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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
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einem x-beliebigen Kleidungsstück. Aber vielleicht haben wir Glück und sehen jemanden, der sich die Kleidung aufgerissen hat.»
    Nachdenklich rieb Eadulf sich die Nase.
    «Die Frage ist: Warum hatte irgend jemand Interesse daran, Athelnoth umzubringen?»
    «Ich kann nur annehmen, daß Athelnoth etwas wußte, das die Wahrheit aufgedeckt hätte. Athelnoth wurde getötet, damit er es uns nicht verraten kann.» Sie zögerte, dann fügte sie mit fester Stimme hinzu: «Und jetzt sollten wir zur Mutter Oberin gehen, um sie davon zu unterrichten, daß wir von einer Aufklärung des Falles noch weit entfernt sind.»
     
    Äbtissin Hilda begrüßte sie mit einem ungewöhnlich frohen Lächeln.
    «König Oswiu wird mit Eurer Arbeit sehr zufrieden sein», sagte sie und deutete auf zwei leere Stühle vor dem schwelenden Torffeuer.
    Schwester Fidelma und Eadulf warfen sich fragende Blicke zu.
    «Mit unserer Arbeit?»
    «Aber natürlich», fuhr Hilda fröhlich fort. «Das Rätsel ist gelöst. Der unglückliche Athelnoth hat Étain getötet und sich später aus Reue selbst das Leben genommen. Fleischliche Begierden, nicht unsere kirchlichen Streitigkeiten waren das Mordmotiv. Bruder Eadulf hat es mir schon erklärt.»
    Eadulf errötete tief.
    «Als ich Euch das sagte, Mutter Oberin, hatte ich einige wichtige Dinge übersehen.»
    Fidelma beschloß, sich zurückzuhalten und dem sächsischen Mönch nicht aus der Patsche zu helfen, in die er sich selbst hineinmanövriert hatte.
    Hilda sah ihn verärgert an.
    «Wollt Ihr etwa behaupten, daß Ihr einen Fehler gemacht habt, als Ihr mir sagtet, die Sache sei geklärt?»
    Eadulf nickte beklommen.
    Äbtissin Hilda knirschte so heftig mit den Zähnen, daß Fidelma eine Gänsehaut bekam.
    «Und wer sagt mir, daß Ihr jetzt nicht auch einen Fehler macht?»
    Eadulf wandte sich verzweifelt zu Fidelma um. Diesmal hatte sie Erbarmen.
    «Mutter Oberin, Bruder Eadulf war nicht im Besitz aller Fakten. Athelnoth ist ebenfalls ermordet worden. Und wir wissen immer noch nicht, wer die Taten begangen hat.»
    Äbtissin Hilda schloß die Augen. Ein tiefer Seufzer entrang sich ihrer Kehle.
    «Wie soll ich das Oswiu beibringen? Die Debatte geht heute in die dritte Runde, und zwischen den Parteien herrscht böses Blut. In den letzten Tagen hat es zwischen den Anhängern Roms und Columbans nicht weniger als drei Schlägereien gegeben. Innerhalb und außerhalb der Abtei verbreiten sich Gerüchte wie Lauffeuer, die uns alle verbrennen können. Begreift Ihr denn nicht, wie wichtig diese Debatte ist?»
    «Doch, das wissen wir», entgegnete Fidelma mit fester Stimme. «Aber es hat keinen Zweck, eine Lösung zu erfinden, die nicht der Wahrheit entspricht.»
    «Der Himmel schenke mir Geduld!» seufzte die Äbtissin. «Ich spreche von einem Bruderkrieg, der dieses Land spalten könnte.»
    «Der Ernst der Lage ist mir wohl bewußt», versicherte Fidelma, die voller Mitgefühl erkannte, welche Last die Äbtissin auf ihren Schultern trug. «Aber die Wahrheit ist wichtiger als all diese Dinge.»
    «Und was soll ich Oswiu sagen?» Hildas Stimme klang fast flehend.
    «Sagt ihm, daß die Untersuchung weitergeht», erwiderte Fidelma. «Sobald wir mehr wissen, werdet Ihr und Oswiu als erste davon erfahren.»
     

XV
     
    Als Fidelma und Eadulf das Gemach der Äbtissin verließen, läutete die Glocke zum jentaculum. Erst jetzt spürte Fidelma, wie hungrig und durstig sie war. Sie wandte sich in Richtung Refektorium, aber Eadulf faßte sie am Arm und hielt sie zurück.
    «Mir ist nicht nach Essen zumute», meinte er. «Lieber möchte ich Athelnoths Leichnam noch einmal genauer untersuchen.»
    «Darum kann sich Bruder Edgar, der Medikus, kümmern.»
    Eadulf schüttelte den Kopf.
    «Ich habe etwas Bestimmtes im Sinn. Aber laßt Euch von mir nicht vom Essen abhalten.»
    «Das würde Euch ohnehin nicht gelingen», lachte Fidelma. «Ich treffe Euch später in Athelnoths cubiculum. Dann können wir über die neuen Entwicklungen beraten.»
    Fidelma reihte sich in die Menge ein, die ins Refektorium strömte. Geistesabwesend nickte sie einigen Schwestern zu und setzte sich an den ihr zugewiesenen Tisch. Eine Schwester stimmte das Beati immaculati vor der täglichen Lesung an. Dann wurden Krüge voller kalter Milch, Töpfe mit Honig und Körbe mit paximatium, dem zweifach gebackenen Brot, auf die Tische verteilt. Außer der gleichförmigen Stimme der Vorleserin war kaum etwas zu hören.
    Fidelma hatte ihre Mahlzeit fast beendet, als sie den

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