Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
wieder nach Hause.«
»Ich werde sie für dich im Auge behalten. Wie heißt sie denn? Sjöberg?«
»Ja, Eivor. Und wie geht es dir? Und – wie hieß sie noch gleich – Ingrid?«
»Zu Ingrid Olsson habe ich keinen Kontakt mehr, eigentlich nie gehabt. Es waren ja nur die paar Wochen, die sich zufällig so ergeben haben.«
»Die barmherzige Samariterin …«, sagte Sjöberg.
»Ja, ja«, erwiderte Margit Olofsson abwehrend. »Mir geht es jedenfalls gut. Zwei mittlerweile glücklich ausgeflogene Kinder. Ein Mann in der Malerbranche und ich selbst …«
»Ist er denn nicht glücklich?«, unterbrach Sjöberg sie.
»… schufte hier jetzt schon in meinem dreißigsten Jahr.«
Sie hatte den Satz ganz automatisch beendet, aber jetzt betrachtete sie Sjöberg fragend. Er spürte, wie er rot wurde, und hoffte, dass es nicht zu sehen war. Warum stellte er solche Fragen? Was war bloß in ihn gefahren? Saß er hier etwa und flirtete mit Margit Olofsson, einer vollkommen unbedeutenden Person? Offensichtlich war es höchste Zeit, nach Hause zu fahren.
»Tja, auf seine Weise ist er wohl glücklich. So wie ich auf meine«, antwortete sie kryptisch und mit einem leichten, fast unmerklichen Lächeln. »Und du?«
Während der Sekunden, die Sjöberg brauchte, um sich eine Antwort zu überlegen, wurde er von einer fast unwiderstehlichen Sehnsucht gepackt, ihr von seinem seltsamen Traum zu erzählen. Sie weckte wundersame Gefühle in ihm, die er nicht in Worte zu fassen wusste. Es war keine Liebe, jedenfalls nicht die Art von Liebe, wie er sie für Åsa oder die Kinder empfand. Auch nicht Seelenverwandtschaft, denn was hatten sie schon für Gemeinsamkeiten? Gar keine vermutlich, jedenfalls keine, die er hinter der Fassade dieses Menschen, wie er ihn bislang erlebt hatte, meinte erahnen zu können. War es Begierde? Absolut nicht. Margit Olofsson – die weiß Gott nicht schlecht aussah und auch ihren Charme hatte – besaß nicht viel von dem, was er normalerweise an Frauen als attraktiv empfand.
Und trotzdem wurde er von ihr angezogen. Irgendetwas an dieser Frau brachte ihn dazu, dass er am liebsten auf ihren Schoß kriechen und sich bei ihr ausweinen wollte. Dass er ihr sein Herz ausschütten und seine intimsten Gedanken anvertrauen wollte. War es vielleicht dieselbe mütterliche Ausstrahlung, die Ingrid Olsson seinerzeit dazu gebracht hatte, sie um Hilfe zu bitten? Er hielt es nicht für wahrscheinlich. Er hatte bereits mehr Liebe, Fürsorge und Freundschaft, als er brauchte. Margit Olofsson brachte seine Gefühle auf eine Weise in Aufruhr, wie er es in seinem Leben, das jetzt immerhin fast schon ein halbes Jahrhundert umfasste, noch nie erlebt hatte. Er musste sich davon befreien, sich besinnen.
»Tja, man kann nicht klagen«, antwortete er und merkte sofort, dass diese Worte nach seiner Mutter klangen.
Er wollte es nicht, und dennoch saßen sie eine halbe Stunde an diesem Ort und sprachen über sich selbst und die großen und kleinen Probleme ihres Lebens, bis Margit Olofssons Pause zu Ende war. Als sich Sjöberg schließlich in sein Auto setzte, glaubte er nicht, dass er allzu viel von sich preisgegeben hatte. Den Traum hatte er nicht erwähnt.
Samstagmorgen
H anna lag lange, lange im Bett und wartete auf die vertrauten Geräusche. Obwohl die Rollos heruntergelassen waren, wurde es langsam hell im Zimmer. Sie fühlte sich überhaupt nicht müde, hatte aber trotzdem versucht, wieder einzuschlafen. Mama hatte gesagt, dass sie liegen bleiben und versuchen sollte, wieder einzuschlafen, wenn sie aufwachen würde und sonst noch niemand aufgestanden war. Jetzt hatte sie es so lange wie möglich versucht, aber länger schaffte sie es nicht. Sie beschloss, trotzdem aufzustehen und ein bisschen zu spielen, ohne die Tür aufzumachen. Sie krabbelte aus dem Bett und holte ein Puzzle aus dem Regal. Sie hatte sich die grüne Kiste mit dem Teddybärpuzzle ausgesucht und schüttete die Teile auf ihren kleinen Tisch. Der Tisch war rot mit grünen Stühlen. Papa und Hanna hatten die Möbel gemeinsam angestrichen, die blauen Blüten auf den Sitzflächen hatte Mama mit einem viel kleineren Pinsel gemalt.
Nachdem sie das Teddybärenpuzzle zusammengesetzt hatte, kochte sie ein bisschen Spielessen in ihrer Spielzeugküche. Im Ofen fand sie den batteriebetriebenen Mixer und schlug ein bisschen Sahne für Magdalena, die braunäugige Puppe mit den langen, dunklen, glatten Haaren und dem rosa Kleid. Der Mixer brummte gewaltig, und plötzlich fiel
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