte fahr jetzt.
    Nachdem sich Ben dreimal geschlagen und fieberhaft versucht hatte, in seinem Kopf Ordnung zu schaffen, war er sich sicher, dass das kein Traum war. Dass wirklich eine kahlgeschorene Chinesin neben ihm saß. Dass es vielleicht besser war, das Geld zu nehmen, als diese hysterische Fotze mit den Locken zu treffen. Dass sie ihn so und anders nicht verdient hatte. Dass er ihre kranken Anweisungen nicht länger ertragen wollte. Dass sie ihn am Arsch lecken konnte. Dass er die Chinesin fahren und ihr Geld nehmen würde. Und sich vielleicht in ihrem Busen verkriechen würde in dieser Nacht. Keine großen Titten zwar, aber spitz und hart. Er war sich sicher. Er startete den Wagen.
    Wohin willst du, fragte er.
    Weg hier, zuerst einmal nur weg hier, schnell.
    Sie hörte Alis wütende Stimme in der Nähe der Würstchenbude. Eine Menschentraube hatte sich gebildet, alle wollten Würste, alle wollten sie gleichzeitig. Ming kannte das. Ali war außer sich. Er konnte sich nicht erklären, wo sie geblieben war, warum sie ihm jetzt davonlief, er hatte ihr geholfen, er hatte den dünnen Ausländer für sie verprügelt, aber jetzt war der Spaß zu Ende. Jetzt war Wurstzeit, das waren die besten zwei Tage im Jahr, während dieses Clubbings würde er über viertausend Würste verkaufen.
    Er brauchte Ming. Er schrie nach ihr, laut.
    Die ganze Nacht lang.
    Aber Ming kam nicht zurück.
    Sie saß neben Ben in dem Taxi, sie griff nach dem Scheck in ihrer Tasche und fühlte das Geld, sie spürte die Möglichkeiten, die sie jetzt hatte, in ihrer Hand. Es fühlte sich gut an. Sie lehnte sich tief in die Lederpolsterung hinein und schaute sich die deutschen Häuser an, die an ihr vorbeizogen.
    Danke, dass du mich fährst, sagte sie.
    Ben hatte einige Male gefragt, wo es hingehen sollte, aber er bekam keine vernünftige Antwort, fahr einfach, hat sie gesagt, ich muss mir das noch überlegen.
    Ben schaute immer wieder auf

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