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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Johanssons Clique von der Finnlandfähre um ein Uhr zur Vernehmung vorgeladen hatte, und hier waren sie jetzt, etwa zehn Personen. Trotz des traurigen Anlasses beanspruchten sie wie alle Teenager unnötig viel Platz und machten einen Lärm, als wären sie dreimal so viele Leute. Ein paar Jungen hatten sich in eine gepolsterte Sitzgruppe geflegelt, ein paar andere Jugendliche saßen auf den Bänken an der Wand, während wieder andere ziellos umherliefen. Immer und überall wurde in Handys hineingeredet.
    Eines der Mädchen stand weinend da, und ein paar Freundinnen trösteten sie. Möglicherweise hatte sie mehr Grund als die anderen, um Jennifer Johansson zu trauern, dachte Lotten, aber vielleicht wollte sie auch nur die Aufmerksamkeit der anderen auf sich ziehen. Auf einer Bank saß ein anderes Mädchen und weinte alleine vor sich hin. Die Jungen versuchten unbeeindruckt auszusehen und polterten wie üblich herum. Aber Lotten sah die Bestürzung und die Trauer in ihren Augen und stellte fest, dass es nicht so einfach war, ein Teenager zu sein. Jeder musste seine Rolle spielen.
    Und dann war da noch Joakim Andersson. Auch er war zur Vernehmung einbestellt worden, aber er gesellte sich nicht zu den anderen, sondern hielt sich ein wenig abseits am Fenster zum Wendehammer auf und schaute zu den Wohnhäusern am Hammarbykanal hinaus. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und stand schweigend da, anscheinend ohne sich von dem Lärm der anderen Jugendlichen stören zu lassen.
    *
    Als Sjöberg hereinkam, bewusst einige Minuten zu spät, warf er ein paar kurze Blicke auf die Konstellationen, die die Jugendlichen im Foyer gebildet hatten, bevor er zu Lotten ging.
    »Ist das Joakim – der dahinten am Fenster?«, fragte er.
    »Stimmt«, antwortete Lotten. »Er hat ein paar Mädchen zugenickt, als er kam, den beiden, die Fanny und Malin heißen, aber seitdem er hier bei mir war und sich angemeldet hat, steht er die ganze Zeit allein dahinten.«
    »Er hat mit niemandem gesprochen?«
    »Nein. Es ist auch niemand zu ihm gegangen. Sie haben wohl Angst, mit seiner Trauer konfrontiert zu werden. Du weißt ja, wie Jugendliche sind …«
    »Da bin ich mir nicht sicher, ob ich das wirklich weiß. Vielleicht haben sie auch Angst vor ihm.«
    »Ich finde, er sieht nett aus«, sagte Lotten. »Nett und traurig.«
    »Wie kannst du das unter so viel Bart erkennen?«, schnaubte Sjöberg.
    »Jetzt klingst du ein bisschen zynisch, Conny«, sagte Lotten mit einem Lächeln. »Dieser Stil ist doch heutzutage modern unter Jugendlichen.«
    »Er ist vierundzwanzig. Was wollte er von einem sechzehnjährigen Schulmädchen?«
    »Seit wann bist du so konservativ?«
    »Vermutlich ist es der Täter. Wer soll es denn sonst gewesen sein? Denn, Lotten, diese vorurteilsvolle Äußerung beruht auf mehrjähriger Erfahrung«, fügte er scherzhaft hinzu. »Dieser Haufen ist ja das reinste Tohuwabohu!«
    »Sei froh, dass du kein Lehrer bist, wie die arme Åsa.«
    Plötzlich und unerwartet von schlechter Laune gepackt, weil seine Frau erwähnt worden war, traf er Anstalten zum Aufbruch.
    »Schick mir Joakim in fünf Minuten hoch. Jamal kann mit diesen Mädchen anfangen, Fanny und Malin, eine nach der anderen. Danach ist die Reihenfolge egal.«
    Er schloss die Tür hinter sich, machte einen Bogen um die Jugendlichen und eilte in schnellen Schritten die Treppe zum ersten Stock hinauf.
    *
    »Bis zu diesem Zwischenfall in der Bar hast du Jennifer also als deine Freundin betrachtet?«
    »Ja, mehr oder weniger«, antwortete Jocke und beobachtete, wie Sjöberg einen MP 3-Spieler zwischen ihnen auf dem Tisch platzierte.
    »Wie meinst du das? Hattest du auch andere Mädchen?«
    »Nein, verdammt, so war das nicht …«
    »Hatte sie vielleicht andere Jungs?«
    »Das hatte sie vielleicht. Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.«
    »Jetzt musst du mir aber mal erklären, was für eine Beziehung ihr beiden eigentlich hattet.«
    Jocke seufzte tief. Wie sollte eine Beziehung sein? Wie erklärt man Gefühle? Er war kein Mann der Worte, aber jetzt war er zum ersten Mal in seinem Leben gezwungen, Dinge zu erklären, für die es keine Worte gab.
    »… was für eine Beziehung …«, wiederholte er wie ein schwaches Echo.
    »Na ja, erzähl mir einfach, wie ihr euch kennengelernt habt. Irgendwo müssen wir ja anfangen.«
    Jetzt wurde es leichter. Es waren strahlende Tage und wirkliche Ereignisse, die er beschreiben sollte. Jocke erzählte von ihrer ersten gemeinsamen Zeit, wie die

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