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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Liljensparre oder so heißen können? Nein, sie musste das Problem anders angehen. Vier Minuten später hatte sie gefunden, wonach sie suchte: das Verzeichnis aller Kleingartenkolonien in Stockholm auf den Seiten des Dachverbands der Groß-Stockholmer Kleingartenvereine. Es gab viele, beinahe achtzig Stück, aber sie beschloss, einen kühlen Kopf zu bewahren und einen nach dem anderen von ihnen zu besuchen. Am besten wäre es, mit den nächstgelegenen zu beginnen und sich langsam nach außen vorzuarbeiten; einen nach dem anderen abzuhaken und die Augen nach einem gelben Schloss und bösen Onkels namens Bergman offenzuhalten.
    Barbro Dahlström war zweiundsiebzig Jahre alt. Sie hatte als Gymnasiallehrerin für Englisch und Französisch gearbeitet und war seit dreizehn Jahren Witwe. Jeden Herbst pflegte sie mit einigen ebenfalls pensionierten Freundinnen in den französischen Alpen zu wandern, in Auberges zu wohnen und gut zu essen und zu trinken. Jetzt, gegen Ende September, war es an der Zeit, die dabei gewonnenen französischen Kilos wieder wegzuspazieren.
    Sie schmierte sich ein paar Butterbrote und steckte sie zusammen mit einer Thermoskanne Kaffee und einer Flasche einfachen Leitungswassers in den kleinen Rucksack, den sie immer mitnahm, wenn sie aus dem Haus ging. Dieses Mal ließ sie die Walking-Stöcke allerdings zu Hause, bevor sie sich in den milden Altweibersommer hinausbegab.
    Zuerst nahm sie Kurs auf die Gartenkolonie im Park Eriksdalslunden, wo sie schon viele Male spazieren gegangen war, und anschließend gedachte sie Södermalm im Uhrzeigersinn abzuarbeiten. Ihr war bewusst, dass dies alles kaum an einem Nachmittag zu schaffen sein würde, aber sie wollte nur von Tag zu Tag denken. Über Kopfhörer lauschte sie dem Wortsender P1. Manchmal, wenn sie der seriösen Stimme überdrüssig wurde, schaltete sie auf einen Musikkanal um. Das kleine, tragbare Radio hatte sie vor ein paar Jahren von ihrer Tochter zu Weihnachten bekommen, und mittlerweile hatte sie sich so sehr daran gewöhnt, dass sie sicherheitshalber immer Reservebatterien in ihrem Rucksack hatte.
    Der weitläufige Tantolunden-Park lieferte kein Ergebnis. Es waren keine gelben Schlösser zu sehen, aber sie ging systematisch zu Werke und suchte trotzdem alle Klingelbretter der nahe liegenden Häuser nach dem Namen Bergman ab.
    Nachdem sie erfolglos auch die Gartenkolonie in Årstalund inspiziert hatte, erlaubte sie sich eine kleine Ruhepause, zog die Kopfhörer heraus, setzte sich auf eine Parkbank und verzehrte ihre Butterbrote. Außer dem Gluckern der Wellen, die gegen den Strand der Årstabucht schlugen, war nichts zu hören. Ein paar Enten wühlten im Sand zwischen zwei großen Weiden, die so krumm gewachsen waren, dass sie aussahen, als würden sie kopfüber ins Wasser fallen und hätten ihre Äste ausgestreckt, um den Sturz zu bremsen. Sie versuchte sich ein Bild von der kleinen Hanna zu machen. Wie alt könnte sie sein? Ganz bestimmt viel zu klein, um alleine zurechtkommen zu können. Fünf Jahre vielleicht? Sechs?
    Barbro wurde klar, dass man sie kaum absichtlich zu Hause zurückgelassen haben konnte. Man überlässt ein so kleines Kind nicht sich selbst, nicht einmal für einen kurzen Augenblick. Nicht im Stockholm der Gegenwart mit all den elektrischen Geräten, dem dichten Verkehr, den Gewalttätern und Pädophilen, den ätzenden Putzmitteln, den Fenstern hoch über der Straße. Sie wagte kaum an all die Gefahren zu denken, die auf einen neugierigen, kleinen, unbeaufsichtigten Menschen lauerten. Die Mutter war bestimmt nur für ein paar Minuten fort gewesen. War in den Waschkeller gegangen oder musste schnell noch zum Laden.
    Aber was hatte es mit diesem Pyttipanna auf sich gehabt? Hanna hatte gesagt, dass sie sich selber Essen gemacht hatte. Sie hatte auch erzählt, dass sie sich wehgetan hatte und dass sie wollte, dass Papa aus Japan nach Hause kommen und pusten sollte. Das Mädchen hatte bestimmt eine lebhafte Fantasie, aber irgendetwas sagte ihr, dass das stimmte.
    Barbro Dahlström beendete ihr Picknick, packte sorgfältig eines der Butterbrote wieder in die Aluminiumfolie ein und steckte es zurück in den kleinen Rucksack. Dann nahm sie ihre Suche wieder auf. Versprochen war versprochen.
    *
    Die Rezeption war plötzlich voller Leute, und Lotten hatte alle Hände voll zu tun, die Angaben der ganzen Jugendlichen aufzunehmen. Sie waren alle zwischen fünfzehn und achtzehn Jahre alt. Sjöberg hatte sie vorgewarnt, dass er Jennifer

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