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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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wenige Stunden geschlafen, verbot sich aber, sich der eigenen Müdigkeit hinzugeben, sondern setzte sich vornübergebeugt auf den Sessel und ließ die gefalteten Hände zwischen den Knien hinunterbaumeln.
    »Kaffee?«, fragte Lehto und ließ sich in einen der anderen Sessel am Couchtisch sinken, nachdem Sjöberg das Angebot abgelehnt hatte.
    »Du hast das alles schon erzählt«, sagte Sjöberg, »aber ich möchte, dass du es ein weiteres Mal tust. Erzähl mir in deinen eigenen Worten so viel wie möglich von dem, was du von diesem Abend in Erinnerung behalten hast. Ich werde unsere Unterhaltung aufnehmen. Ich hoffe, dass du nichts dagegen hast.«
    Lehto schüttelte den Kopf. Sjöberg zog den MP 3-Player aus der Hosentasche, den er von Åsa zum Geburtstag bekommen hatte. Er drückte die Aufnahmetaste. Er war mehr und mehr dazu übergegangen, ihn als Diktiergerät zu benutzen, und mit einem Nicken bedeutete er dem Barkeeper, dass er anfangen könne.
    »Es war relativ früh am Abend«, begann Lehto und erzählte, wie Jennifer Johansson und der deutlich ältere Mann ungefähr zur gleichen Zeit an der Bar aufgetaucht waren.
    Lehto dachte einen Augenblick nach, bevor er fortfuhr:
    »Sie war hübsch, dieses Mädchen. Auffallend hübsch. Ich dachte noch, dass sie eigentlich nicht mit ihm dort sitzen sollte. Einerseits war er zu alt, andererseits irgendwie ungepflegt. Ich habe wirklich lange darüber nachgedacht, aber ich kann mich nicht daran erinnern, was bei mir diesen Eindruck von Schäbigkeit erzeugt hat. Ich weiß noch, dass er ein weißes Hemd trug. Wahrscheinlich war es schmutzig oder zerknittert, sonst wäre ich nicht auf diesen Gedanken gekommen. Und dann bin ich mir ziemlich sicher, dass er unrasiert war. Also, auf eine unmodische Art sozusagen. Ich glaube nicht, dass er betrunken war. Dick war er auch nicht. An seinem Äußeren ist mir sonst nichts Besonderes aufgefallen. Ziemlich viel ›dies nicht‹ und ›das nicht‹, tut mir leid, aber mit mehr kann ich nicht dienen.«
    Lehto hob die Arme in einer entschuldigenden Geste und versuchte dann zu erklären, was ihm an der Situation bedrohlich erschienen war und wie das Mädchen dann von einem anderen Mann angesprochen wurde.
    »Du glaubst also, dass sie sich von früher kannten, Jennifer und dieser andere Mann?«, fragte Sjöberg.
    »Jedenfalls hatte ich den Eindruck, aber sie könnten auch einfach Theater gespielt haben. Jedenfalls begleitete sie ihn und setzte sich zu den beiden Männern an den Tisch.«
    »Und dieser Mann an der Bar, was hat der dann gemacht?«, wollte Sjöberg wissen.
    »Der ist einfach gegangen. Ohne sein Bier auszutrinken.«
    »Hat er bezahlt?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, ob er das Geld auf der Theke hinterlassen hat oder ob er schon vorher bezahlt hatte. Jedenfalls ist er gegangen.«
    »Wie alt war er?«
    »So irgendwas um die fünfzig, sechzig.«
    »Wie alt bist du selbst?«
    »Einunddreißig.«
    »Könnte er auch vierzig oder siebzig gewesen sein?«
    »Nein.«
    »Erinnerst du dich, ob er einen bestimmten Dialekt sprach?«
    »Mit schwedischen Dialekten kenne ich mich nicht so aus, muss ich zugeben. Aber ich glaube nicht, dass er ganz aus dem Süden war.«
    »Und diese Männer«, fuhr Sjöberg fort, »kannst du die beschreiben?«
    »Sie waren ein bisschen älter als ich. Um die vierzig, würde ich sagen. Coole Jungs, Yuppietypen. Beide trugen Anzug, sahen aus wie Geschäftsleute. Beide gutaussehend, könnte man wohl sagen. Ich habe sie nur gesehen, als sie an der Bar Getränke gekauft haben.«
    »Was haben sie getrunken?«
    »Das Mädchen so einen Sonnenschirmchencocktail, was die Männer tranken, weiß ich nicht.«
    »Erinnerst du dich, wie sie bezahlt haben?«
    »Bar.«
    »Aber du glaubst nicht, dass du einen von ihnen wiedererkennen könntest?«
    »Keinen von diesen Finnlandschweden, das glaube ich nicht, aber vielleicht den an der Bar.«
    »Und dieser Junge?«, sagte Sjöberg und hielt ein Foto von Joakim Andersson in die Luft. »Erkennst du den wieder?«
    »Ich habe lange darüber nachgedacht, kann mich aber tatsächlich nicht erinnern, ihm irgendetwas serviert zu haben.«
    »Es war noch ziemlich früh am Abend. Wenn du ihm etwas ausgeschenkt hättest, wäre er dir dann nicht im Gedächtnis geblieben?«
    »Du meinst, wegen der Verletzungen im Gesicht?«
    »Ja.«
    »Du glaubst gar nicht, wie vielen Leuten man begegnet, die auch nicht besser aussehen.«
    Nachdem Sjöberg Lehto verlassen und sich wieder auf den U-Bahnsteig

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