Nur dein Leben
wissenschaftlichen Fortschritt aufzuhalten. Der Führer sowie vierzig Mitglieder wurden verhaftet.«
»Haben sie sich alle auf dieser Insel aufgehalten?«, hakte John nach.
Pelham antwortete: »Es könnte durchaus sein, dass die Entführer Ihre Kinder nicht zur Insel gebracht haben und sie irgendwo anders festhalten.«
»Und was glauben Sie, werden sie mit ihnen anstellen, nachdem ihre Organisation aufgeflogen ist? Mit ihnen einen lustigen Ausflug nach Euro Disney unternehmen?«
»Alle Verhafteten werden zurzeit verhört. Ich versichere Ihnen: Falls irgendeiner der Apostel Informationen über den Aufenthaltsort Ihrer Kinder hat, werden wir sie aus ihnen herauskitzeln.«
»Ich hoffe, die foltern diese Dreckskerle zu Tode!«, stieß Naomi hervor.
115
ZWEI STUNDEN SPÄTER saßen sie im Sprechzimmer von Sheila Michaelides. John hielt Naomis Hand fest in seiner. Renate Harrison, ihr unzertrennlicher Schatten, saß neben ihnen.
Naomi starrte an der Psychologin vorbei durch das Fenster, hinaus auf den umfriedeten Garten, während die Polizistin Sheila Michaelides auf den neuesten Stand brachte. Naomi beneidete die Psychologin um die Beschaulichkeit ihrer Existenz.
»Es tut mir so leid für Sie!«, sagte sie an John und Naomi gewandt, nachdem Renate Harrison geendet hatte. »Zwei Polizisten haben mich am Samstagnachmittag befragt, und ich habe ihnen so viele Informationen gegeben, wie ich konnte.«
Sie trug einen flauschigen, frisch aussehenden weißen Kaschmirpullover, wirkte aber müde. Sie hatte so dick Make-up aufgetragen, wie es Naomi noch nie an ihr gesehen hatte, und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Sogar ihren Haaren fehlte die übliche Sprungkraft.
»Sie hatten vor, einige der anderen Eltern im Ausland zu kontaktieren«, sagte John. »Hatten Sie Erfolg?«
»Ja, den hatte ich …« Sie warf einen Blick auf ihren Computerbildschirm. »Ständig erhalte ich neue E-Mails, eine ganze Flut seit gestern Morgen. Irgendetwas ist da im Gange, was ich nicht erklären kann. Aber vielleicht können Sie es?« Sie starrte Renate Harrison an.
»Was meinen Sie damit?«, fragte die Familienbetreuerin.
»In den vergangenen fünf Tagen sind sieben Zwillingspaare, die in der Klinik von Dettore gezeugt wurden, plötzlich spurlos verschwunden.«
»Sieben?«, rief John aus.
»Ja. Ich warte noch auf eine Bestätigung über ein Paar aus Dubai; dann wären es insgesamt acht. Und ich vermute, dass die Dunkelziffer noch wesentlich höher liegt.«
Naomi drehte sich auf ihrem Stuhl um und sah die Polizistin an. » DI Pelham hat von drei Zwillingspaaren geredet –
drei,
hat er gestern noch gesagt. Wie können es jetzt sieben oder acht sein?«
John hakte nach: »Sie sagten ›spurlos verschwunden‹. Aber es muss doch irgendwelche Zeugen oder Spuren geben?«
»Nein, offenbar nicht.«
»Sind sie alle in ungefähr demselben Alter?«, fragte John.
»Zwischen drei und fünf.«
»Und …«, fuhr John fort. »Sind – Naomi – und ich – die Einzigen, die eine Ahnung haben, wie ihre Kinder verschwunden sind?«
»Ich weiß, das erscheint unglaublich. Aber ich habe inzwischen mit fünf Elternpaaren telefoniert – ich war die halbe Nacht wach, weil sie in verschiedenen Zeitzonen leben –, und in jedem Fall erzählten sie mir, ihre Zwillinge hätten sich quasi in Luft aufgelöst. Es gibt nichts. Noch nicht mal eine wackelige Aufzeichnung von irgendeiner Überwachungskamera.«
»Warum wir?«, fragte Naomi. »Ich meine, warum haben wir Beweise und sonst niemand?«
»Weil in den anderen Fällen offenbar keine Gewalt im Spiel war«, antwortete Sheila Michaelides.
»Aber wer waren nur diese Leute, die den Apostel unmittelbar vor unserer Tür erschossen und anschließend Luke und Phoebe mitgenommen haben? Der barmherzige Samariter und sein bester Freund?«, brach es vor lauter Frustration aus Naomi hervor. »Haben die zufällig gerade einen Spaziergang über die Felder unternommen, ausgerüstet mit Schusswaffen und Nachtsichtbrillen?«
Ein unbehagliches Schweigen legte sich über die Runde. Niemand wusste darauf eine Antwort. Schließlich sagte die Psychologin: »Naomi, ich hoffe, dass ich im Laufe des Tages noch weitere Elternpaare erreichen kann. Ich kann nicht glauben, dass das alles Zufall ist, deshalb muss es einen gemeinsamen Nenner geben. Irgendein Anhaltspunkt wird sich finden.«
»Könnten wir persönlich mit diesen Eltern reden?«, fragte John.
»Mit ihrer Erlaubnis kann ich eine
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