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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Zunge ragte ihm aus dem Mund.
    «Ein Selbstmord in Streoneshalh!»
    Es war Äbtissin Hilda, die in bestürztem, tadelndem Tonfall das Schweigen brach.
    «Wann wurde er entdeckt?» fragte Fidelma mit ruhiger Stimme.
    «Vor einer halben Stunde», antwortete Eadulf. «Offenbar ist Athelnoth nach Einbruch der Dunkelheit in die Abtei zurückgekehrt. Ihr habt vielleicht bemerkt, daß die Klepsydra, die von der guten domina gewartet wird, am Ende dieses Flures steht. Schwester Athelswith wollte gerade nach der Uhr sehen, als sie aus Athelnoths cubiculum seltsame Geräusche hörte. Möglicherweise hatte er gerade den Schemel umgestoßen und rang mit dem Tode. Sie klopfte an die Tür, und als sie keine Antwort bekam, ging sie hinein und sah Athelnoth dort hängen. Sie lief sofort zu Äbtissin Hilda, und die Äbtissin wies sie an, uns zu wecken.»
    Äbtissin Hilda bestätigte seine Worte mit einem Nicken.
    «Wie ich annehme, habt Ihr Athelnoth zum Mord an Äbtissin Étain vernommen. Bruder Eadulf sagte mir, ihr hättet ihn zum Kreis der Verdächtigen gezählt und vorgehabt, ihn ein zweites Mal zu befragen. Bruder Eadulf meinte, Athelnoth habe Euch belogen.»
    Schwester Fidelma nickte geistesabwesend und wandte sich wieder dem Toten zu. Sie nahm eine Kerze vom Tisch und hielt sie hoch, um ihn besser betrachten zu können. Sie musterte eingehend seinen Körper und stellte dann den umgestoßenen, dreibeinigen Schemel auf. Vorsichtig kletterte sie hinauf und untersuchte den Hinterkopf des Toten. Dann stieg sie wieder herunter und dachte eine Weile schweigend nach, ehe sie das Wort an die Äbtissin richtete:
    «Mutter Oberin, können wir Euch später in dieser Angelegenheit Bericht erstatten? Ich glaube, daß der Tod von Bruder Athelnoth etwas mit dem Mord an Äbtissin Étain zu tun hat – was genau, müssen wir jedoch noch bestimmen.»
    Äbtissin Hilda zögerte, dann nickte sie.
    «Also gut. Aber Ihr müßt Euch beeilen, die Angelegenheit aufzuklären. Es steht zuviel auf dem Spiel.»
    Fidelma schwieg, bis die Äbtissin den Raum verlassen hatte.
    Bruder Eadulf sah sie fragend an.
    «Die Sache ist doch wohl sonnenklar, Schwester», begann er. «Wir lagen richtig mit unserer Vermutung, daß Athelnoth Étain getötet hat. Er hat ihr in unzüchtiger Absicht nachgestellt, sie hat ihn abgewiesen. Und als ihm klar war, daß wir ihn verdächtigten, überwältigte ihn die Reue, und er beschloß, seinem Leben ein Ende zu setzen.»
    Fidelmas Blick ruhte nachdenklich auf dem Toten.
    «So sonnenklar ist das nicht», erwiderte sie nach einer Weile und öffnete die Tür, vor der Schwester Athelswith noch immer wartete.
    «Schwester, wo wart Ihr, als das seltsame Geräusch aus Athelnoths Zelle kam?»
    «Ich befand mich am Ende des Flurs und habe nach der Klepsydra gesehen», antwortete sie mit einem Nicken.
    «Und habt Ihr die Tür zu diesem cubiculum von dem Augenblick an, als Ihr das Geräusch hörtet, bis zu dem Moment, als Ihr eingetreten seid, irgendwann einmal aus den Augen gelassen?»
    Die domina verstand nicht ganz, worauf Fidelma mit ihrer Frage hinauswollte.
    «Ich hörte das Geräusch und lauschte angestrengt. Es dauerte eine Weile, bis mir klar war, daß es aus diesem cubiculum kam. Also ging ich langsam den Flur hinunter, und als ich mich näherte, war ein weiteres Geräusch zu hören. Dann klopfte ich und rief: ‹Ist alles in Ordnung?› Ich bekam keine Antwort. Deshalb trat ich ein.»
    Fidelma sah sie nachdenklich an.
    «Verstehe. Ihr hattet die Tür also ständig im Blick?»
    «Ja.»
    «Danke. Ihr könnt jetzt wieder Euren Pflichten nachgehen. Ich werde Euch rufen lassen, wenn ich Euch noch einmal brauche.»
    Schwester Athelswith nickte wieder und eilte davon.
    Eadulf stand noch immer da und betrachtete Fidelma verwirrt, doch sie beachtete ihn nicht. Statt dessen sah sie sich gründlich in Athelnoths cubiculum um. Es unterschied sich nicht von den anderen Zellen, eine winzige, enge Kammer mit einer schmalen Holzpritsche, die den Gästen als Schlafstatt diente. Das Kopfkissen war eingedrückt und die Decke zerwühlt. Athelnoth hatte sein Bett offenbar benutzt. An der anderen Wand standen ein Tisch und ein Stuhl. Etwa sechs Fuß über dem Boden befand sich ein kleines, vergittertes Fenster.
    Zu Eadulfs Erstaunen ging Fidelma in die Knie und spähte unter das schmale, etwa einen Fuß hohe Bett. Sie griff nach einer Kerze und leuchtete hinunter.
    Der Staub unter dem Bett war eindeutig aufgewirbelt worden. An einer Stelle waren

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