Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
den er eigentlich empfinden sollte, war irgendwie nicht eingetreten. Barfuß ging er auf den Flur hinaus und holte die Tageszeitung. Dann schaute er in der Küche vorbei, wo er sicherheitshalber drei Glas Wasser trank und einen Kugelschreiber holte. Statt ein paar Stunden länger zu schlafen, legte er sich ins Bett und löste fast das gesamte Kreuzworträtsel. Als es zwanzig vor sieben war, stand er auf und machte sich fertig, um zum Krankenhaus in Huddinge zu fahren.
Seine Mutter hatte sich ordentlich erholt, und die Röntgenbilder zeigten keinerlei ernste Begleiterscheinungen der Rippenbrüche. Sjöberg chauffierte sie heim nach Bollmora und half ihr in die Wohnung im ersten Stock hinauf. Nachdem sie Tassen aus dem Schrank über der Spüle geholt hatte, kochte seine Mutter ihnen einen Kaffee, während Sjöberg im Bücherregal im Schlafzimmer nach einem Ordner suchte. Als er ihn gefunden hatte, setzte er sich zu ihr an den Küchentisch und half ihr dabei, die monatlichen Rechnungen zu bezahlen. Er blätterte hin und her in den Unterlagen und suchte nach der aktuellen Klarsichthülle. Plötzlich fiel sein Blick auf etwas ganz anderes.
»Was ist denn das hier? Björskogsnäs 4:14. Das ist doch ein Grundbuchauszug. Du besitzt ein Grundstück?«
»Nein, nicht dass ich wüsste«, antwortete seine Mutter zurückhaltend und ohne sich zu ihm umzudrehen.
Sie zog die Kanne von der Platte und schenkte ihnen Kaffee ein.
»Möchtest du ein bisschen Milch? Das ist gut für den Magen.«
»Ich habe keine Magenbeschwerden, Mama. Warum hast du ein Grundstück? Wo liegt es?«
»Das ist bestimmt noch irgendetwas von Papa. Es ist nichts.«
»Mama, natürlich ist da was. Es ist ein Grundstück. Wo liegt Björskogsnäs?«
»Ich bin so schlecht in Geografie, das weißt du doch. Ich habe wirklich keine Ahnung.«
Sie hatte ihm nach wie vor den Rücken zugewandt, also stand er auf und ging zur Spüle hinüber, um sie zu zwingen, ihm in die Augen zu schauen.
»Lügst du mich an?«, fragte er.
»Lügen? Pah!«, sagte sie nur und trug die Tassen zum Küchentisch hinüber.
Sie stellte sie ab, wandte dann ihre Aufmerksamkeit dem Ordner zu, blätterte ein wenig vor und zurück und sagte schließlich:
»Hier hast du die Rechnungen. Der Überweisungsblock und die Umschläge liegen im Regal.«
Sjöberg begriff gar nichts. Außer dass es sich nicht lohnte, mit seiner Mutter über irgendetwas reden zu wollen, über das sie selbst auf keinen Fall reden wollte. Er trank seinen Kaffee und schaute durch das Küchenfenster auf den grau bewölkten Himmel, während sie die Überweisungsformulare ausfüllte und unterschrieb. Nachdem Sjöberg die Rechnungen und Überweisungen noch einmal durchgesehen hatte, steckte sie sie in einen Umschlag und klebte ihn zu. Sjöberg musste einsehen, dass er kein Recht hatte, seine Nase in die Angelegenheiten seiner Mutter zu stecken. Wenn sie irgendwo heimlich ein Grundstück besitzen wollte, dann sollte es eben so sein. Und trotzdem – er konnte das Thema nicht einfach ignorieren. So viel war in ihrem gemeinsamen Leben unausgesprochen und ungeklärt geblieben. Er fühlte sich zu kurz gekommen durch all die Hinhaltemanöver, durch die Art seiner Mutter, weit um lästige Gesprächsthemen herumzumanövrieren und alles zu vermeiden, was schwierig zu werden drohte.
»Hatte er vielleicht etwas geerbt?«, fuhr Sjöberg fort. »Hat Papa das Grundstück von Oma und Opa geerbt?«
»Ich weiß es nicht, wie oft soll ich es dir noch sagen! Jetzt hör endlich auf!«
Es passierte nicht oft, dass seine Mutter laut wurde. Am besten würde er die Sache vergessen. Und so tun, als wäre nichts geschehen, in der gewohnten sjöbergschen Familientradition.
»Ich gehe noch für dich einkaufen, Mama. Was brauchst du denn alles?«
Gemeinsam stellten sie eine Einkaufsliste zusammen. Eine einfache Aufgabe, die nicht in irgendwelchen Diskussionen endete.
*
Hanna öffnete die Augen und stellte fest, dass sie nicht atmen konnte. Sie wusste nicht, wo sie war. Erschrocken begann sie mit den Armen zu rudern. Dann erinnerte sie sich, und ihr wurde klar, dass sie immer noch in der Badewanne lag. Sie setzte sich mühsam auf, spuckte und konnte endlich wieder tief durchatmen. Das verstand sie schon, dass man in der Badewanne nicht schlafen konnte. Nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, stellte sie sich auf die Füße. Ihr ganzer Körper tat weh, beinahe überall hatte sie Schmerzen. Sie bewegte sich jetzt langsam und vorsichtig, wollte
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