Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
das Polizeigebäude verließ.
*
Petra saß schon eine Weile wieder in ihrem Büro. Sie hatte eine Aufgabe nach der anderen abgearbeitet, um den Besuch beim Polizeidirektor so lange wie möglich vor sich herschieben zu können. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, was er von ihr wollte, auf den Ton, den er ihr gegenüber am Telefon angeschlagen hatte. Und sie hatte keine Ahnung, wie ihr erster offizieller Medienauftritt gelaufen war. Gab es irgendeinen Grund, nervös zu sein?
Auf dem Rückweg zur Polizeiwache hatte sie diese verdammte Abendzeitung gekauft, und jetzt saß sie da und las sich den Artikel zum hundertsten Mal durch. Er füllte eine Seite. Eine ganze Seite, aber mehr auch nicht. Das war nicht wenig, aber auch nicht besonders viel. Für Petras seelisches Wohlbefinden war es allerdings viel zu viel. Sie wollte überhaupt nicht in den Medien auftauchen. Der Gedanke, dass Peder Fryhk und der andere Mann in der Zeitung von ihr lesen und entdecken würden, dass sie Polizistin war, behagte ihr überhaupt nicht. Die Reportage enthielt keine Porträtaufnahme von ihr, sondern nur ein Foto, das schon früher veröffentlicht worden war. Darauf trug sie zerrissene Laufhosen und hatte dem Fotografen den Rücken zugewandt, während sie mit anderen Polizisten hinter den Absperrbändern im Vitabergspark stand. Dagegen wurde sie im Artikel mehrfach namentlich erwähnt: »Kriminalassistentin Petra Westman machte den makabren Fund …«, »Das Kind könnte ein älteres Geschwister haben, so Petra Westman von der Hammarbywache«, »Westman gibt zu, dass es der Polizei bislang noch nicht gelungen ist, die tote Frau zu identifizieren«. Das war es. Dort könnte die Polizeiführung einen Anlass für Kritik gefunden haben. Die Wortwahl der Journalistin war nicht hundertprozentig zu Petras Vorteil geraten. Dass sie etwas »zugegeben« habe, vermittelte den Eindruck von einer gewissen Geheimniskrämerei, und dass der Polizei etwas »nicht gelungen« sei, deutete ein Ermittlungsfiasko an. Die Öffentlichkeit liebte so etwas, nicht aber die Polizeiführung.
Petra seufzte und erhob sich. Es war an der Zeit, den Stier bei den Hörnern zu packen und sich beim Polizeidirektor einzufinden. Sie ging bis zum Ende des Korridors und nahm den Aufzug in das oberste Stockwerk, wo die großen Tiere und Teile der Verwaltung saßen. Unterdessen übte sie ihre zugegebenermaßen naive Verteidigungsrede ein, die darauf hinauslief, dass es nicht ihre eigenen Formulierungen waren, die die Reporterin in ihrem Artikel benutzt hatte, und dass sie angewiesen worden war, das Interview zu geben, obwohl sie keine Erfahrungen in der Kommunikation mit den Medien hatte.
Die Tür zu Brandts Büro war geschlossen, und sie klopfte vorsichtig an.
»Ja«, erklang es hinter der Tür, und Petra streckte ihren Rücken, öffnete und trat ein.
»Petra!«, sagte der Polizeidirektor und erhob sich mit einem breiten Lächeln. »Willkommen!«
Petra lächelte zurück, und er kam ihr mit ausgestreckter Hand entgegen. Petra bereitete sich auf ein konventionelles Händeschütteln vor, aber er nahm ihre Hand in seine beiden Hände. Dann legte er eine Hand auf ihren Rücken und führte sie mit sanftem Druck zu einem der Sessel, die vor dem Fenster standen. Petra setzte sich auf den angewiesenen Platz, während er stehen blieb und sie mit einem Blick musterte, der unmöglich zu deuten war. Der Brustkorb, dachte sie. Er sah aus, als würde er gleich vornüberkippen. Sein Schwerpunkt lag im Brustkorb. Wie bei Groucho Marx.
»Kaffee?«, fragte er.
»Nein, danke«, antwortete Petra mit einer ablehnenden Geste.
»Mineralwasser?«
»Gerne.«
»Zwei Mineralwasser, bitte«, sagte er in die Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch und kam dann herüber und setzte sich in den anderen Sessel.
Zwischen ihnen stand ein runder Tisch, der so klein war, dass er ohne große Probleme hinüberreichen konnte. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und fragte:
»Wie kommen die Ermittlungen voran? Sie scheinen etwas zäh anzulaufen?«
Die Berührung ließ Petra erstarren, aber sie antwortete so entspannt, wie sie konnte:
»Ja, das kann man wohl sagen. Wir haben schon alle Hände voll damit zu tun, die Identität der Frau herauszufinden. Und keine der Werkstätten, mit denen wir bislang gesprochen haben, hat ein Auto hereinbekommen, dessen Schäden mit denen am Opfer und am Kinderwagen übereinstimmen.«
Es klopfte an der Tür, und Brandt nahm mit einer ungezwungenen Bewegung die Hand
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