Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
Finnlandfähre durch. Einar Eriksson hatte neue Listen produziert. Listen mit Namen, sortiert nach Geschlecht, Alter und Nationalität, Listen über Familien mit Kindern, Listen mit vorbestraften Personen und mit Personen, die in Kriminalermittlungen schon einmal aufgetaucht waren, Personen, die mit dem Sozialamt zu tun hatten, Listen von allen Minderjährigen sowie Listen, die nach etlichen anderen Kriterien sortiert waren.
Sjöberg wurde allmählich klar, dass sie den Personenkreis für ihre Suche nach dem Täter erweitern mussten, auch wenn es Ewigkeiten dauern würde, die Vernehmungen auf der Grundlage dieser Listen durchzuführen. Einer dieser Menschen hatte Jennifer Johansson umgebracht, aber es war unwahrscheinlich, dass es ein x-beliebiger Täter war. Wer immer es auch war, er musste einen wichtigen Grund gehabt haben, dem Mädchen das Leben zu nehmen. Es musste jemand sein, den sie gekannt hatte, jemand, dem sie in irgendeinem Zusammenhang begegnet war, ein Schatten aus der Vergangenheit, der ebenfalls an Bord gegangen war, vielleicht bereits mit der Absicht, sie zu töten.
Oder es war jemand, den sie auf dem Schiff getroffen hatte, jemand, über den sie zu viel herausgefunden hatte oder dessen Gefühle sie verletzt hatte, sodass er sie im Affekt getötet hatte. Es musste Zeugen geben, dachte er. Es musste Zeugen geben für irgendetwas, das zu diesem Mord geführt hatte.
Die finnische Polizei arbeitete intensiv daran, die beiden Geschäftsleute ausfindig zu machen, mit denen Jennifer in dem Tanzlokal gesehen worden war. Sjöberg hoffte, dass dabei schnell etwas herauskommen würde. Ihre andere Aufgabe, den einsamen schwedischen Mann von der Bar zu finden, schien ihm jedenfalls bedeutend schwieriger. Aber wenn dieser Mann der Mörder war, wenn er diese Reise einzig und allein unternommen hatte, um Jennifer zu töten, war er vermutlich ohne Begleitung unterwegs gewesen und somit leichter zu finden. Eriksson arbeitete an einer Aufstellung aller allein reisenden Männer, die eine Einzelkabine oder eine Mehrbettkabine zusammen mit ihnen unbekannten Menschen gebucht hatten. Diese Liste konnte – zusammen mit der Liste aller vorbestraften Personen – besonders wichtig werden. Natürlich nur, wenn der Mann von der Bar sich wirklich als wichtig für die Ermittlungen herausstellen sollte. Es gab viele Wenns, aber Sjöberg setzte im Augenblick große Hoffnungen in diesen Mann.
Jennifer Johansson war obduziert worden. Es gab nichts Auffälliges: keine Schwangerschaft, keine Spuren von Misshandlungen, weder aktuell noch in der Vergangenheit. Keine Anzeichen irgendwelcher Krankheiten, keine andere denkbare Todesursache als durch Erwürgen. Man hatte Haare von einer Reihe unterschiedlicher Personen gefunden. Sie konnten von jedem auf dem Schiff stammen, sie konnten beim Gedränge auf dem Tanzparkett in ihren Kleidern hängen geblieben sein oder vom Toilettenboden stammen, auf dem man sie gefunden hatte. Sie konnten auch vom Mörder stammen.
Man hatte ebenfalls festgestellt, dass Jennifer Johansson in ihren letzten Stunden sexuell aktiv gewesen war. Das Sperma musste noch analysiert werden. Es sprach natürlich einiges dafür, dass es von Jocke stammte, aber falls es nicht so war, eröffneten sich neue Möglichkeiten. Hatte der Mörder sie vergewaltigt? Kaum. Jedenfalls nicht unmittelbar vor der Tat, das wäre auf der öffentlichen Toilette viel zu riskant gewesen, von der Enge in der Toilettenkabine ganz zu schweigen. Aber vielleicht hatte sie freiwillig mit ihm Sex in der Toilette gehabt, bevor sie ermordet wurde? Das war möglich. Es war genauso gut möglich, dass sie mit dem Mörder früher am Abend Sex gehabt hatte. Oder mit jemand anderem auf dem Schiff. Es gab, wie gesagt, viele Möglichkeiten, aber das Sperma würde sie früher oder später zu einer Person führen, die sie belogen oder ihnen wichtige Informationen vorenthalten hatte.
Während er die letzten Reste aus seinem Kaffeebecher trank, beobachtete er heimlich Hamad. Jamal Hamad, der Mann mit dem Elefantengedächtnis. An seinem eigenen Gedächtnis gab es auch nichts auszusetzen, aber Hamads war etwas ganz Besonderes. Konzentriert ging er die seitenlangen Listen durch, die Eriksson erstellt hatte. Sjöberg sah, wie sich sein Blick hin und her bewegte, hin und her und mit großer Aufmerksamkeit über die Zeilen wanderte. Ihm selbst brannten nach einer Weile die Augen davon, und er wollte das eine oder andere mit seinen Kollegen besprechen, aber Eriksson
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