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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Gatward.
    Der Abt versicherte ihm, dass die Mönche für seinen Glauben beten würden, sprach ein kurzes Gebet mit ihm und ging.
    Gatward öffnete die Augen und starrte in die Dunkelheit seiner Zelle. Bald würde die Trommel zur Matutin rufen, und alle würden sein von Sorgen zerfurchtes Gesicht sehen. Vielleicht sollte er heute Morgen lieber in seiner Zelle bleiben; er musste über seine Probleme nachdenken – diejenigen, die er nicht mit dem Abt oder einem der Mönche teilen konnte, oder besser: zu teilen wagte.
    Timon Cort.
    Lara Gherardi.
    Was für eine Scheiße.
    Hatte Timon Cort vor seinem Tod irgendetwas verraten? Hatte Lara Gherardi noch etwas gesagt? Hatten sie etwas bei sich getragen, das dem Feind als Hinweis dienen konnte?
    Es war ein Fehler gewesen, Lara zu schicken, und er bereute es inzwischen zutiefst. Sie war ein guter Mensch gewesen. Er hatte aus der Panik heraus gehandelt, hatte nicht gründlich genug nachgedacht und ihr nicht genügend Zeit für die Planung gelassen. Er hätte besser jemanden geschickt, der emotional unbeteiligt war. Laras Liebe zu ihrem Apostel musste ihr Urteilsvermögen getrübt haben.
    Als Ergebnis akribischer Planung, eiserner Disziplin und striktem Vertrauen in die Führung Gottes, hatte innerhalb von fünf Jahren nicht einer seiner Apostel einen Fehler begangen. Jetzt waren binnen weniger als achtundvierzig Stunden zwei von ihnen gestorben.
    Er bedeckte das Gesicht mit den Händen und begann, aus Psalm  73 zu rezitieren.
    »Mein Herz war verbittert, mir bohrte der Schmerz in den Nieren; ich war töricht und ohne Verstand, war wie ein Stück Vieh vor dir.«
    Draußen hörte er Trommeln. Die trockenen Schläge von Holz auf Holz, erst leise, dann anschwellend zu einem rasenden Crescendo, das über die schweren Bodenplatten des Hofs und über die Klostermauern hinweg hallte.
    Das Trommeln wurde lauter.
    Als schlüge jemand auf einen hölzernen Gong in seinem Kopf.
    Ich komme ja schon, ja, ja, ich komme zur Matutin.
    Und noch lauter.
    Seine Tür flog auf. Erschrocken blickte er auf, direkt in blendend weißes Licht. Im nächsten Moment hörte er ein scharfes Zischen, roch etwas Säuerliches, wie schlecht gewordenes Parfüm, und zugleich wurde er in eine feuchte, beißende Wolke eingehüllt.
    Es war ein Gefühl, als hätte man ihm Säure in die Augen gespritzt. Er schrie auf vor Schmerzen, kniff die Augen zu und presste die Hände gegen das Gesicht. Jetzt schmerzten auch seine Kehle und seine Lunge, als stünden sie in Flammen.
    Er versuchte, sich an seine militärische Ausbildung zu erinnern. Ruhig bleiben. Keine Panik. Erst nachdenken, dann handeln. Doch er erstickte, sein Hals, seine Nase, seine Bronchien brannten wie Feuer. Er versuchte, die schmerzenden Augen zu öffnen, konnte aber nichts sehen außer einem verschwommenen grellen Licht. Er versuchte, nachzudenken und zu erfassen, was hier geschah.
    Er stolperte gegen seinen Tisch, kippte damit um und hörte ein lautes Krachen – vermutlich war sein Laptop mit zu Boden gestürzt. Instinktiv kauerte er sich zusammen und rollte umher:
immer dem Feind ein bewegliches Ziel präsentieren.
    Er prallte gegen etwas Hartes. Ein Bein seines Bettes. Dann gegen die Wand. Blieb still liegen. Er hustete und keuchte; seine Augen brannten, und er rang nach Luft.
    Draußen ertönten Stimmen. Unbekannte Stimmen. Das Trommeln hatte aufgehört. Stattdessen hörte er Schritte, alle möglichen unbekannten Geräusche. Jemand schrie wütend im Hof, es klang nach Pater Yanni.
    Harald Gatward versuchte, sich aufzusetzen, zwang sich, die Augen zu öffnen und sah durch den Tränenschleier eine Gestalt, einen dunklen, undeutlichen Schatten, über sich aufragen.
    Sein Husten ebbte ab, und der beißende Geruch verflog ein wenig. Er atmete tief ein, aber es war, als schlügen Flammen in seine Lunge, und wieder musste er heftig husten. »Wer – wer sind Sie …?«, keuchte er unter Schmerzen, blinzelnd und angsterfüllt, in dem verzweifelten, aber vergeblichen Versuch, wieder klar zu sehen.
    Die Stimme war die eines Amerikaners mit schwachem Kansas-Dialekt, und sie klang ein wenig erstickt. Er sagte: »Wo sind die Kinder, Arschloch?«
    Gatward bemühte sich, ein Wort herauszubringen, erlitt aber erneut einen Hustenanfall. Das Licht, das ihm ins Gesicht schien, verschlimmerte die Schmerzen in den Augen, und er legte die Hand darüber.
    » HÄNDE AUF DEN KOPF , ARSCHLOCH ! EINE AUF DIE ANDERE !«
    Nach kurzem Zögern gehorchte Harald Gatward.
Wer zum

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