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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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das Taxameter und freute sich über diese chinesische Unvernunft. Das wird eine gute Fahrt, dachte er, ich spüre das. Ich spüre, das wird dauern. Er ließ sie neben sich sitzen und fuhr. Die Tatsache, dass sie Chinesin war, war ihm immer noch etwas unangenehm, aber er fand sich schnell ein in der neuen Situation. Anna war Geschichte.
    Wie heißt du, fragte er.
    Ming, sagte sie.
    Sie hatte einen Namen, ihre Haut war glatt und dunkel, sie war barfuß, ihre Sandalen hatte sie abgestreift. Sie nahm ihre Beine hoch und stemmte sie gegen das Armaturenbrett.
    Stört dich das, fragte sie.
    Ben überlegte. Er betrachtete ihre zarten, knochigen Füße, wie sie auf der frisch polierten Plastikarmatur lagen. Eigentlich war es Sünde, es war fast ein Verbrechen. Aber er ließ sie.
    Ist gut, sagte er.
    Dann schaute er wieder auf das Taxameter. Er fuhr zum dritten Mal das linke Mainufer entlang.
    Ich muss überlegen, sagte sie. Ich muss zu einer Bank, ich muss einen Scheck einlösen. Und dann will ich weg hier.
    Wohin, fragte Ben.
    Egal, sagte sie. Frankreich vielleicht. Was kostet es mich, wenn du mich nach Paris bringst.
    Sie schaute ihn nicht an, sie sah nur diese hässlichen hohen Häuser, diesen widerlichen Fluss, ein paar Spaziergänger, Boote.
    Frankfurt–Paris, was willst du dafür.
    Ben gab sich gelassen. Innen tanzte er. Zum zweiten Mal an diesem Tag stand ihm eine außerordentliche Fuhre ins Haus, mehr noch, mit dieser Fahrt konnte er sich eine kurze Auszeit leisten, sich irgendwo an den Strand legen, neues Zeug besorgen.
    Ist das dein Ernst, fragte er.
    Warum nicht, sagte sie, aber du darfst dich nicht mehr schlagen, das macht mir Angst.
    Ach das, ich hatte einen kaputten Tag und ich habe lange nicht richtig geschlafen, ich hatte schlimme Träume, ich schlage mich nicht mehr. Versprochen.
    Sie schaute ihn an. Er war schön, er gefiel ihr.
    Was für ein süßer Trottel, dachte sie.
    Was für ein Tag, dachte er.
    Die erste Bank öffnet um sieben oder acht, sagte er, so lange musst du noch warten.
    Scheiß Deutschland, sagte sie. Eine Stadt voll von Banken und keine hat geöffnet.
    Ming sagte etwas auf Chinesisch.
    Was für ein durchgeknalltes Weib, dachte Ben. Er schaute auf ihre Beine. Gerne hätte er über ihre Schenkel geleckt in diesem Moment, ihre Zehen in seinen Mund genommen. Das Auto am Straßenrand abgestellt und seine Zunge zwischen ihre Beine gesteckt.
    Du musst so lange warten, sagte er, und ich brauche meinen Reisepass und ein paar Sachen. Ich fahre dich. Frankfurt–Paris, zweitausend Euro. Er lächelte.
    Ist gut, sagte sie. Holen wir deinen Reisepass. Und ich muss etwas schlafen. Fahren wir zu deiner Wohnung.
    Ming sprach mit einem Selbstverständnis, dass Ben kurzfristig wieder zu zweifeln begann, ob er nicht doch wieder träumte. So gefiel ihm die Welt, schnell und spontan, und er in der Hauptrolle.
    Ist gut, sagte er, wir holen meine Sachen, du schläfst ein paar Stunden, wir gehen zur Bank und dann fahre ich dich.
    Ben schob sich heimlich etwas in den Mund. Diese Stadt war großartig in dieser Nacht. Er parkte.
    Da wohne ich, sagte er, erwarte dir nicht zu viel, ich bin selten da und ich will ohnehin weg von hier.
    Sie gingen durch ein hässliches Treppenhaus in den zweiten Stock. Es roch nach Bratfett, die Lampe im Flur war kaputt. Ming folgte ihm durch eine schwarze Tür in eine kleine, schmuddelige Wohnung.
    Hier war sie sicher, hier würde sie Ali nicht finden, hier würde sie die Nacht verbringen. Ben versuchte schnell, ein wenig Ordnung in die Wohnung zurückzubringen, aber der Weg dorthin war zu weit. Ming machte sich neben uralten Zeitungen und einem schmutzigen Teller Platz auf der Couch. Sie beobachtete ihn.
    Schön hast du es hier nicht, sagte sie, aber egal, wenn du willst, kannst du mich jetzt ficken.
    Ben schaute zu ihr hin mit seinem gierigen Mund.
    Was hast du gesagt.
    Er starrte sie an. Er war sich nicht sicher. Was hatte sie gesagt.
    Schön hast du es hier nicht, habe ich gesagt. Ein Drecksloch ist das.
    Ming rutschte noch weiter von dem schmutzigen Teller weg.
    Hast du sonst nichts gesagt.
    Ben starrte sie immer noch mit offenem Mund an.
    Nein, sagte Ming, was soll ich da noch sagen, ich will ein paar Stunden schlafen und dann weg von hier.
    Ben begann seinen Kopf zu schütteln.
    Er versuchte, den Satz wiederzufinden, aber er fand ihn nicht. Sie hatte ihn nie gesagt.
    Ben stand vor ihr und schüttelte sich, er warf seinen Kopf von links nach rechts, er presste seine Augen zusammen

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